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Der Lange Weg Des Lukas B.

Der Lange Weg Des Lukas B.

Titel: Der Lange Weg Des Lukas B. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Faehrmann
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einzigen Pfennig, sag ich dir.« Gustav Krohl wurde ganz eifrig.
    »Ich habe davon gehört«, bestätigte der alte Mann.
    »Wir könnten doch alle nach Colorado ziehen«, schlug Otto Sahm vor.
    »Wir gehen unseren Weg, geht ihr euren«, sagte der alte Mann.
    Als die Wagen anruckten, blieben die beiden zurück. Der Junge sah sie noch lange auf dem Hügel stehen.
    »Stimmt das, Jeremy, das mit dem Heimstattgesetz und dass das Land verschenkt wird?«, fragte er.
    »Stimmt. Aber es ist ein hartes Leben dort, Massa Luke. Bauen sich Hütten aus Grasplacken, halb in der Erde. Hast es sicher schon gesehen, Massa. Charly the Cook hat’s auf eine Schublade gemalt, wie sie dort hausen. Die Schublade mit den Bitterkräutern hat er sich ausgesucht für das Bild. Hat sich was dabei gedacht, der Charly. Die Viehzüchter freuen sich, wenn ihre Rinder die Saaten der Einwanderer zertrampeln. Lassen sie nicht an das Wasser ran. Wollen ihr Weideland nicht verlieren. Die ersten fünf Jahre, sagt man, ist Colorado die Hölle für die Siedler. Viele werden krank, sterben oder kehren Colorado den Rücken und sind erledigt. Nur wer jahrelang durchhält und Glück hat, dem geht’s allmählich vielleicht besser. So hab ich’s jedenfalls von Dick Christians gehört. Der ist dort gewesen. Er hat aufgegeben, als ihm seine Frau und alle drei Kinder an Typhus gestorben sind. Das Land war schon auf seinen Namen eingetragen. War gerade über den Berg, sagte er.«
    Sie fuhren am Pearl River entlang. Immer wieder fanden sie den Sommer über für ein paar Tage Arbeit, aber nie etwas, was sich wirklich lohnte. Im Herbst verließen sie den Staat Mississippi und treckten nach Alabama hinein. Sie waren kaum im Hügelland jenseits der Grenze, da kehrte das Glück zu ihnen zurück. In Alice-Springs war im Krieg die Kirche in Brand geschossen worden. Sie lag immer noch in Trümmern. Die Gemeinde hatte gesammelt und gespart, Dollar auf Dollar gelegt, Stämme waren als Bauholz gestiftet worden und im nächsten Jahr sollte es mit dem Bau einer neuen, kleinen Kirche losgehen.
    Da kam ein Mann nach Alice-Springs zurück, der einige Jahre zuvor als 18-Jähriger eines Nachts spurlos verschwunden war. »Das Goldfieber hat ihn gepackt«, hieß es im Ort. Er kehrte in einer drei­spännigen, eleganten Kutsche heim, trug einen karierten Anzug aus teurem englischem Stoff und einen breitkrempigen feinen Filzhut. Noch bevor er zu seinen Eltern fuhr, stieg er vor dem kleinen, ärmlichen Pfarrhaus aus und ließ den Pfarrer herausrufen. Inzwischen waren Neugierige zusammengelaufen, denn in Alice-Springs gab es im Allgemeinen nicht viele Neuigkeiten.
    Der alte Pfarrer trat vor die Tür, blinzelte, vom Sonnenlicht geblendet, den Besucher an und zog seine rötliche Whiskynase kraus.
    »Was wollen Sie von mir?«, fragte er mit einer überraschend kräftigen Bassstimme.
    »Kennen Sie mich nicht mehr, Pfarrer McGree?«, sagte der Mann und nahm seinen Hut vom Kopf.
    »Das blonde Niggerhaar!«, rief der Pfarrer, als er die winzigen strohigen Locken des jungen Mannes sah. »Du kannst nur einer von Samuel Simmons sein. Der hat lauter Söhne mit solchen Kraus­köpfen.«
    »Stimmt, Pfarrer McGree. Ich bin Andrew Simmons. Und als mich vor fünf Jahren das Gold aus Alice-Springs wegzog, da hab ich’s geschworen. Wenn ich’s packe, hab ich gesagt und dabei die Finger hochgestreckt, wenn ich’s packe, dann will ich jedes Nugget, das so groß wie ‘ne Erbse ist, aufbewahren und nach Alice-Springs zurücktragen. Für die Kirche.« Er deutete auf den Trümmerplatz. »Ich komme nicht zu spät, denke ich.«
    Er reichte dem Pfarrer ein Büffelhorn, das mit einem ziselierten silbernen Deckel verschlossen war. Das Horn war schwer und der Pfarrer hatte Mühe es mit einer Hand zu halten und mit der anderen den Deckel abzuziehen. Er steckte den silbernen Verschluss in die Tasche seiner Soutane und schüttete von dem in die hohle Hand, was das Horn bis obenhin füllte. Völlig gleiche Nuggets, erbsengroß, strahlten in der Sonne auf.
    »Junge!«, rief der Pfarrer aufgeregt. »Andrew Simmons! Das ist ja ein Schatz. Wir werden die schönste Kirche in ganz Alabama bauen.«
    Er versuchte den jungen Simmons in die Arme zu schließen, aber das gelang nicht, weil er das Horn und die Nuggets nicht aus den Händen legen wollte.
    Als der Lehrer diese Geschichte gehört hatte, sagte er: »So ist das eben. Wenn die Kirche Gold in den Händen trägt, bleibt kein Platz mehr die Menschen ans Herz zu

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