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Der lange Weg nach Hause - The Long Road Home

Titel: Der lange Weg nach Hause - The Long Road Home Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danielle Steel
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Das erklärte er in seinem Testament. Nun würde sie nicht mehr arbeiten müssen und das Vermögen gewiss nutzen, um sich ausschließlich der Schriftstellerei zu widmen. Es würde ihr die nötige Sicherheit geben, und da er sie wie eine Tochter liebe und von ihrem Talent überzeugt sei, hoffe er's auf diese Weise zu fördern. Schließlich dankte er sämtlichen Mitbewohnern für ihre Freundschaft und wünschte ihnen alles Gute. Wie der Anwalt versicherte, war das Testament – mit Theodore Rawson Thomas unterzeichnet – ein juristisch einwandfreies Dokument.
    Als er verstummte, herrschte einige Sekunden lang tiefes Schweigen. Dann redeten alle durcheinander, atemlos vor Aufregung, gratulierten Gabbie und freuten sich aufrichtig über ihr Glück. Keiner beneidete sie darum. Auch Steve lächelte strahlend, und sie freute sich, weil er ihr das Erbe nicht missgönnte. Ebenso wie die anderen schien er zu glauben, sie hätte es verdient.
    »Jetzt werden Sie uns sicher verlassen und ein schönes Haus kaufen ...«, meinte Mrs Boslicki betrübt.
    »Seien Sie nicht albern!«, erwiderte Gabriella und umarmte sie. »Natürlich bleibe ich hier.«
    Alle staunten über den Reichtum des Professors. Davon hatten sie nichts geahnt und angenommen, er würde von seiner bescheidenen Rente leben. Nun verstand Gabriella, warum er sie so oft zum Dinner ausgeführt, wie sehr er sie geliebt und ihr Talent bewundert hatte. Dass sie ihm nicht mehr danken konnte, bedauerte sie zutiefst, und sie schwor sich, ihm die Großzügigkeit zu vergelten, indem sie ernsthaft eine schriftstellerische Karriere anstrebte.
    »Was nun, Prinzessin?«, wurde sie von Steve gehänselt. »Eine Limousine oder Ferien in Honolulu?« Grinsend legte er einen Arm um ihre Schultern.
    Jetzt würde sich einiges in ihrem Leben ändern. Finanzielle Probleme existierten nicht mehr. Wie gern würde sie Mutter Gregoria und den anderen Schwestern im St. Matthew's die wunderbaren Neuigkeiten erzählen ... Vielleicht lag in manchen Schicksalsschlägen ein verborgener Segen. Hätte die Oberin sie damals nicht weggeschickt, wäre sie dem Professor nie begegnet. Welch ein ereignisreiches Jahr ... Kaum zu glauben, dass seit ihrem Auszug aus dem Kloster erst zehn Monate verstrichen waren ... In diesem Juni hatte Theodore sein Testament abgefasst – so als hätte er seinen nahen Tod geahnt. Mrs Rosenstein war im Frühling erkrankt, während er selbst sich immer schlechter gefühlt und dabei offenbar das Bedürfnis empfunden hatte, seine Angelegenheiten zu regeln.
    An diesem Abend lud Gabriella alle Hausbewohner zum Dinner in ein erstklassiges Restaurant ein. Allerdings musste ihr Mrs Boslicki das Geld vorstrecken. Nach der Heimkehr ging sie ins Zimmer des Professors und inspizierte die Bibliothek, die sie geerbt hatte. Dazu gehörten zahlreiche schöne Bücher, auch die antiquarischen, ihr Weihnachtsgeschenk. Sie setzte sich an den Schreibtisch und sortierte die Papiere, die sich darauf stapelten. Dann begann sie die Schubladen zu durchsuchen. Zu ihrer Verwunderung fand sie eine Akte mit der Aufschrift »Steve Porter«. Die Mappe enthielt Kopien aller Briefe, mit denen er Steve eine Woche zuvor konfrontiert hatte – außerdem Theodores Briefe an die Yale- und die Stanford-Universität, an diverse Behörden und die Antwortschreiben. Atemlos vor Entsetzen studierte Gabriella das gesamte Material und lernte einen Mann kennen, der ihr völlig fremd war. Schweren Herzens las sie die Liste seiner Vergehen – hauptsächlich Betrug und Erpressung – und seiner diversen Haftstrafen. In mehreren Staaten hatte er das Vertrauen argloser Frauen erschlichen und sich ihr Vermögen angeeignet. Hin und wieder handelte er mit Drogen in kleinen Mengen. Wie sie dem Brief eines Sozialarbeiters entnahm, hatte Steve nicht einmal die Highschool abgeschlossen, geschweige denn in Yale oder Stanford studiert.
    Nun wusste sie, was in den letzten sieben Monaten mit ihr geschehen war. Gnadenlos und grausam hatte er sie ausgenutzt. Natürlich liebte er sie nicht. Alles Lüge ... Schon in seiner frühen Kindheit hatte er beide Eltern verloren. Danach war er bei verschiedenen Pflegeeltern und in staatlichen Waisenheimen aufgewachsen. Von seinem Vater, der im Vorjahr gestorben war, und von der kranken Mutter in Des Moines hatte er Gabriella nur erzählt, um ihr Mitleid zu erregen. Nicht einmal unter seinem richtigen Namen hatte er sich vorgestellt. Der Steve Porter, den sie gekannt und schließlich sogar zu lieben

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