Der Landarzt (German Edition)
widerspruchslos, um eine Bürgermeisterei zu bauen, in der ich eine Freischule und die Wohnung eines Elementarlehrers einrichtete. Zur Erfüllung dieser wichtigen Funktion habe ich einen armen, auf die Verfassung vereidigten, von der ganzen Provinz zurückgewiesenen Priester gewählt, der unter uns ein Asyl für seine alten Tage gefunden hat. Die Schulmeisterin ist eine würdige, um ihr Vermögen gekommene Frau, die nicht wußte, wo sie ihr Haupt niederlegen sollte, und der wir einen kleinen Wohlstand verschafft haben. Sie hat eben ein Pensionat für junge Mädchen gegründet, in das die reichen Pächter der Umgebung ihre Töchter zu schicken beginnen.
Wenn ich das Recht hatte, mein Herr, Ihnen bisher die Geschichte dieses kleinen Erdfleckens in meinem Namen zu erzählen, so kommt jetzt der Augenblick, von dem an Monsieur Janvier, der neue Pfarrer, ein wahrer Fénelon für die Verhältnisse einer kleinen Pfarrei, zur Hälfte teil an diesem Verjüngungswerke hat: er hat es verstanden, den Sitten des Fleckens einen sanften und brüderlichen Geist zu verleihen, der aus der Bevölkerung eine einzige Familie zu machen scheint. Monsieur Dufau, der Friedensrichter, verdient, obwohl er später gekommen ist, gleichfalls die Dankbarkeit der Bewohner. Um Ihnen unsere Lage kurz mit Ziffern, die mehr sagen als meine Worte, zusammenzufassen: die Gemeinde besitzt heute zweihundert Arpents Wälder und einhundertsechzig Arpents Wiesen. Ohne ihre Zuflucht zu Steuerzuschlägen zu nehmen, gibt sie dem Pfarrer hundert Taler Ergänzungsgehalt, zweihundert Franken dem Flurhüter, ebensoviel dem Schulmeister und der Lehrerin. Fünfhundert Franken gibt sie für ihre Wege aus, ebensoviel für die Reparaturen der Bürgermeisterei, des Pfarrhauses, der Kirche und für einige andere Kosten. Heute in fünfzehn Jahren wird sie für hunderttausend Franken schlagbares Holz besitzen, und wird ihre Steuern bezahlen können, ohne daß es die Bewohner einen Heller kosten wird; sicherlich wird sie eine der reichsten Gemeinden Frankreichs sein. Aber ich langweile Sie vielleicht, mein Herr?« sagte Benassis zu Genestas, da er seinen Zuhörer in einer so nachdenklichen Haltung überraschte, daß man sie für die eines unaufmerksamen Menschen halten mußte.
»0 nein!« antwortete der Major.
»Mein Herr,« fuhr der Arzt fort, »der Handel, die Industrie, der Ackerbau und unser Verbrauch waren nur lokal. Auf einer gewissen Stufe mußte unser Gedeihen stehenbleiben. Ich setzte ein Postbureau, einen Tabak-, Pulver- und Kartenverschleiß durch, zwang durch die Annehmlichkeiten des Aufenthalts und unserer neuen Gesellschaft den Steuereinnehmer, die Gemeinde zu verlassen, in der er bislang lieber als im Bezirkshauptorte gewohnt hatte; ich rief, wenn ich ihr Bedürfnis erweckt hatte, jede Produktion zur rechten Zeit und am rechten Orte herbei, ließ Haushaltungen und Gewerbetreibende kommen, gab ihnen allen das Gefühl des Besitzes; und so machten sie in dem Maße, wie sie Mittel hatten, die Ländereien urbar; die Kleinkultur, die Kleingrundbesitzer vervielfachten sich und steigerten gradweise den Wert der Berggegend. Die Unglücklichen, die ich hier angetroffen hatte, wie sie zu Fuß etwas Käse nach Grenoble trugen, fuhren mit Karren und brachten Obst, Eier, Hühner und Truthähne dorthin. Alle hatten sich unmerklich vergrößert. Am schlechtesten war weggekommen, wer nur seinen Garten, sein Gemüse, sein Obst und seine Erstlinge zu kultivieren hatte. Endlich – ein Zeichen des Gedeihens – buk niemand mehr sein Brot selber, um keine Zeit zu verlieren, und die Kinder hüteten die Herden. Aber mein Herr, dieser industrielle Herd mußte unterhalten werden, indem man unaufhörlich neue Nahrung hineinwarf. Der Flecken hatte noch keine auflebende Industrie, welche die kommerzielle Produktion unterhalten und große Transaktionen, einen Stapelplatz und einen Markt notwendig machen konnte. Es genügt für ein Land nicht, von der Geldmenge, die es besitzt und die sein Kapital bildet, nichts zu verlieren; ihr werdet seinen Wohlstand nicht vermehren, wenn ihr solch eine Summe mit mehr oder weniger Geschicklichkeit durch das Spiel von Produktion und Konsum durch die größtmögliche Anzahl von Händen gehen laßt. Da liegt das Problem nicht. Wenn ein Land im vollen Güteraustausch ist, und seine Produkte im Gleichgewicht mit seinem Konsum stehen, muß man, um neue Vermögen zu schaffen und den allgemeinen Reichtum anwachsen zu lassen, einen Austausch nach außen hin
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