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Der Lange Weg Des Lukas B.

Der Lange Weg Des Lukas B.

Titel: Der Lange Weg Des Lukas B. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Faehrmann
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das Schiff geschüttelt hat, heruntergefallen ist. Aber auf den glatten Schnitt durch den Leinenstreifen kann er sich keinen Reim machen. Er ist misstrauisch geworden.«
    »Ist mir gleich, Mathilde. Es steht vielleicht etwas von Vater im Logbuch. Was macht es schon aus, wenn du darin blätterst und danach suchst?«
    »Es macht mir viel aus. Ich will keinen Streit mit dem Kapitän.«
    »Meinst du, er heiratet dich?«
    Mathilde steckte den Kopf unter die Decke und lachte. »Vielleicht möchte er’s tun. Aber du vergisst, ich bin immer noch mit Piet verlobt.«
    »Ich werde Piet sagen, was ich gesehen habe.«
    »Untersteh dich, Bursche!« Mathilde hatte vor Schreck etwas lauter gesprochen.
    Warich rief unwillig: »Gebt Ruhe, ihr da. Es ist noch keine fünf Uhr und ihr quatscht schon herum. Wie soll man da schlafen können?«
    Der Junge flüsterte: »Wenn du nicht nachschaust, dann sag ich’s ihm.«
    »Erpresser!«, fauchte Mathilde. Sie drehte ihm den Rücken zu, aber einschlafen konnten beide nicht mehr.
    Genau um fünf Uhr schallte das Geschrei des ersten Steuermanns aus dem Mannschaftslogis herüber. Er weckte die Mannschaft morgens fast immer mit einem Spruch.

    »Rise, rise, seid keine Fürsten.
    Fangt endlich an das Deck zu bürsten.
    Rise, rise.«
    Acht Matrosen begannen mit ihrer Rein-Schiff-Arbeit, schrubbten das Deck und putzten die Messingbeschläge der Türen und Luken.
    Gegen sechs Uhr stand der Junge leise auf. Der harte Wind, der drei Tage lang die »Neptun« durch den Golf von Mexiko gejagt hatte, war merklich abgeflaut. Es wehte nur eine leichte Brise. Die Wellen schlugen längst nicht mehr so ruppig gegen die Bordwand und hatten ihre Schaumkronen abgesetzt. Ein klarer Morgen zog herauf. Der Himmel war durchsichtig und glasig blau. Am Horizont lagen ein paar dunkle Wolkenstriche, die an ihrer Unterseite von den ersten Sonnenstrahlen glutrot angeleuchtet wurden. Die Matrosen hatten das Deck verlassen. Nur der Rudergänger stand am Steuerrad und neben ihm der erste Steuermann.
    Der Junge fuhr mit dem Finger den Konturen seines Neptuns nach. Immer wieder war das Holz in den letzten Tagen mit Öl getränkt worden. Es fühlte sich kühl an. Schon kam die Figur dem Jungen fremd vor.
    »Heute wirst du einen besseren Platz erhalten«, sagte der Junge. »Vorn am Bug kannst du Ausschau halten und das Schiff um verborgene Klippen herumsteuern. Die Seeungeheuer musst du vertreiben, die neunarmigen Kraken, die riesige Seeschlange, den Mörderwal. Heute wirst du deinen Platz bekommen.«
    Broblow war unbemerkt hinter den Jungen getreten und redete ihn an: »Hätte ich euch nicht zugetraut, Junge. Eure Leute haben die alte ›Neptun von Danzig‹ ganz schön herausgeputzt. Und solch eine Galionsfigur wie diesen Wassergott musst du lange suchen zwischen Shanghai und Kopenhagen. Es fehlt nur die Farbe. Sie macht den Neptun erst richtig schön.«
    »Ja, Sir. Der Kapitän will ihn in Danzig bemalen lassen. Die Krone soll mit echtem Blattgold belegt werden und die Spitzen des Dreizacks auch.«
    »Jetzt könnten wir das Schlitzohr, den Charly, den verdammten Farbkleckser, gut gebrauchen. Der hätte das schon hingekriegt.«
    »Der Charly ist mein Vater«, entschlüpfte es dem Jungen.
    »Was du nicht sagst, Bürschchen«, staunte der Steuermann und schaute den Jungen zweifelnd an. »Ist wohl als Vorauskommando für eure Kolonne in die Staaten gesegelt, wie?«
    »Wir wissen nicht, wohin er gegangen ist.«
    »So, daher weht der Wind. Na, uns hat er ja auch an der Nase herumgeführt. In New Orleans ist er mir nichts, dir nichts verschwunden. Ich habe es geahnt und habe den Käpten gewarnt. Aber der hat angenommen, ich wollte dem Charly was, weil ich mal einen Streit mit ihm hatte. Hat mir doch der Charly einen Moses aus dem Mast geholt, den ich hinaufgeschickt hatte, um ihm die Hammelbeine lang zu ziehen. Verdammt, ich war so wütend, dass ich drauf und dran war, Charly mit ‘ner Pistolenkugel den Weg zurück aufs Deck zu zeigen. Deshalb dachte der Käpten, ich sehe schwarz. Dabei hab ich mit eigenen Ohren gehört, wie er dem Segelmacher gesagt hat, er wolle den Mississippi aufwärts und bis nach St. Louis. Dort kenne er Leute aus seiner Heimat.«
    »Vielleicht wollte er den Bruno Warich in St. Louis aufsuchen.«
    »Namen hat er nicht genannt, Junge. Aber frag den Segelmacher. Der muss es genauer wissen.«
    Das Deck belebte sich. Der alte Mann schüttete sich Meerwasser aus dem Bottich über den Körper und rief: »Komm, Luke,

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