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Der Lambertimord

Der Lambertimord

Titel: Der Lambertimord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnold Kuesters
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ließ sich auf das schwarze Ledersofa fallen und suchte mit einer Hand auf dem gläsernen Couchtisch im Durcheinander der Zeitungen und Zeitschriften nach der Fernbedienung für den Fernseher. Lustlos zappte er durch die Programme. Schließlich schaltete er den Fernseher ab und warf die Fernbedienung auf den Glastisch zurück.
    Mit der Bierflasche in der Hand wanderte er durch seine Wohnung. Ohne Lisa wirkte sie noch leerer und lebloser. Im Schlafzimmer machte er Licht, öffnete den alten aufgearbeiteten Kleiderschrank und betrachtete die wenigen Hosen und T-Shirts, die sie für alle Fälle aus ihrer Wohnung zu Frank gebracht hatte. Er widerstand der Versuchung, eines der Kleidungsstücke in die Hand zu nehmen und daran zu riechen. Ganz zu ihm zu ziehen, dazu hatte sich Lisa bisher nicht entschließen können. Frank hatte das immer bedauert und nach der Scheidung von seiner Frau regelrecht darum gebettelt, daß sie ihre Wohnung am Schmölderpark aufgab und zu ihm zog. Platz war in seiner geräumigen Altbauwohnung in Eicken genug. Aber sie hatte das stets abgelehnt. Wer weiß, wofür das gut war, dachte Frank. Vielleicht wollte sie sich ja in Kürze von ihm trennen.
    Im Dunkeln lehnte Frank mit dem Rücken gegen den Kühlschrank und fühlte das lautlose Vibrieren des Kühlaggregats. Durch das Küchenfenster konnte er die Häuser auf der gegenüberliegenden Straßenseite sehen. Nur noch in einem der zahlreichen Fenster brannte Licht. Auf den Dächern gegenüber war es weiß. Die Nacht war sternenklar. Es würde eine sehr kalte Nacht werden. Frank stellte die leere Flasche auf den Tisch, ging ins Bad, zog sich aus und ging unter die Dusche.
    Das heiße Wasser schmerzte auf seinen Schultern und tat ihm trotzdem gut. Ganz bewußt wollte er nur noch Schmerzen spüren. Er hoffte, damit seine Gedanken ausschalten zu können. Anders als gewöhnlich duschte er in völliger Stille, denn es war schon weit nach Mitternacht. Morgens lief die kleine Anlage auf dem Badezimmerschrank meist auf voller Lautstärke. Er erinnerte sich daran, daß er am Vortag Joe Louis Walker in den CD-Player eingelegt hatte. Besonders Bluesifyin’ fand er schön: Ein bißchen Slidegitarre und der Text: The Blues became my companion. Und: The women start to shackin’, the men they start to figh«. Sein ganzer Schmerz, gepreßt auf eine kleine CD. Aber jetzt konnte er keine Musik mehr ertragen, schon gar keinen Blues. Er wollte jetzt nur das Rauschen der Dusche hören. Lisa war nicht da. Sein Leben verlief genau wie in einem dieser schlechten Blues-Songs, dachte Frank bitter: Erst ist der Hund weg, dann die Frau, und dann das Haus. Und dann blieb zum Schluß nur der billige Schnaps, der Suff und die Erinnerung als ständige Begleiter.
    Die heiße Dusche half Frank nicht wirklich. Er konnte seinen Gedanken und Gefühlen einfach nicht entkommen. Lisa. Die kurze Episode vorhin an ihrer Wohnungstür war die erste Begegnung seit fast zwei Wochen gewesen. Lisa hatte sich völlig von ihm zurückgezogen, hatte seine Anrufe, seine SMS, seine Nachrichten auf dem Anrufbeantworter unbeantwortet gelassen.

XIV.
    Die Frau hatte die Wohnungstür nur widerstrebend einen schmalen Spalt aufgemacht. Sie sah müde aus, als habe sie schon mehrere Nächte nicht mehr durchgeschlafen. Ihre grauen Haare waren strähnig und fettig. Zurückhaltend und mißtrauisch betrachtete sie über die vorgelegte Kette hinweg erst den Dienstausweis und sah dann Beuke lauernd und gleichzeitig angstvoll an. Ohne den Grund für den Besuch der beiden Beamten zu kennen, ging sie in die Offensive. Ihre Stimme klang dabei rauh und ruppig. »Was wollen sie? Mein Sohn ist nicht zu Hause. Ich habe Markus schon ein paar Tage nicht mehr gesehen.«
    »Können wir trotzdem einen Moment reinkommen?« Hauptkommissar Peter Beuke hatte den Türknauf schon in der Hand.
    »Haben Sie keine Augen im Kopf? Ich bin noch nicht angezogen, und aufgeräumt ist auch noch nicht.« Sie zog den Morgenmantel am Hals fester zusammen und zögerte. »Warten Sie.« Die Frau zog die Tür wieder zu.
    Beuke, Ende fünfzig, starrte auf den Türspion, der in Augenhöhe in das ehemals mahagonifarbene und jetzt ziemlich zerkratzte Türblatt eingelassen war. Etwas mißmutig drückte er seine Hände in den senffarbenen Parka, den ihm seine Frau zum Geburtstag geschenkt hatte. »Na, dann bin ich aber mal gespannt.«
    Er drehte sich zu seinem Kollegen Rolf Graf um, der hinter ihm wartete. Wenn er wollte, konnte Beuke eine Engelsgeduld

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