Der lange Weg zur Freiheit
Schwarzer. 1991 waren die Schwarzen in der Mehrheit.
Unsere Planungsdelegation unter Leitung von Cyril Ramaphosa, zu der auch Joe Slovo und Valli Moosa gehörten, hatte in wöchentlichen Zusammenkünften mit der Regierung über Fragen der Wahlen, der Verfassung, der gesetzgebenden Versammlung und der Übergangsregierung diskutiert. Delegationen von 20 verschiedenen Parteien, darunter auch die Homeland-Regierungen, hatten sich bereits über die Grundregeln für die Konvention geeinigt.
Der Optimismus zu Beginn der Gespräche konnte selbst durch einige Störenfriede nicht gedämpft werden. Der PAC beschloß, die Gespräche zu boykottieren, und beschuldigte den ANC und die National Party der Verschwörung zur Bildung einer multirassischen Regierung. Dazu kam es, obwohl einen Monat zuvor eine Patriotische Front gebildet worden war, eine Allianz aus ANC, PAC und der Azanian People’s Organization (Organisation der Asiaten), die sich auf eine Deklaration der gemeinsamen Ziele geeinigt hatte. Der PAC fürchtete demokratische Wahlen, weil er wußte, eine solche Abstimmung würde seine magere Unterstützung im Volk offenbaren. Auch Häuptling Buthelezi boykottierte die Gespräche mit der Begründung, es seien ihm nicht drei Delegationen zugestanden worden: für die Inkatha, die Kwa Zulu-Regierung und König Zwelithini. Wir waren der Meinung, der König solle über der Politik stehen, und wenn er berücksichtigt würde, dann hätte jeder südafrikanische Stamm seinen obersten Häuptling entsenden können.
Die Atmosphäre im Welthandelszentrum war nicht nur geprägt vom historischen Augenblick, sondern auch von Selbstvertrauen. Anders als die Verhandlungen, die der Neuaufteilung afrikanischer Staaten wie Simbabwe und Angola vorausgingen und die ausländische Vermittler erforderten, versuchten wir in Südafrika unsere Differenzen unter uns beizulegen. Mr. de Klerk sprach über die Notwendigkeit einer »die Macht teilenden« Übergangsregierung auf demokratischer Grundlage. Der Chefdelegierte Her National Party bei den Gesprächen, Dawie de Villiers, schwang sich sogar zu einer Verteidigung der Apartheid auf.
In meinen Eingangsbemerkungen erklärte ich, mit Anbruch der CODESA sei der Fortschritt in Südafrika von nun an unumkehrbar geworden. Regierungen bezögen ihre Autorität und Legitimität vom Konsens der Regierten, erklärte ich, und wir hätten uns hier versammelt, um eine solche legitime Autorität herzustellen. Die CODESA bezeichne den Beginn des Weges zu einer gewählten Nationalversammlung, die eine neue Verfassung aufsetzen werde, und ich sähe keinen Grund, warum die Wahl zu einer solchen gesetzgebenden Versammlung nicht 1992 stattfinden könne. Ich forderte die Regierung auf, eine Interimsregierung der nationalen Einheit zu etablieren, die eine solche Wahl überwachen, die staatlichen Medien und das Militär kontrollieren und allgemein den Übergang zu einem neuen nichtrassistischen, demokratischen Südafrika beobachten solle.
Am ersten Konventionstag brachte der größte Teil der teilnehmenden Parteien, darunter die National Party und der ANC, eine Absichtserklärung auf den Weg, die alle Parteien verpflichtete, ein ungeteiltes Südafrika zu unterstützen, dessen oberstes Gesetz eine von einem unabhängigen Gerichtswesen gehütete Verfassung sein werde. Das Rechtswesen des Landes werde Gleichheit vor dem Gesetz garantieren, und eine Bill of Rights (Grundgesetz), die zu schaffen wäre, solle die bürgerlichen Freiheiten schützen. Kurz, es werde eine Viel-Parteien-Demokratie geben, auf der Grundlage eines allgemeinen Wahlrechts und gemeinsamer Wählerlisten. Soweit es uns betraf, war dies das Minimum an akzeptierbarer Verfassungsgrundlage für ein neues Südafrika. Die Inkatha lehnte die Unterzeichnung mit der Begründung ab, die Formulierung »ungeteiltes« Südafrika impliziere, daß ein föderales System tabu sei.
Die Konvention bildete fünf Arbeitsgruppen, die zu Beginn des Jahres 1992 zusammentreten sollten, um die zweite Runde der für Mai 1992 geplanten CODESA vorzubereiten. Die Gruppen sollten sich mit folgenden Fragen beschäftigen: Schaffung eines freien politischen Klimas, die Zukunft der Homelands, die Neukonstruktion des südafrikanischen Rundfunks, die Prüfung der verschiedenen Verfassungsprinzipien wie Föderalismus sowie Schaffung und Einsetzung einer Übergangsregierung. Die Parteien kamen überein, Beschlüsse sollten mit »ausreichendem Konsens« gefaßt werden, eine Formulierung, die
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