Der Lambertimord
auf dem mit Graffiti und Spuren eingebrannter Zigarettenkippen übersäten Klingelschild aus Plastik nach dem Namen und klingelte. Die Haustür wurde fast unmittelbar darauf aufgedrückt. In der zweiten Etage klingelte er erneut. Eine Frau in einem verblichenen rosafarbenen Jogginganzug öffnete die Türe einen Spalt.
»Ja?«
Frank zeigte seinen Dienstausweis. »Guten Abend, mein Name ist Borsch. Sind Sie Frau Jansen? Elisabeth Jansen?«
»Na, und?«
Kann ich bitte Ihren Sohn sprechen? Es ist wichtig.«
»Der ist nicht da. Das habe ich doch schon gesagt.«
»Was meinen Sie? Darf ich einen Moment reinkommen?«
Die Frau reagierte nicht. Sie hielt die Türe weiterhin gerade nur soweit auf, daß Frank nicht in den Flur hinter ihr sehen konnte. »Na, die beiden waren dieser Tage hier und haben mich eine Menge blödes Zeug gefragt. Wissen Sie eigentlich nicht, wie spät es ist? Habt ihr Bullen nichts Besseres zu tun, als anderen Leuten hinterher zu spionieren? Lassen Sie mich in Ruhe. Markus ist nicht hier.«
»Mit wem haben Sie darüber gesprochen? Wer war bei Ihnen?«
»Na, Polizisten. So wie Sie. So ein Dicker mit einem gelben Anorak und so’n Dürrer. Mehr weiß ich nicht. Ist mir auch egal. Ich will meine Ruhe.«
Frank versuchte es noch einmal. »Ich möchte nur Ihren Sohn sprechen. Wissen Sie wo er ist?«
»Sind Sie taub? Ich weiß nicht, wo er ist. Ist mir auch egal. Der Junge ist schließlich alt genug. Alt genug.« Den letzten Teil hatte sie mehr zu sich selbst gesagt.
»Darf ich nicht reinkommen? Nur einen Moment?«
Elisabeth Jansen blieb hart. »Nein, habe ich gesagt. Sonst noch was?«
Frank gab auf. Er nahm seine Brieftasche aus der Innentasche seiner Jacke und gab Elisabeth Jansen eine seiner Visitenkarten. »Wenn er kommt, sagen Sie Ihrem Sohn, er möchte mich anrufen. Er kann auch nachts anrufen. Eine Frage habe ich noch: hat Ihr Sohn eine Bekannte oder eine Freundin? Bitte denken Sie nach, das ist wichtig für mich.«
»Lassen Sie mich doch endlich in Ruhe. Die Weibergeschichten von meinem Sohn gehen mich nichts an.« Elisabeth Jansen schloß die Tür und ließ Frank einfach stehen.
Frank blieb im Auto sitzen und mußte die Begegnung mit der Mutter von Markus Jansen erst einmal verdauen. Wenn der Sohn auf die Mutter kommt, dann konnte er nicht verstehen, was Heike van den Hövel bloß an Markus Jansen hatte finden können. Die Unternehmerstochter und der Sohn aus armen Verhältnissen, nicht gerade die ideale Partnerschaft für eine glückliche Zukunft. Aber wer weiß, was die beiden verbunden haben mochte.
Gelber Parka: Das konnte nur Beuke gewesen sein. Er würde ihn direkt am nächsten Morgen aufsuchen, oder anrufen. Frank startete den Motor und fuhr über die B 7 nach Breyell und von dort Richtung Autobahn. Auf seinem Weg mußte er hinter dem Ortsschild von Lötsch stark abbremsen. Fast hätte er einen der langsam fahrenden Rübentransporter übersehen und wäre ungebremst hinten auf den Hänger gerast. Frank atmete auf, das war knapp. Nur mit Mühe hatte er das Ausbrechen seines Wagens verhindern können. Die Trecker mit ihren hochbeladenen Anhängern waren in der Dunkelheit schlecht zu sehen. Aber er war auch zu schnell gefahren, das mußte er sich eingestehen. Außerdem war Frank in Gedanken bei Markus Jansen und Heike van den Hövel gewesen. Daß der Alte nichts gemerkt hatte! Frank mochte es kaum glauben. Er würde van den Hövel noch einmal fragen.
Im CD-Player lief Passing by Blues von R.J. Mischo von der CD Meet me on the Coast. Aber selbst Mischos Harp-Künste konnten ihn nicht auf andere Gedanken bringen. An der Autobahnausfahrt Mönchengladbach-Wickrath machte er bei Kentucky Fried Chicken halt. Ihm war aufgefallen, daß er seit dem Morgen nichts mehr gegessen hatte. Mit einer Tüte Chicken Wings machte er sich auf in seine Wohnung. Als er endlich schlief, war es schon nach Zwei.
Am anderen Morgen holte er Ecki im Präsidium ab. Er fuhr diesmal mit seinem Privatwagen. Der Dienst-Mondeo war zur Inspektion. Sein Partner wartete schon am Eingang zum Hochhaus auf ihn und kaute an einem belegten Brötchen. In einer Hand hielt er einen weißen Pappbecher.
»Komm’, steig ein, aber versau’ mir nicht das Auto.«
»Guten Morgen, lieber Frank. Sagst du jetzt noch nicht mal mehr die Tageszeit? Ich paß’ schon auf, daß ich nichts verschütte. Fahr’ du nur nicht wie eine gesengte Sau. Nee, das ist falsch. Du siehst eher aus wie ein besicktes Pony. Traurig und mit großen
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