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Der langsame Walzer der Schildkroeten

Der langsame Walzer der Schildkroeten

Titel: Der langsame Walzer der Schildkroeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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Geräusch? Sie sollten sich lieber mal überlegen, wie das klingt, denn Sie werden es wahrscheinlich bald zu hören bekommen …«
    Das war die Wahrheit. Shirley hatte ihr erzählt, wie gut dieser Zachary mit dem Messer umgehen konnte, wie er diejenigen kaltmachte, die versuchten, ihn einzuschüchtern oder übers Ohr zu hauen. Er stach sie ab, ohne mit der Wimper zu zucken. Durchbohrte sie, und sie fielen um wie ein Sack. Sie hatte ihr und Gary auch erzählt, wie einer dieser Männer sich gerächt und Zacharys Tochter über den Haufen gefahren hatte. Jetzt saß das Mädchen im Rollstuhl. Zachary war noch irrer geworden als früher, noch gewalttätiger, noch verbissener bei seiner Jagd nach Männern, die er in Stücke schneiden konnte.
    Der Würfel wankte. Seine Schläge wurden immer unpräziser. Mittlerweile konnte sie sie aushalten.
    »Und Diana, sagt Ihnen das was, Diana? Der Alma-Tunnel? So werden Sie auch enden. Denn ich kenne Ihre Namen. Ich habe sie meinem Freund gegeben, für den Notfall … Ich konnte Sie von Anfang an nicht ausstehen. Ich bin vielleicht ein Mädchen, aber ich bin nicht blöd. So was gibt’s, glauben Sie mir. Knallharte, clevere Mädchen! Und jetzt sind Sie an die Falsche geraten. Dumm gelaufen! Und über Agathe werden sie Sie auf jeden Fall finden … Sie sind mit ihr zusammen auf den Überwachungsbändern in den Klubs. Das hat mir mein Freund erzählt. Und er hat mir auch gesagt, dass ich mich von Ihnen fernhalten soll. Er hatte recht. Verdammt recht hatte er! Und je später es heute Abend wird, desto mehr fragt er sich, wo ich bin, warum ich nicht anrufe. Ich wäre jetzt nicht gern an Ihrer Stelle …«
    Sie konnte nicht mehr aufhören zu reden. Das hielt sie aufrecht. Sie fixierte das gelbe Handtuch, klammerte sich daran fest, um das Weiß auszulöschen. Sie hatte keine Angst mehr. Das Gute an Schmerzen ist, dass man sie nach einer Weile nicht mehr spürt. Sie sind bloß noch ein leiser Widerhall, ehe sie sich in der Masse auflösen. Einer großen Masse, die sich bei jedem Schlag etwas anhebt, aber die man nicht mehr spürt.
    Sie lachte laut auf und spuckte ihn erneut an.
    Er legte den Gürtel weg und ging hinaus.
    Sie sah sich um. Eines ihrer Augen war dermaßen zugeschwollen, dass sie nichts mehr erkennen konnte, nicht einmal mehr zwinkern konnte, ohne das Gesicht zu verziehen, aber das andere funktionierte noch. Sie hatte das Gefühl, in einer Dose eingesperrt zu sein. Einer weißen, feuchten Dose. Sie blieb stehen. Falls er zurückkäme. Berührte ihr mit Blut, Tränen und Schweiß verklebtes Gesicht. Leckte mit der Zunge darüber, die Masse war dickflüssig und zäh. Schluckte das salzige Wasser in ihrer Kehle herunter. Wahrscheinlich berieten sie gerade im Zimmer nebenan. Der Würfel wiederholte alles, was sie herausgepresst hatte. Der Geheimdienst Ihrer Majestät? Zachary Gorjiack, den Namen mussten sie kennen.
    Es machte ihr nichts aus, dass sie übel zugerichtet war. Ihretwegen konnten sie ihr auch den Zeh abschneiden, wenn sie unbedingt wollten. Wachsen die Dinger nach? Sie hatte gelesen, dass die Leber nachwächst, also musste ein Zeh doch wohl auch nachwachsen.
    Sie stolperte ans Becken. Drehte die Wasserhähne auf. Besann sich eines Besseren. Sie könnten wiederkommen, womöglich brachte sie das auf Ideen. Kopf unter Wasser, bis du erstickst, oder so etwas. Und dann war sie nicht mehr so sicher, ob sie ihnen standhalten könnte. Sie sah sich um. Entdeckte einen Riegel an der Tür. Schob ihn vor. Beugte sich übers Becken und wusch sich das Gesicht. Das Wasser war eiskalt. Es tat so weh, dass sie beinahe aufgeschrien hätte.
    Da bemerkte sie das Fenster über der Wanne. Ein kleines, weißes Fenster. Leise öffnete sie es. Es ging auf eine Terrasse hinaus. Die Schweine wohnten in einer schicken Gegend mit blumengeschmückten Terrassen.
    Sie zog sich zum Fenster hoch, schob ein Bein hindurch, dann das zweite, schlüpfte hinaus, landete weich, schlich im Dunkeln zur Nachbarterrasse, dann zur nächsten und wieder zur nächsten, und erreichte schließlich die Straße.
    Sie drehte sich um und notierte die Adresse.
    Dann winkte sie ein Taxi heran. Verdeckte ihr Gesicht, damit der Fahrer nicht erschrak, wenn er sie sah. Sicher der reinste Picasso aus der durchgeknallten Periode.
    Das Taxi hielt an. Sie nannte Garys Adresse und verzog vor Schmerz das Gesicht: Ihre Oberlippe war weit aufgeplatzt. Der Spalt war so groß, dass beinahe ihr Finger hineinpasste.
    Scheibenkleister!, stöhnte

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