Der lächelnde Henker
rappelte mich hoch und stand Sekunden nach der Attacke wieder in der Folterkammer.
Diese Sekunden hatten der Bestie gereicht. Sie war verschwunden. Für einen Moment schaute ich dumm aus der Wäsche, da ich erst nach dem Weg suchen mußte, den er genommen hatte. Dann allerdings sah ich die Steigeisen in der Wand, die in einen dunklen Schacht hochführten. Jetzt war mir alles klar, und ich zögerte auch keinen Herzschlag länger. Die Beretta mußte ich wegstecken, da ich beide Hände benötigte, um mich festzuhalten.
War das Verlies bisher durch die am Boden liegenden Taschenlampen erhellt worden, so kletterte ich nun in die Dunkelheit hinein, in eine Finsternis, die mir schon unheimlich war.
Über mir entschwand der Henker.
Ich sah ihn nicht, sondern hörte und merkte ihn nur. Merken insofern, als daß mir Rost auf den Kopf rieselte. Das Zeug löste sich durch seine hastigen Tritte von den Sprossen, und ich spürte die leichten Berührungen auf dem Kopf.
Wir beeilten uns beide.
Jäger und Gejagter.
Der Henker wußte, daß ich ihn packen konnte. Er hatte zwar das Beil, aber ich besaß ebenso wirkungsvolle Waffen.
Sehr hoch konnte der Schacht meiner Berechnung nach nicht sein, da ich durch den Gang nicht sehr tief in die Erde gelangt war. Ich sah mich wenig später bestätigt, denn als ich den Kopf hob, traf nicht nur kühle Luft mein Gesicht, ich sah auch das Ende des Schachtes. Es zeichnete sich als graues, kaum erkennbares Rechteck ab.
Die letzten Schritte. Zweimal war ich abgerutscht, denn die Sprossen hmgen manchmal schräg im Gestein.
Dann endlich hatte ich es geschafft.
Aber auch der Henker. Er war vor mir durch den offenen Schacht entschwunden.
Als ich meinen Kopf aus der Öffnung steckte, sah ich nur Nebel. Die verdammten dunkelgrauen Schleier ließen kaum eine Sicht zu, und noch etwas anderes spürte ich.
Es war die Nähe des Wassers. Man konnte es riechen, vielleicht war es auch die Kühle, auf jeden Fall mußte ich mich nicht weit vom Ufer entfernt befinden.
Ich stemmte mich auf, gab mir Schwung und katapultierte mich förmlich nach draußen.
Dann stand ich neben der Öffnung.
Wo steckte er?
Ich schaute mich um. Rechts und links nur der verdammte Nebel. Auch vor mir, aber da war auch ein Schatten, der sich bewegte. Das mußte er sein!
Ich startete wie ein Sprinter, dachte nicht mehr an das feuchte Gras, stolperte und fiel fast hin. Im letzten Augenblick konnte ich mich fangen. In diesem Teil der Insel fiel das Gelände zum Ufer hin ein wenig ab, deshalb war der Boden auch noch rutschiger. Bei meinem Lauf setzte ich alles auf eine Karte, starrte dabei in die dunkelgraue Suppe, glaubte auch, weiter entfernt dumpfe Stimmen zu hören, aber ich achtete nicht darauf. Für mich zählte nur der schwarze Henker.
Und den sah ich.
Er konnte nicht schneller laufen als ich. Im Gegenteil, ich holte sogar noch auf. Es war nur eine Frage der Zeit, wann ich ihn packen konnte. Sollte ich schießen?
Verdammt, ich wollte es, zog die Beretta, ließ sie aber wieder sinken, die Gefahr eines Fehlschusses war einfach zu groß, da brauchte ich nur an die Tiefgarage zu denken, wie mir die Bestie dort entwischt war. Deshalb steckte ich die Waffe wieder weg und hatte den Henker plötzlich erreicht.
Der Trick war gut, und der Nebel kam der Bestie dabei entgegen. Im letzten Moment merkte ich, daß seine Gestalt deutlicher wurde. Sie schälte sich besser aus dem Grau des Nebels, und schon jagte das verfluchte Beil auf mich zu.
Aus dem Lauf heraus warf ich mich zu Boden, prallte auf, überschlug mich, rutschte noch weiter, spürte plötzlich das Wasser und wie mein Körper gegen das Schilf drückte.
Der schwarze Henker wollte ein Ende machen, sprang auf mich zu und hatte bereits zu einem zweiten Schlag ausgeholt. Ich kam nicht mehr dazu, meine Beretta zu ziehen, konnte ihm auch nicht das Kreuz entgegenschleudern, sondern warf meine Beine vor und spürte unter den Schuhsohlen den weichen Widerstand.
Ich hatte ihn getroffen, und er wurde gestoppt, wobei er einen Lidschlag später zurückfiel.
Ich sprang auf.
Auch der schwarze Henker hatte sich fangen können. Dabei rechnete ich mit einem dritten Schlag, hatte bereits die Hand in der Tasche und am Kolben der Beretta, als sich die Bestie herumwarf. Zuerst dachte ich an Flucht. Es war auch so etwas Ähnliches, aber der Henker jagte nicht über die Insel, sondern warf sich mit einem gewaltigen Satz in den Schilfgürtel.
Ich hörte das Knacken der Gewächse, ein
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