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Der Lange Weg Des Lukas B.

Der Lange Weg Des Lukas B.

Titel: Der Lange Weg Des Lukas B. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Faehrmann
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trockne mir den Rücken ab.« Der Junge rieb, bis die Haut sich rötete. »Nach dem Frühstück geht es los«, sagte der alte Mann. Lenski brachte eine Rolle am Bugspriet an. Döblin baute mit Grumbach ein Stück des Schanzwerkes aus, damit der Neptun nicht angehoben zu werden brauchte, und Warich, Andreas Schicks und Franek Priskoweit halfen dem alten Mann die Figur vorsichtig auf ein Brett zu kippen, das auf kurzen Holzrollen ruhte. Leicht und langsam schoben sie das schwere Gewicht auf das Vorschiff, wobei Andreas und der Junge stets die Rollen, die am Ende des Brettes frei wurden, vorn wieder unter das Brett legten. Dann wurde Neptun in Schlaufen und Seile gelegt. Alle Zimmerleute fassten die Stricke. Einige blieben an Deck, Wilhelm Slawik und Hugo Labus saßen auf dem Bugspriet und Franek hatte sich sogar auf den Klüverbaum hinausgewagt, sich aber vorsichtshalber dort festgebunden. Sie wollten die Figur mit den Seilen außenbords in der Schwebe halten und sie langsam absenken, bis sie senkrecht unter der Rolle hing und der Bugspriet sie trug. Ganz vorsichtig schoben die Männer das Brett mit dem darauf liegenden Neptun durch die Lücke im Schanzwerk über die Bordkante hinaus, hoben das hintere Ende des Brettes an, bis die Figur zu gleiten begann. Zugleich zogen die Seilschaften ihre Taue straff. Ganz allmählich glitt der Neptun tiefer. Es gab einen Ruck, als er sich endgültig vom Brett löste, aber die Taue hielten das Gewicht. Der Meeresgott wiegte sich frei in den Seilen. Der alte Mann dirigierte seine Leute mit Handzeichen und kurzen Zurufen. Alles ging in großer Ruhe vor sich. Bald schwebte die schwere Last am Seil unter der Rolle.
    Der alte Mann stieg in die Lederschlaufe, hängte sich einen Beutel mit Holznägeln um und nahm sein Breitbeil in die Hand. Doch bevor er sich abseilte, sagte er: »Luke, komm du auch herunter. Vergiss dein Messer nicht. Du kannst mir zur Hand gehen und musst dein Zeichen noch einritzen.«
    Der Junge ließ sich von Döblin das Seil um den Leib knoten. Mathilde half dabei. Der Junge zischelte ihr zu: »Denk an das Logbuch. Jetzt ist die Gelegenheit günstig. Weißt ja, was sonst passiert.«
    »Das Meer soll dich verschlucken, du Läusebock«, verwünschte Mathilde ihn.
    »Rotkohl!«, fauchte der Junge.
    Döblin und Grumbach hielten das Seil und der Junge seilte sich ab, die Füße breitbeinig gegen die Bordwand gestemmt. Das war nicht so schwierig, wie er befürchtet hatte. Doch jedes Mal, wenn das Schiff den Bug tiefer ins Meer tauchte und Wasserberge rasend schnell heraufstiegen, war es dem Jungen, als würde sein Magen hochgedrückt.
    »Kommen lassen«, rief der alte Mann und zeigte Lenski, der das Kommando an der Rolle hatte, mit den Händen genau das Stück an, das Neptun niedersinken sollte.
    Ein langes Tau wurde herabgereicht. Der alte Mann legte es von vorn um die Figur und warf die Enden nach oben. Die Zimmerleute zogen die Schlaufe an. Allmählich rückte die Figur nahe an den Bug heran. Die breite, etwas konische Fuge, die der alte Mann in den Rücken der Figur geschlagen hatte, fügte sich genau in das von ihm vorbereitete Stück des Bugholzes. Neptun glitt hinein. Fest verkeilte der alte Mann die Figur. Die Bohrlöcher des Bugholzes und die der Figur saßen auf den Millimeter genau übereinander.
    »Da, Luke, schlage du die letzten Bolzen ein.«
    Der Junge trieb die Holznägel mit der Stumpfseite des Beils ein, bis sie am anderen Ende der Löcher herausragten.
    »Haltetaue einziehen!«, befahl der alte Mann. Die Figur war in den Schiffsbug eingepasst, als ob sie daraus hervorgewachsen wäre. Während die Matrosen und Passagiere Bravo schrien, schlug der alte Mann mit acht Beilhieben sein Zeichen in den Fuß der Figur. Der Junge ritzte an der anderen Seite sein Zeichen mit tiefen Kerben in das Holz. Der alte Mann schwang sich zu ihm hinüber und wollte sich ansehen, wie das Mal des Jungen im Holze aussah. Einen Augenblick verfinsterte sich sein Gesicht. Der Junge hatte neben seine Schnitte im Sechseck das Zeichen seines Vaters geritzt.
    »Na ja«, sagte der alte Mann, »er war ja der Erste, der an der Figur gearbeitet hat.« Dann rief er: »Hochziehen!«
    Die Zimmerleute hievten die beiden an Bord, aber gleich darauf packten sie den Jungen, schleppten ihn zum Großmast und pressten an der Stelle, wo noch vor zwei Stunden Neptun gestanden hatte, seinen Kopf seitlich an einen Holzblock. Franek hielt ihn mit seinen großen Händen fest. Der alte Mann trug ein feines,

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