Der Lambertimord
Welle begann am Kopf, die blonden Haare wehten leicht. Die Welle, die Welle erreichte den Hals, wurde an den schmalen Schultern schwächer und lief schließlich an den Beinen aus, die leicht angewinkelt gegeneinander lagen. Welle, Welle. Immer und immer wieder sauste das Holz mit dumpfen Knall auf den Kopf der Frau. Macht! Er hob den Schläger mit beiden Händen hoch über seinen Kopf. Macht. In der Stille war nur das dumpfe Schlagen zu hören. Immer wieder. Immer wieder. Er hatte die Macht über diese Wellen. Niemand konnte ihn aufhalten. Er, Meister über Leben und Tod. Er. Er. Mit schnellen Griffen hatte er seine Hose aufgemacht und herunter gezogen. Der Schläger lag jetzt lose in seiner linken Hand. Er wollte sie haben, ja, jetzt, jetzt, sofort. Er wollte die Welle spüren, warmes Fleisch, weiße Bläschen. Und Schaum. Mit dem blutverschmierten Holz des Baseballschlägers drängte er ihre Beine auseinander und legte sich auf sie. Heftige Stöße. Das halbleere Bierglas auf dem Schränkchen neben dem Bett wackelte. Der Schläger lag längst auf dem Bett. Niemand konnte ihn aufhalten. Niemand. Er hatte die Macht. Rhythmus, Welle, Rhythmus. Verkrampfen. Der rote Fleck an ihrem Hinterkopf wurde immer größer. Er hatte die Macht. Jeder sollte es wissen. Wissen.
XIII.
Ihre Wohnung war dunkel. Im ganzen Haus war nicht ein einziges Licht zu sehen. Er hatte es geahnt, sie war nicht da. Der schwarze Stamm der kahlen Kastanie vor dem alten Gründerzeithaus verstärkte den Eindruck der Leere. Ein kalter Winterwind fuhr durch die mächtigen Äste. Das große Haus stand auf dem hinteren Teil des Grundstückes und war von der Straße durch einen hohen, rostigen schmiedeeisernen Zaun getrennt, der von verwitterten Backsteinpfeilern gehalten wurde. Das kurze Rasenstück zwischen Mauer und Haus wirkte selbst in der Dunkelheit ungepflegt.
Das Eisentor quietschte leise, als es aufschwang. Der plattierte Zugang konnte in der Dunkelheit eine böse Stolperfalle sein, da sich zahlreiche Platten über die Jahrzehnte hinweg verschoben oder aufgeworfen hatten. Frank kannte aber die gefährlichen Stellen und kam unbeschadet zum Haus. Der schmale Weg führte zur Eingangstreppe, die durch einen Windfang aus verwittertem Holz geschützt wurde, der mit geschnitzten Ornamenten verziert war. Eine Außenbeleuchtung gab es nicht. Um im Dunkeln die richtige Klingel zu finden, war eigentlich ein Feuerzeug nötig. Aber Frank kannte den richtigen Knopf.
Er fror in seiner viel zu dünnen Jeansjacke und schlug den Kragen hoch. Er schellte schon zum zweiten Mal, aber immer noch rührte sich nichts. Frank ging die Stufen hinunter und sah an der Fassade hoch zum Dachgeschoß. Alles blieb dunkel. Lisa war nicht zu Hause. Frank ärgerte sich und wollte gehen. Andererseits, dachte er, schließlich war es schon fast Mitternacht, sie mußte da sein. Schließlich hatte sie am anderen Tag Unterricht. Er versuchte es ein drittes Mal. Dann summte endlich der Türdrücker.
Frank nahm zwei Stufen auf einmal. Er flog förmlich die Treppe hinauf zum Dachgeschoß. Oben klingelte er erneut. Die Tür öffnete sich einen Spalt.
»Spinnst du eigentlich, so spät noch zu klingeln? Was willst du?« Lisa sah ihn unfreundlich an.
Frank zog eine Flasche Rotwein aus seiner halb aufgeknöpften Jacke und versuchte ein zaghaftes Lächeln. »Ich dachte, also ich dachte, wir könnten es uns bei einem Glas gemütlich machen und ein bißchen quatschen.« Als er das wütende Gesicht von Lisa sah, beeilte er sich hinzuzufügen: »Einfach nur so.« Er versuchte noch zärtlicher zu lächeln. »Du siehst süß aus, wenn du deine Haare in einem Handtuch versteckst. Läßt du mich rein?«
Lisa funkelte ihn aus blauen Augen an. »Nenn’ mich nicht süß. Du weißt, daß ich das nicht leiden kann. Blonde Dummchen sind süß. Nein, du kannst nicht rein. Wie du siehst, ich komme gerade aus der Badewanne und will jetzt ins Bett. Es war ein sehr langer Tag für mich. Ich bin hundemüde. Laß mich allein. Frank, bitte. Ich muß morgen früh raus.« Sie sah ihn auffordernd an, aber Frank reagierte nicht. Lisa verdrehte die Augen. Mit einem »Ich melde mich bei dir«, schloß sie die Tür. Sekunden später ging die Wohnungstür wieder einen Spalt auf. Wortlos griff Lisa mit ihrer schlanken Hand nach der Rotweinflasche. Noch bevor er ihr folgen konnte, schloß sie die Tür vor seiner Nase.
Frank war sprachlos. In einem ersten Impuls wollte er wütend gegen die Tür hämmern, brachte aber nur
Weitere Kostenlose Bücher