Der lange Weg zur Freiheit
Befreiungskampf in unserem Lande geschlossen. Aufgrund des Drucks unserer gemeinsamen Verpflichtungen gegenüber dem ANC und dessen Kampf zur Beendigung der Apartheid konnten wir kein normales Familienleben führen. Trotz dieses Drucks nahmen unsere Liebe füreinander und unsere Hingabe an die Ehe zu und verstärkten sich…
Während der zwei Jahrzehnte, die ich auf Robben Island zubrachte, war sie eine unschätzbare Quelle von Hilfe und Trost für mich persönlich… Kameradin Nomzamo übernahm die beschwerliche Last, unsere Kinder allein aufzuziehen… Sie ertrug die Verfolgungen, welche die Regierung über sie verhängte, mit beispielhafter Standhaftigkeit und wurde in ihrer Hingabe an den Freiheitskampf niemals schwankend. Ihre Verläßlichkeit verstärkte meinen persönlichen Respekt, meine Liebe und wachsende Zuneigung. Ihre Haltung erregte auch die Bewunderung der Welt insgesamt. Meine Liebe zu ihr bleibt unverändert bestehen.
Doch angesichts der Spannungen, die in den letzten Monaten zwischen uns aufgrund von Differenzen über eine Reihe von Fragen entstanden sind, sind wir beide zu dem Schluß gekommen, daß eine Trennung für jeden von uns am besten ist. Mein Schritt hat nichts mit den derzeitigen Anschuldigungen zu tun, die in den Medien gegen sie erhoben werden… Kameradin Nomzamo kann sich nach wie vor auf meine uneingeschränkte Hilfe während dieser beschwerlichen Zeit in ihrem Leben verlassen.
Ich werde selbst niemals bereuen, daß Kameradin Nomzamo und ich versucht haben, ein gemeinsames Leben zu führen. Umstände jedoch, die sich unserer Macht entziehen, haben es erzwungen, daß wir uns trennen. Ich scheide von meiner Frau ohne Groll. Ich umarme sie mit all der Liebe und Zuneigung, die ich von dem Augenblick, da ich sie zum erstenmal sah, in und außerhalb des Gefängnisses für sie gehegt habe. Meine Damen und Herren, ich hoffe, Sie wissen den Schmerz zu würdigen, durch den ich gegangen bin.«
Vielleicht war ich blind gegenüber gewissen Dingen, blind infolge des Schmerzes, den ich empfand, weil ich meine Rolle als Ehemann meiner Frau und als Vater meiner Kinder nicht zu erfüllen vermochte. Doch wie ich überzeugt bin, daß das Leben meiner Frau während meiner Gefängniszeit aufreibender war als mein Leben, so glaube ich auch, daß meine Rückkehr für sie schwieriger war als für mich. Sie heiratete einen Mann, der sie bald verließ; dieser Mann wurde zu einem Mythos, und dann kehrte dieser Mythos heim und ließ erkennen, daß er letztlich nur ein Mann war.
Wie ich später zur Hochzeit meiner Tochter Zindzi erklärte, scheint es das Schicksal von Freiheitskämpfern zu sein, ein instabiles persönliches Leben zu führen. Wenn das Leben ein Kampf ist, wie es meins gewesen ist, bleibt wenig Raum für das Familienleben. Das habe ich immer am meisten bedauert, und es war der schwierigste Teil der Wahl, die ich getroffen hatte.
»Wir sahen unsere Kinder ohne unsere Anleitung aufwachsen«, erklärte ich am Hochzeitstag, »und als wir aus dem Gefängnis kamen, sagten mir meine Kinder: ›Wir dachten, wir hätten einen Vater, und eines Tages war er heimgekehrt. Doch zu unserer Enttäuschung kam unser Vater heim und ließ uns allein, weil er nun der Vater der Nation geworden war.‹« Der Vater einer Nation zu sein ist eine große Ehre, doch der Vater einer Familie zu sein ist eine größere Freude. Doch es war eine Freude, von der ich viel zuwenig verspürt hatte.
Im Mai 1992 hielt die Viel-Parteien-Konferenz nach viermonatiger Unterbrechung ihre zweite Plenarsitzung im World Trade Centre ab. Bekannt geworden als »CODESA 2«, waren diese Gespräche in Geheimtreffen von Unterhändlern sowohl des ANC und der Regierung wie auch in Unterredungen zwischen dem ANC und anderen Parteien vorbereitet worden. Diese Geheimtreffen kulminierten in einer letzten Sitzung zwischen mir und Mr. de Klerk, die am Tag vor der Eröffnung von CODESA 2 stattfand; es war das erste Mal seit der Zeit vor CODESA 1, daß wir zusammentrafen.
Nur Tage vor dem Termin, an dem CODESA 2 stattfinden sollte, war die Regierung von zwei Skandalen betroffen worden. Der erste bestand in der Enthüllung massiver Korruption und Vorteilsnahme im Ministerium für Entwicklungshilfe, das für die Verbesserung des Lebens von Schwarzen in den Homelands zuständig war; der zweite Skandal betraf die Verwicklung hoher Sicherheitsbeamter der Regierung in den Fall der Ermordung von vier UDF-Aktivisten von 1985. Unter den Ermordeten
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