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Der Lange Weg Des Lukas B.

Der Lange Weg Des Lukas B.

Titel: Der Lange Weg Des Lukas B. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Faehrmann
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schon gegen fünf den Kaffee kochen. Der Lehrer trank ihn im Stehen. Jeremys Salbe hatte gut gewirkt. Piet spürte nur noch einen leichten Schmerz. Bevor er wegritt, umarmte er den Jungen und den alten Mann.
    »Ich komme bestimmt bald nach Deutschland zurück. Ich will helfen . . . «
    »Ich weiß«, lachte der alte Mann, »die Arbeiter.«
    »Genau«, antwortete der Lehrer ernst.
    Sie erreichten Memphis am frühen Nachmittag.
    In einem Gasthaus fanden sie bei einer schmuddeligen Wirtin Quartier. Der alte Mann hielt sich nicht lange auf, ging zum Bahnhof und erkundigte sich gleich nach einem Zug. Als er gegen sechs Uhr zurückkam, gab Georgia ihm einen Zettel. Darauf stand in der steilen Schrift des Jungen: »Ich bin nach St. Louis zu meinem Vater. Mach dir keine Sorgen. Dein Lukas.« Dem alten Mann wich die Farbe aus dem Gesicht. Er stand eine ganze Zeit lang unbeweglich. Dann las er laut vor: »Ich bin nach St. Louis zu meinem Vater.«
    »Das da hat er auch für den alten Massa zurückgelassen«, sagte Georgia und zeigte auf die kleine Arche, die der Junge auf der »Neptun von Danzig« zu schnitzen begonnen hatte. Der alte Mann nahm sie in die Hand, betrachtete die Tierbilder in den schmalen Balken und sagte: »Hat er sie doch fertig gemacht!« Dann prüfte er die Holzverbindungen und seufzte: »Hat das Zeug zu einem tüchtigen Zimmermeister, der Bursche, und rennt ganz einfach davon.«
    Er schaute die Männer unsicher an. »Was werdet ihr tun? Wollt ihr auch fort?«
    Warich fiel die Antwort nicht schwer. »Ich fahre zunächst nach St. Louis zu meinem Bruder. Lenski geht mit mir. Dort werden wir weitersehen. Ich kann mich ja um den Jungen kümmern«, fügte er hinzu.
    Der alte Mann ging nicht darauf ein.
    »Und ihr?«, fragte er Gustav Bandilla und Grumbach.
    »Wir haben gedacht«, antwortete Grumbach ein wenig verlegen, »wir hängen den Zimmermannshut für ein paar Jahre an den Nagel. Wir wollen unser Glück versuchen und Gold schürfen. Vielleicht fällt’s uns in den Schoß wie dem Andrew aus Alice-Springs.«
    »Und du, Döblin, bleibst du auch in diesem Land?«
    »Nein, Friedrich. Ich fahre mit dir zurück. Mit 73 Jahren bin ich zu alt für Abenteuer. Ich will in meinem Bett sterben. Und außerdem fühle ich mich nicht ganz wohl. Irgendetwas liegt mir wie ein Zentnerstein auf der Brust. Ich will nach Haus.«
    Er hatte bisher verschwiegen, dass er schon dreimal einen furchtbaren Schmerz um das Herz herum gespürt hatte, der ihn fast das Atmen vergessen ließ. »Was von selbst gekommen ist, das wird auch wieder von selbst vergehen«, redete er sich ein.
    Der alte Mann schlief in dieser Nacht nicht. Am nächsten Morgen streifte er schon in aller Frühe durch das Hafenviertel, suchte auf dem Bahnhof herum, lief durch die Straßen und kehrte erst gegen Mittag in das Quartier zurück.
    »Ich konnte ihn nicht finden«, sagte er niedergeschlagen.
    Gustav Bandilla und Grumbach hatten ihr Bündel schon seit Stunden geschnürt und auf seine Rückkehr gewartet.
    »Macht’s gut«, sagte der alte Mann und klopfte den Burschen auf die Schulter.
    »Unser Zug fährt in zwei Stunden«, sagte Warich. Der alte Mann setzte sich auf die Bank hinter den Tisch und legte seine Hände vor das Gesicht. Lange saß er so da. Dann sagte er, ohne die Hände sinken zu lassen: »Wie soll ich der Marie unter die Augen treten ohne den Jungen? Erst der Mann, dann der Sohn.«
    Wieder schwieg er lange. Dann hob er den Kopf und sagte entschlossen: »Ihr müsst aufbrechen, Warich, Lenski. Ich bleibe noch zwei Tage hier in Memphis. Wenn Luke in dieser Zeit nicht auftaucht, weiß ich noch nicht, was ich mache. Vielleicht komme ich doch noch nach St. Louis und suche ihn dort.«
    »Du solltest wirklich nach St. Louis fahren, Friedrich. Das solltest du wirklich tun«, redete Döblin ihm zu.
    Der alte Mann brachte Lenski und Warich zum Bahnhof.
    Er hoffte den Jungen vielleicht dort doch noch zu entdecken. Aber es war nichts von ihm zu sehen.
    Noch vor dem Abendessen spielte sich ein seltsamer Handel ab.
    »Ich zahle Ihnen für die Gespanne dreißig Dollar, Massa Bienmann«, sagte Jeremy.
    »Willst du damit zu Ben Norton nach Jackson zurück?«
    »Vielleicht, Massa Bienmann. Vielleicht aber mache ich ein Fuhrgeschäft auf. Mit Georgia zusammen müsste es gehen.«
    »Eine Frau auf dem Kutschbock?«, fragte der alte Mann verwundert.
    »Georgia schafft das. Außerdem hat sie von Massa Luke ein Abschiedsgeschenk bekommen. Das wird sie schützen.«
    »Das wird

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