Der lächelnde Henker
Vielleicht konnte ich an den Bewegungen des Wassers erkennen, wohin sich der Henker wandte.
Aber so geschickt war er auch. Wenn er sich schon weiterbewegte, mußte dies dicht über dem Grund geschehen, ansonsten hätte ich etwas bemerkt.
Lange durfte ich nicht stehenbleiben. Er befand sich in einem Vorteil, ich konnte ihn nicht sehen, während er…
Da war es schon passiert.
Plötzlich spürte ich den Griff der Klaue an meinem rechten Fußgelenk. Ich wollte mich noch fangen, als der schwarze Henker bereits seine Kraft einsetzte und mich durch einen heftigen Ruck im wahrsten Sinne des Wortes von den Beinen riß.
Auf einmal war alles anders. Mit Entsetzen stellte ich fest, daß Wasser wirklich keine Balken hatte. Es gab nichts, woran ich mich hätte festhalten können, schlug ins Leere und tauchte unter. Meine Augen schloß ich nicht, hatte aber zuvor Luft geholt, und die Angst, letzten Endes doch noch zu verlieren, steigerte sich bei mir ins Unermeßliche…
***
Ich sackte nur langsam dem Grund entgegen. Meine Kleidung hatte sich aufgebläht, sie stoppte den Sinkvorgang, und ich suchte verzweifelt nach meinem Gegner. Als Schatten sah ich ihn.
Das Wasser war unter seine Kutte gedrungen und hatte sie regelrecht hochgehoben, so daß mir der Henker vorkam, wie der Schatten eines gewaltigen Rochens.
Nur hatte dieses Wesen der Tiefsee einen Stachel und kein Beil. Beides konnte tödlich sein.
Ich strampelte. Irgendwie erkannte ich, daß der Henker meinen Knöchel mit der rechten Hand festhielt. Er mußte das Beil in die linke Hand gewechselt haben, und ich hoffte, daß er damit nicht so geschickt war. Der erste Schlag verfehlte mich auch. Die Klinge hackte in den Grund und wühlte den sich dort befindlichen weichen Schlamm zu einer gewaltigen Wolke auf.
Sie nahm uns beiden die Sicht. Ich wuchtete meinen Oberkörper vor und griff nach meinem im Gürtel steckenden Dolch. An das Kreuz kam ich schlecht heran, der Dolch mußte es auch schaffen.
Schnell stach ich zu.
Natürlich bremste das Wasser meinen Schwung, dennoch fand die Klinge Widerstand. Leider nicht den, den ich gern gehabt hätte. Sie verhedderte sich in der verdammten Kutte.
Ich versuchte, den Dolch aus dem Stoff zu ziehen, während der schwarze Henker damit beschäftigt war, das Beil wieder in die Höhe zu bekommen, damit er es einsetzen konnte.
Mit den Händen tastete ich mich vor, und irgendwie gelang es mir, auch seinen Arm zu packen.
Und zwar den linken.
Ich drückte ihn herum. Die schwarze Schlammwolke hüllte uns noch immer ein, sie machte eine Sicht so gut wie unmöglich, unser Kampf gestaltete sich zu einem reinen Glücksspiel, zudem kam hinzu, daß wir ihn unter Wasser führten, und zumindest ich auftauchen mußte, um frische Luft zu tanken, denn der Sauerstoffmangel machte sich inzwischen stark bemerkbar, auch daran zu erkennen, wie meine Kräfte nachließen.
Trotzdem gab ich nicht auf. Das Beil sollte mich nicht treffen. Ich hielt den linken Arm fest, drückte den Henker zurück und wunderte mich trotzdem über das schmale Gelenk. So weit konnte ich immerhin noch denken, bevor mich der Luftmangel zwang, loszulassen und ich der Oberfläche entgegenschoß.
Der Henker hatte mich nicht mehr festhalten können, denn ich hatte mit dem freien Fuß auf sein Gelenk getreten.
Kaum hatte mein Kopf die Oberfläche durchstoßen, als ich auch schon Schwimmbewegungen ausführte, um vom unmittelbaren Kampfplatz wegzukommen.
Auch der Henker kam.
Ich ruderte mit den Armen, keuchte, hustete krächzend, da mir Wasser in die Kehle gedrungen war, und machte mich auf einen erneuten Kampf gefaßt.
Der schwarze Henker jedoch schlug mir ein Schnippchen. Den Grund seiner Flucht kannte ich nicht, jedenfalls nutzte er den Nebel aus und verschwand wie ein Schemen.
Abermals ging das Spielchen von vorn los. Trotz der Bewegungen, die der harte Kampf gefordert hatte, spürte ich die Kälte, die heimtückisch in meinen Körper zog. In den Monaten Oktober und November haben wir eben keinen Sommer.
Selten hatte ich bei einem Gegner in der direkten Auseinandersetzung so viel Mühe gehabt, wie mit dem schwarzen Henker. Damit hätte ich nie im Leben gerechnet, auch meine Kondition hielt nicht ewig, ich fühlte mich wesentlich matter als zu Beginn.
Eine Pause konnte ich mir trotzdem nicht leisten. Im Innern hoffte ich auch auf Suko, der vielleicht etwas merkte und mir zu Hilfe eilen konnte. Wir wühlten uns durch das Wasser.
Der Henker machte es geschickt. Er tauchte
Weitere Kostenlose Bücher