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Der lange dunkle Fünfuhrtee der Seele

Titel: Der lange dunkle Fünfuhrtee der Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Adams
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böse an.
    »Zähl sie doch selber, wenn du's wissen willst!« schnauzte er. »Warum habe ich denn Jahre und Jahre und Jahre damit verbracht, sie zu zählen, so daß ich der einzige bin, der es weiß und der es auf ewig wissen wird, wenn ich dann einfach hingehe und es jemand anderem erzähle? Oder?«
    Er drehte sich wieder zum Fenster um.
    »Ich mache mir«, sagte er, »sowieso Gedanken deswegen. Ich glaube, ich habe mich irgendwo in Mid-Glamorgan verzählt. Aber niemals«, schrie er, »mache ich das noch mal!«
    »Tja, warum um alles auf der Welt hast du denn überhaupt so was Verrücktes gemacht?«
    »Es war eine mir von meinem Vater auferlegte Bürde. Eine Strafe. Eine Buße.« Er blickte finster.
    »Dein Vater?« fragte Kate. »Meinst du Odin?«
    »Der All-Vater«, sagte Thor. »Der Vater der Götter von Asgard.«
    »Und du sagst, er lebt?«
    Thor drehte sich um und sah sie an, als sei sie nicht ganz bei Trost.
    »Wir sind unsterblich«, sagte er schlicht.
    Eine Treppe tiefer suchte Neil sich genau diesen Augenblick aus, um seinen donnernden Vortrag auf der Baßgitarre zu beenden, und das Haus schien im Nachhall in schauriger Stille zu klingen.
    »Unsterbliche habt ihr gewollt«, sagte Thor mit leiser, ruhiger Stimme. »Unsterbliche habt ihr bekommen. Es ist ein bißchen schwierig für uns. Ihr wolltet, daß wir ewig leben, also leben wir ewig. Dann habt ihr uns vergessen. Trotzdem leben wir ewig. Jetzt endlich sind viele tot, und viele sterben«, setzte er mit leiser Stimme hinzu, »aber es ist enorme Mühe nötig.«
    »Ich begreife nicht im entferntesten, wovon du redest«, sagte Kate. »Du sagst, daß ich, wir -«
    »Du kannst es begreifen lernen«, sagte Thor ärgerlich, »deswegen bin ich ja zu dir gekommen. Weißt du, daß die meisten Menschen mich kaum sehen? Mich überhaupt kaum bemerken? Es ist ja nicht so, daß wir uns verstecken. Wir sind hier. Wir leben unter euch. Meine Verwandten. Eure Götter. Ihr habt uns hervorgebracht. Ihr habt uns so gemacht, wie ihr selber nicht zu sein wagtet. Trotzdem wollt ihr euch nicht zu uns bekennen. Wenn ich auf einer Straße in dieser... Welt entlanggehe, die ihr euch ohne uns geschaffen habt, dann blinzelt kaum ein Auge auch nur mal in meine Richtung.«
    »Passiert das, wenn du den Helm trägst?«
    »Besonders, wenn ich den Helm trage!«
    »Na ja -«
    »Du machst dich über mich lustig!« schrie Thor.
    »Du machst es einem Mädchen sehr leicht«, sagte Kate. »Ich weiß nicht, was -«
    Plötzlich schien das Zimmer zu beben und dann den Atem anzuhalten. Kates sämtliche Eingeweide flatterten wie wild und hielten dann ganz still. In der plötzlichen grauenhaften Stille kippte eine blaue Tischlampe aus Porzellan langsam vom Tisch, fiel auf den Boden und verkroch sich in eine dunkle Zimmerecke, wo sie als ängstliches, kleines defensives Häufchen sitzen blieb.
    Kate starrte sie an und versuchte, ruhig zu bleiben. Sie hatte das Gefühl, als riesele ihr kalte, glibberige Götterspeise über die Haut.
    »Hast du das getan?« fragte sie zitternd.
    Thor war aschfahl und machte ein verdutztes Gesicht. Er murmelte: »Mach mich nicht wütend auf dich. Du hast großes Glück gehabt.« Er schaute weg.
    »Was sagst du da?«
    »Ich sage, daß ich will, daß du mitkommst.«
    »Was? Und was ist damit ?« Sie deutete auf das kleine verdatterte Kätzchen unter dem Tisch, das vor so kurzer Zeit und zu solch großer Verwirrung eine blaue Porzellantischlampe gewesen war.
    »Daran kann ich nichts ändern.«
    Kate war plötzlich so müde und durcheinander und verängstigt, daß sie meinte, ihr kämen gleich die Tränen. Sie stand da, nagte an ihrer Lippe und versuchte, so wütend wie möglich zu sein.
    »Ach, wirklich?« sagte sie. »Ich dachte, du wärst angeblich ein Gott. Ich hoffe, du hast dich nicht unter Vorspiegelung falscher Tatsachen bei mir einge schlichen, ich ...« Sie stotterte, verstummte und fuhr dann in einem anderen Ton fort: »Willst du damit sagen«, sagte sie mit leiser Stimme, »daß du die ganze Zeit hier auf der Erde gewesen bist?«
    »Hier und in Asgard«, sagte Thor.
    »Asgard«, sagte Kate. »Die Wohnung der Götter?«
    Thor schwieg. Es war ein grimmiges Schweigen, das mit etwas angefüllt zu sein schien, das ihn furchtbar ärgerte.
    »Wo liegt Asgard?« wollte Kate wissen.
    Wieder sprach Thor nicht. Er war ein Mann von sehr wenigen Worten und enorm langen Pausen. Als er schließlich antwortete, war absolut nicht klar, ob er die ganze Zeit nachgedacht oder bloß

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