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Der Lange Weg Des Lukas B.

Der Lange Weg Des Lukas B.

Titel: Der Lange Weg Des Lukas B. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Faehrmann
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rechtzeitig fertig würden. Der Junge sägte mit Georgia ein Stück von einer mannsdicken Linde ab und bockte den Klotz auf einen Baumstumpf auf. Er begann seine Arbeit zunächst mit dem Beil, später nahm er Stemmeisen und Klöpfel.
    Bald hatten die Zuschauer bemerkt, dass er etwas Besonderes machte, und viele drängten sich um seinen Platz. Er schnitzte schließlich mit dem Messer dem Hahn einen langen Hals und einen Kopf, hoch in die Luft gereckt, als ob er gerade zum Krähen ansetzte.
    Der Morgen zog herauf. Die Fackeln verlöschten eine nach der anderen. Die Bretterwände waren längst wieder auf den Bohlen genagelt worden, das Dach zeigte keine Löcher und Risse mehr. Über eine Rolle am Giebel zogen die Männer ein schlankes, etwa mannshohes Türmchen auf das Dach hinauf. Der Dachreiter ließ sich leicht mit seinem Schwalbenschwanz auf den First aufsetzen. Mathilde durfte die Bolzen eintreiben. Sie traf den Bolzen genau und schlug nicht ein einziges Mal daneben.
    »Der erste weibliche Zimmermann bist du«, sagte der alte Mann. »Den Hahn herauf!«, rief er.
    Der Junge lud sich die Figur auf den Rücken und kletterte über eine Leiter auf das Dach, hoch bis auf den First. Georgia stieg hinter ihm her. Der alte Mann hatte in der Spitze des Türmchens ein Loch gelassen, in das der Zapfen am Fuße des Hahns genau hineinpasste. Durch Zapfen und Türmchenspitze bohrte er ein Loch und setzte einen großen Holznagel an. »Treib ihn hinein, Luke«, sagte er. »Die Sonne wird gleich aufgehen.«
    Der Junge aber reichte Georgia den Holzhammer. »Sie ist auch ein neuer Zimmermann«, sagte er. Georgia schaute auf den alten Mann. Der nickte.
    Sie schlug den Holznagel ein und auch sie verfehlte mit keinem Schlag ihr Ziel.
    »Fertig«, rief sie.
    Die Sonne stieß wenige Augenblicke später ihre ersten Strahlen über den Horizont und der Hahn leuchtete in hellem Licht auf. Die Leute johlten begeistert. Frauen schleppten heißen, schwarzen Kaffee herbei und brieten in großen Pfannen Speck und Eier. Die Arme der Zimmerleute waren schwer wie Blei und ihre Rücken schmerzten. Andrew Simmons reichte dem alten Mann das Goldei mitsamt der Uhrkette.
    »Ihr seid die richtigen Leute im richtigen Land«, sagte er und es schien ihm nicht Leid zu tun, dass er das schwerste Stück Gold, das er je ausgewaschen hatte, hingeben musste. Der Pfarrer, der trotz seines Alters die ganze Nacht über in einem harten Holzsessel ausgeharrt und dem Schauspiel zugesehen hatte, rappelte sich auf und hob die Hand. »Ihr versteht Euer Handwerk«, sagte er. »Wenn Ihr einen Bauplan macht, der uns zusagt, dann seid Ihr die Männer, die unsere neue Kirche bauen.«
    Er wandte sich an die Menge: »Geht jetzt nach Haus, Leute. Stehen und Zuschauen macht müde.«
    Die Zimmerleute legten sich in den Garten des Pfarrers unter einen Magnolienbaum. Sie schliefen bis in den Mittag hinein. Während die Männer am Nachmittag den Holzplatz besichtigten und die Stämme begutachteten, redete der alte Mann mit dem Pfarrer. Sie wurden sich einig.
    »Schaffen Sie denn eine solche Spannweite der Halle ohne jede Säule?«, fragte der Pfarrer und machte ein bedenkliches Gesicht.
    »Ja, Herr Pfarrer. Es ist schließlich nicht das erste Mal, dass wir so etwas bauen.«
    »Ja, ja, ich weiß es«, lachte der Pfarrer. »Ihre Kirchen in Preußen.«
    »Wir haben dort wirklich sehr schöne Kirchen gebaut«, beteuerte der alte Mann.
    »Werden sicher in diesen Tagen voller Menschen sein«, sagte der Pfarrer.
    »Der Krieg erinnert die Menschen ans Beten. Haben wir hier im Süden auch erlebt.«
    »Krieg? Wie meinen Sie das?«
    »Na, ‘s ist doch wieder Krieg in Europa. Sagen Sie nur, Sie hätten davon nichts gehört, dass die Franzosen und die Deutschen sich schlagen? Seit Juli schon. Mitten im Juli haben sie damit angefangen.«
    »Das ist für uns neu«, sagte der alte Mann erregt. »Seit über zwei Monaten ist Krieg in unserem Land und wir haben nichts davon erfahren.«
    »Dieser Tage kam die Nachricht, dass die Deutschen eine große Schlacht gewonnen haben. Der Kaiser der Franzosen ist dabei sogar in Gefangenschaft geraten.«
    »Und wir wissen nichts.« Der alte Mann erhob sich. »Das muss ich sofort meinen Leuten erzählen.«
    Er ging hinaus, aber er kam mit seiner Neuigkeit zu spät. Mathilde hatte es schon im Ort gehört. Sie wusste auch Genaueres über die große Schlacht, die bei Sedan stattgefunden hatte und bei der viele, viele Soldaten auf beiden Seiten ihr Leben gelassen

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