Der lächelnde Henker
klatschendes Geräusch, als die Bestie mit dem Wasser in Berührung kam, und einen Moment später war sie meinen Blicken entschwunden.
Der Henker wollte weg von der Insel, um am Festland seine Flucht fortzusetzen. Wenn ihm das nicht gelingen sollte, gab es für mich nur eine Chance. Ich mußte hinterher.
Eine Sekunde zögerte ich noch, dann gab ich mir selbst Schwung, durchbrach vehement den Schilfgürtel am Ufer und warf mich in den verdammten See hinein…
***
Das Wasser war verflucht kalt. Als ich den Gürtel hinter mich gebracht hatte und eintauchte, spürte ich die Kälte besonders, denn sie legte sich wie ein Ring um meine Brust. Meine Kleidung saugte sich Augenblicklich mit Wasser voll und wurde schwer. Zum Glück war dieser See oder Teich nicht sehr tief. Wahrscheinlich konnte ich auch in der Mitte stehen. Obwohl die Kälte biß, hatte ich das Gefühl, in kochendem Wasser gelandet zu sein, denn dicht über der Oberfläche des Sees schwebten die Dunstschleier.
Sie schienen mit den kleinen Wellen verwachsen zu sein und behinderten meine Sicht enorm.
Ich suchte den Henker.
Wenn ich an seiner Stelle gewesen wäre, hätte ich den direktesten Weg zum Ufer genommen. Ohne Schnörkel, sondern geradeaus. Sehen konnte ich ihn nicht, dafür hören.
Ein lautloses Schwimmen war nicht möglich. Das Wasser wurde durch die Bewegungen aufgewühlt, es schäumte und klatschte. Genauso war es auch bei dem Henker.
Die Geräusche entstanden vor mir. Wie ich es mir schon gedacht hatte, versuchte er, den geraden Weg zu nehmen.
Obwohl das kalte Wasser nicht tief war, nahm ich trotz meiner vollgesaugten Kleidung die Verfolgung nicht gehend, sondern schwimmend auf. So war ich schneller, und ich kam auch durch die gewaltigen Kraulschläge näher an ihn heran. Vor mir und sich mit dem Dunst vermischend, sah ich einen schaumigen Streifen, den der schwarze Henker zog, denn auch er legte ein starkes Tempo vor. Das Wasser schmatzte und gurgelte. Der Kopf mit der schwarzen Kapuze wirkte wie ein dunkler Korken, als er dicht über der Oberfläche tanzte.
Ich holte auf.
Zoll für Zoll näherte ich mich der gefährlichen Bestie. Manchmal hatte ich das Gefühl, als würden meine Fingerspitzen bereits seine Füße berühren. Leider war es eine Täuschung, dann aber verschwand der Henker plötzlich.
Wir mußten uns etwa in der Mitte zwischen Insel und Ufer befinden, als ich ihn nicht mehr sah. Die Bestie war untergetaucht. Bei mir schrillte es Alarm, denn ich rechnete mit einem Trick und schnell folgender Attacke.
Getäuscht hatte ich mich nicht. Plötzlich tauchte er dicht vor mir auf. Gleichzeitig mit seinem Kopf schoß auch der rechte Arm aus dem Wasser. In der Hand hielt er schlagbereit das Beil, das er sofort nach unten sausen ließ.
Ich warf mich zurück.
Hoch spritzte das Wasser. Meine Arme schlugen wahre Fontänen, als ich mit dem Rücken die Wasserwand teilte. Und nicht allzu weit von mir entfernt hieb auch die Klinge der Axt in das Wasser.
Ich ruderte mit den Armen, zog die Beine an, streckte sie wieder aus und wollte Grund unter die Füße bekommen, als der Henker einen zweiten Schlag führte.
Diesmal sah ich das Beil größer, ließ mich wieder zurückfallen, tauchte dabei mit dem Kopf unter und rammte ein Bein vor. Ich hatte es zusätzlich noch hochgerissen und traf den Henker genau dort, wo die Kapuze im Gesicht klebte.
Ein wütender, leicht schrill klingender Schrei erreichte meine Ohren. Die Waffe geriet aus der Richtung und verfehlte mich zum zweitenmal. Als der Henker seinen Arm wieder aus dem Wasser hob, startete ich einen Angriff.
All meine Wut, meinen Zorn und meinen Haß auf die Bestie legte ich dahinein und jagte meine Faust mitten in die schwarze Fläche über den Schultern. Ich wollte ein paar Sekunden Zeit gewinnen, um meine Beretta ziehen zu können.
Volltreffer!
Zwar sah ich es nicht genau, weil ein Schleier vor meinen Augen lag, aber der Kopf verschwand.
Mit der linken Hand wischte ich mir die Augen frei, mit der rechten fingerte ich nach meiner Pistole. Zum Glück sind die modernen Waffen so konstruiert, daß sie auch schießen, wenn sie naß geworden sind. Zudem ist meine Beretta sehr gepflegt.
Aber ich sah kein Ziel.
Der Henker war verschwunden. Er hatte es raffiniert angestellt, nutzte nicht nur den Nebel aus, sondern auch noch die Deckung des Wassers. Für mich gab es keinen Zweifel, daß der Henker untergetaucht war. Ich blieb einen Moment stehen und drehte mich um die eigene Achse.
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