Der lächelnde Mörder - Gyllander, V: Der lächelnde Mörder - Somliga linor brister
weißen Streifen, die den Abstand zur Kante markierten, flossen ineinander, als er über sie hinwegrannte. Wenn mir ein Auto zu nahe kommt, ist alles vorbei, dachte Holtz und verlangsamte seine Schritte. Es gab keine plausible Erklärung, warum er in den Tunnel gerannt war. Keine einzige, das wusste er. Alle Alarmglocken schrillten und riefen ihm zu anzuhalten, umzukehren.
Aber er lief weiter.
Und ich bin nicht einmal bewaffnet, dachte er. Sein Herz pochte aufgeregt in seiner Brust, aber bereits nach einer Minute hatte sich seine Atmung normalisiert und sein Puls beruhigt. Wie lang ist dieser Tunnel eigentlich, und was will ich hier finden?
Vielleicht stimmte es ja gar nicht. Akazia hatte sich wo möglich gar nicht in den Tunnel begeben. Dieser Bengts son schien schließlich etwas konfus zu sein. Und der Verfolger? Gab es den überhaupt? Vielleicht handelte es sich ja trotz allem um einen anderen Beamten. Holtz dachte fieberhaft nach, suchte nach einer logischen Erklärung.
Aber er wusste es.
Er wusste, dass vor ihm im Dunkeln eine Jagd stattfand. Eine Menschenjagd.
Die Reihe Monitore erinnerte an die im Tower eines Flughafens, aber statt Flugzeugen huschten Fahrzeuge unter den Kameras entlang. Warnlampen und Messinstrumente, die drahtlos mit Detektoren in mehreren Kilometern Entfernung verbunden waren, zeigten Luftfeuchtigkeit, Wärme, Bewegung und Rauch an. Rund um die Uhr wurde der Verkehr in dem großen Tunnelsystem überwacht, das die verschiedenen Stadtteile miteinander verband. Da die Überwachung von Computern erledigt wurde, lag die Bemannung nachts weit unter dem geforderten Sicherheitsstandard. Die Gewerkschaft hatte einen besonders hohen Nachtzuschlag gefordert, was die Beamten im Rathaus dazu veranlasst hatte, Personal einzusparen. Schließlich passierte ohnehin nie etwas. Die zwei Augenpaare, die entdecken sollten, was sich wider Erwarten doch ereignete, waren wie in allen anderen Nächten damit beschäftigt, sich gegenseitig beim Kartenspiel zu schlagen.
»Verdammt, Stege, du machst es einem nicht leicht«, sagte der, der Biffen genannt wurde.
Auf den Monitoren hinter ihnen sauste ein Fahrzeug nach dem anderen vorbei.
Das blaue Licht sah fast unwirklich aus. Akazia sprang von der Betonmauer und landete federnd auf beiden Füßen. Sein Kopf schmerzte. Er verzog das Gesicht, rieb sich die Stirn, aber achtete darauf, nicht die Naht zu berühren. Es war fast ganz still, nur wenige Fahrzeuge fuhren an ihm vorbei. Langsam näherte er sich dem blauen Bogen.
Akazia war nie in einer Kirche gewesen, zumindest konnte er sich nicht erinnern, aber er glaubte, dass man sich so in einem Heiligtum fühlen musste. Ehrfurcht erfüllte ihn. Er trat bis auf wenige Schritte an den Bogen heran. Es war ihm egal, ob ihn hier jemand sah. Dass ihn eine Kamera jeden Augenblick vor die Linse bekommen würde. Er war wie in Trance.
Der Lärm kam unerwartet. Die Hupe des Sattelschleppers schnitt durch ihn hindurch. Das Dröhnen hallte von der Felswand wider und veranlasste ihn, sich in eine dunkle Ecke zu werfen.
Der Lärm verebbte.
Der Schock, den der auftauchende Sattelschlepper ausgelöst hatte, hatte ihn wach gerüttelt. Akazia nahm den Rucksack ab und kniete sich im Schutz der Dunkelheit hin. Er nahm die vier Spraydosen aus dem Rucksack und vergewisserte sich, dass die Spraydüsen sauber waren und dass er die richtige Farbe erwischte.
Er hatte sorgfältig gewählt. Silber, Dunkelrot, Orange und Schwarz.
Los jetzt. Etwas trieb ihn an. Akazia holte ein paar Mal rasch Luft, beugte den Kopf vor und dehnte die Nackenmuskeln. Er raffte die Dosen zusammen, sah in die Richtung, aus der die Fahrzeuge kamen, und wartete, bis zwei Taxis an ihm vorbeigefahren waren. Dann war er mit ein paar schnellen Sätzen bei dem blauen Bogen und stellte drei der Spraydosen auf die Erde. Er begann, die schwarze mit kräftigen, gleichmäßigen Bewegungen zu schütteln. Sein Herz raste.
Ann-Sofie Jensen verspürte einen vertrauten Schauer. Es kribbelte unter der Haut, und ihre Wangen erhitzten sich. Sie öffnete den Mund einige Male, so weit es ging, und bewegte dann den Unterkiefer seitlich hin und her. Im Kopf hörte sie ein Knirschen.
Jetzt lagen zwischen ihr und dem Objekt nur noch fünfzig Meter. Ein Kinderspiel.
Ulf Holtz ging langsamer. Einige Hundert Meter vor ihm leuchtete es blau. Er hatte diesen Lichtschein schon oft im Vorbeifahren gesehen, aber nie näher darüber nachgedacht. Er hatte Angst. Sollte er umkehren? Was konnte
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