Der Lange Weg Des Lukas B.
ziehen.«
Jedenfalls war die Nachricht von dem Büffelhorn und seinem gewichtigen Inhalt mit dem Herbstwind weit im Lande herumgeweht worden. Der alte Mann hörte sie noch am selben Tag, obwohl er mit seinen Wagen fast zwanzig Meilen von Alice-Springs entfernt war. Er spürte seine Chance und steckte mit seiner Hoffnung auf eine gute Arbeit alle an. Jeremy trieb die Tiere wie nie zuvor.
Am Nachmittag sahen sie die gut dreihundert Häuser des Ortes, sanft an einen Hügel geschmiegt, in der Sonne liegen. Der alte Mann ließ an einem Bachufer halten.
»Diesen Auftrag müssen wir bekommen«, sagte er. »Wascht euch gründlich, Leute. Wasser gibt es im Bach genug. Kämmt eure Haare und stutzt euch den Bart. Zieht eure beste Zimmermannskluft an. Fettet die Äxte und Sägen und schultert sie. Wir müssen uns von der besten Seite zeigen.«
Kaum eine Stunde später war der Staub abgewaschen, die Tiere standen gestriegelt im Geschirr, die Wagen zeigten nicht eine Spur von Straßendreck. Der alte Mann ließ seinen Blick voll Zuversicht auf seinen Männern ruhen.
»Mit euch, Leute, reiße ich Bäume aus«, sagte er. »Los, erobern wir Alice-Springs.«
Zum zweiten Mal an diesem Tag hielten Pferde vor dem Pfarrhaus. Die Menschen, die in der warmen Abendsonne vor ihren Häusern gesessen hatten, witterten Ungewöhnliches. Der Pfarrer saß mit einigen Frauen im Garten neben seinem Haus. Als die Wagen nicht weiterfuhren, trat er an den Zaun. Die Zimmerleute hatten sich mit ihrem Werkzeug nebeneinander aufgestellt.
»Guten Abend«, sagte der alte Mann.
»Guten Abend«, antwortete der Pfarrer und wartete.
»Ich hörte, Sie wollen eine neue Kirche bauen?«, begann der alte Mann das Gespräch.
»Kann sein«, antwortete der Pfarrer vorsichtig.
»Wir sind Ihre Leute. Wir haben das villeroysche Haus in Vicksburg gebaut und seit fast einem Jahr an vielen Orten in Mississippi und Alabama gute Arbeit geleistet.«
»Wo haben Sie denn Kirchen gebaut?«, fragte der Pfarrer.
»In Leschinen und Lindenort«, antwortete der alte Mann. »26 Meter hoch war der Turm in Leschinen.«
»Die Namen dieser Orte habe ich noch nie gehört. Wo liegen sie?«
»In Deutschland, in Ostpreußen, im Kreise Ortelsburg.«
»Ziemlich weit weg«, spottete der Pfarrer. »Hier leben auch Holzarbeiter. Deren Arbeit kennen wir, eure nicht.«
»Man sieht es an Ihrer Hütte«, sagte der alte Mann spöttisch und zeigte auf das Pfarrhaus.
»Könnt Ihr es besser?«
»Bis morgen, wenn die Sonne aufgeht, hätten wir Ihr Haus zum Beispiel wieder in Schuss.«
»Bis morgen, wenn die Sonne aufgeht?«, rief der Pfarrer ungläubig. »Habt ihr das gehört, Leute?«
Da trat aus der Menge ein breitschultriger, junger Mann hervor. Er hatte hellblonde Haare, die in winzigen Kräuseln dicht um seinen Schädel lagen.
»Ich bin Andrew Simmons«, sagte er. »Was heißt das, Ihr habt das Haus in wenigen Stunden wieder in Schuss?«
»Nun, die schadhaften Bretter werden ausgewechselt, die wackeligen Balken sind dann neu verstrebt und das Dach ist dicht«, sagte der alte Mann.
»Wenn Ihr das schafft, dann wette ich mein größtes Nugget hier gegen eine Hühnerfeder.«
Er hielt ein taubeneigroßes Nugget empor, das an seiner Uhrkette befestigt war.
»Die Wette gilt«, stimmte der alte Mann zu. Sie schlugen die Hände ineinander.
Was sich jetzt ereignete, hätten die Bewohner von Alice-Springs nicht für möglich gehalten. Wie wild geworden stürzten sich die Zimmerleute auf das Pfarrhaus, rissen die Bretterverkleidung herunter, richteten die Balken ins Lot, schlugen Holznägel nach, bohrten Löcher und trieben Nägel ein, verstrebten die Eckpfosten mit neuen Balken und wechselten die Oberschwelle der windschiefen Tür aus. Selbst Mathilde und Georgia griffen zur Säge. Ihr Schnitt hielt dem kritischen Blick des alten Mannes stand. Alle arbeiteten, als ob es um ihr Leben ginge. Allmählich wurde es dunkel. Die Bewohner von Alice-Springs standen wie eine Mauer rundum und wichen nicht vom Fleck. Sie entzündeten Fackeln und der Feuerschein erleuchtete die Nacht.
Gegen zwölf Uhr sagte der alte Mann zu dem Jungen: »Kurz vor fünf wird es hell. Traust du dir zu bis dahin einen lebensgroßen Hahn zu schnitzen?«
»Wenn ich einen Lindenkloben finde, Großvater, oder ein anderes weiches Holz, dann schaffe ich das bestimmt.«
»Gut, dann setzen wir dem Pfarrer einen Dachreiter auf das Haus und obendrauf deinen Hahn. Den Dachreiter mache ich selbst.« Er war ganz sicher, dass sie
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