Der lächelnde Henker
konnte zwischen zwei Möglichkeiten wählen. Sich ebenfalls auf die Suche nach dem Henker zu machen oder aber sich um die Jugendlichen kümmern.
Er entschied sich für das letzte, zudem gab es auch noch einen John Sinclair.
»Wir suchen die anderen!« entschied Suko. »Und ihr bleibt unbedingt in meiner Nähe. Wo war das Ende des Schachts?«
Der Junge und das Mädchen zeigten sich ratlos. Walter Lieh sagte: »Bei diesem Nebel finden wir das nie.«
Das hatte sich Suko schon gedacht. Sie mußten die Suche einfach auf gut Glück beginnen und vor allen Dingen immer wieder die Namen rufen, auch wenn sie den Henker dabei aufmerksam machten. Das Risiko mußte eingegangen werden.
Der Inspektor schärfte seinen beiden Begleitern noch einmal ein, unbedingt in seiner Nähe zu bleiben, dann machte er sich mit ihnen auf den gefährlichen Weg.
Niemals hätte der Chinese damit gerechnet, daß diese Insel zu einer so schlimmen Todesfalle werden würde, und er hoffte, daß der Henker nicht noch einmal zuschlug…
***
»Das glaube ich kaum!«
Hart klang die Stimme, die die Antwort gab, und sie gehörte einem erwachsenen Mann.
Mir!
Ich hatte den schwarzen Henker vor der Mündung. Auf ihn mußte ich wirken wie ein rächender Geist, denn meine Kugel war immer schneller als er mit seiner Axt.
Der Henker zögerte auch mit dem Schlag. Seine Gestalt schien sich zu ducken, er zitterte, ich merkte es an den Bewegungen seiner Kutte, und dumpf stieß er unter der Kapuze meinen Namen hervor.
»Sinclair!«
Obwohl die Stimme sehr gedämpft klang, spürte ich dennoch den Haß, der mir entgegenschwang. Ja, der Henker haßte mich bis auf den Grund seiner schwarzen Seele, aber ich hatte auch noch etwas anderes festgestellt, was mir bei der ersten Begegnung ebenfalls schon aufgefallen war.
Die Stimme klang nicht mehr so, wie ich sie noch von Schottland her in Erinnerung hatte.
Sie zeigte sich verändert.
Natürlich hätte ich schießen und ihm die Silberkugeln in seinen Körper jagen können, das wollte ich nicht. In einem Reflex wäre es ihm wahrscheinlich noch gelungen, die Axt nach unten zu schlagen, deshalb mußte ich ihn erst von seinem am Boden liegenden Opfer wegbringen. Der junge Mann schien noch nicht recht begriffen zu haben, daß er gerettet worden war. Er lag da und zitterte. Sein Körper bebte, er würde wohl kaum die Kraft finden, um sich auf die Beine zu stemmen. Ich hatte auch die letzten Worte vernommen, die er zu dem jungen Mann sagte.
Da war von einem Tanzplatz des Teufels die Rede gewesen, außerdem von Hexen. Was hatte der schwarze Henker damit zu tun? Wenn es um Hexen ging, war Wikka verantwortlich.
»Geh zur Seite!« forderte ich ihn hart auf. »Mach Platz, weg von dem Jungen!«
Er zögerte. Innerhalb der Kapuzenschlitze bewegten sich seine kalten Augen sehr unruhig. Die Pupillen schauten nach unten, damit ihr Blick die gefährliche Klinge traf. An ihr klebten noch Blutreste. Und das Blut stieg auch mir in den Kopf, wenn ich an die beiden Opfer des Henkers dachte. In diesen Augenblicken nahm ich mir vor, eiskalt zu schießen, sobald sich der junge Mann aus der unmittelbaren Gefahrenzone befand.
»Ich warte nicht mehr länger!« erklärte ich mit fester Stimme. Der Henker mußte seinen Platz einfach verlassen.
Das tat er auch. Anscheinend hatte ich ihn überzeugt. Einen Fuß setzte er zurück.
In diesem Augenblick drehte Jürgen Fleischberger durch. Wahrscheinlich wurde ihm erst jetzt klar, daß er der unmittelbaren Gefahr entkommen war, in seinem Hirn hatte es verständlicherweise einen Kurzschluß gegeben, der für mich fatale Folgen hatte. Nie hätte ich damit gerechnet, daß der junge Mann mich angreifen würde. Es war auch kein direkter Angriff, den er führte, er wollte nur durch den Tunnel verschwinden, und da stand ich ihm im Weg. Ich sah ihn hochspringen, sein verzerrtes Gesicht wurde größer. Ich wollte ihn noch zur Seite stoßen, als er schon gegen mich prallte und mich sogar mit einem Sehlag aus dem Weg räumen wollte. Er hatte Glück und traf mich in Höhe des Schlüsselbeins. Ich wurde zurückgeschleudert, in den Gang hinein und hörte das häßliche Kichern des Henkers, bevor ich das Gleichgewicht verlor und nach hinten fiel. Mit dem Kopf prallte ich zum Glück nicht auf, denn ich fiel schräg gegen eine Gangwand, und Jürgen Fleischberger, den nichts mehr hielt, hetzte schreiend an mir vorbei.
Ihn zu verfolgen und aufzuhalten, war unwichtig. Der Henker war von größerer Bedeutung.
Ich
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