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Der langsame Walzer der Schildkroeten

Der langsame Walzer der Schildkroeten

Titel: Der langsame Walzer der Schildkroeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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von mir ab.
    Ich äußere eine Tatsache, die Worte sind da, ich spreche sie laut aus, aber es fehlen Emotionen, die ihnen Farbe verleihen. Luca hört sie nicht. Er kann sie gar nicht hören. Es sind die Worte einer Toten, die vor langer Zeit gestorben ist.
    Ich bin diese Tote, die ihren Worten alle Farbe raubt. Die ihrem Leben alle Farbe raubt.
    Seit jenem Tag, als meine Mutter entschied, Iris zu retten.
    An jenem Tag hat sie mich aus ihrem Leben gestrichen. Es war, als sagte sie mir: Du bist es nicht wert, zu existieren, also existierst du auch nicht.
    Und ich, das kleine siebenjährige Mädchen, das im eisigen Wasser zittert, bin fassungslos. Wie benommen von dieser Geste, diesem Ellbogen, der sich aus dem Wasser hebt und mich in die Wellen zurückstößt.
    An jenem Tag bin ich gestorben. Ich wurde zu einer Toten hinter der Maske einer Lebenden. Ich handle, ohne je eine Verbindung herzustellen zwischen mir und dem, was ich tue. Ich werde ein Schatten.
    Alles gleitet von mir ab.
    Als ich es schaffe, aus dem Wasser herauszukommen, als Papa mich in seinen Armen davonträgt und Maman als Kriminelle beschimpft, rede ich mir ein, dass sie gar nicht anders handeln konnte, dass sie uns nicht beide hätte retten können. Und da hat sie eben Iris gewählt. Ich lehne mich nicht auf. Ich finde das normal.
    Alles gleitet von mir ab. Ich fordere nichts ein. Ich nehme nichts in Anspruch.
    Ich werde zum höheren Schuldienst im Fach französische Literatur und Altphilologie zugelassen. Ach ja …?
    Ich werde ins CNRS aufgenommen, als eine von drei erfolgreichen Kandidaten aus hundertdreiundzwanzig Bewerbern. Ach ja …?
    Ich heirate, werde eine hingebungsvolle, sanfte Ehefrau, der die zerstreute Liebe ihres Mannes entgleitet.
    Er betrügt mich? Kein Wunder, es geht ihm schlecht. Mylène steht ihm bei, tröstet ihn.
    Ich habe keine Rechte, nichts gehört mir, denn ich existiere nicht.
    Aber ich tue immer weiter so, als wäre ich lebendig. Eins, zwei, eins, zwei. Ich schreibe Aufsätze, halte Vorträge, ich publiziere, ich bereite meine Habilitation vor, bald bin ich Professorin, dann habe ich den Gipfel meiner Karriere erreicht. Ach ja …?
    Das bringt in mir nichts zum Klingen, es schenkt mir keine Freude.
    Ich werde Mutter. Ich bringe eine Tochter zur Welt, dann eine zweite.
    Erst da regt sich etwas in mir. Ich entdecke das Kind in mir wieder. Das kleine zitternde Mädchen am Strand. Ich nehme es in die Arme, wiege es, küsse seine Fingerspitzen, ich erzähle ihm vor dem Einschlafen Geschichten, ich wärme seinen Honig an, ich schenke ihm all meine Zeit, all meine Liebe, all meine Ersparnisse. Ich liebe es. Nichts ist schön genug für das kleine Mädchen, das mit sieben Jahren starb und das ich mit liebevollen Küssen wieder zum Leben erwecke.
    Meine Schwester bittet mich, ein Buch zu schreiben, das sie unter ihrem Namen veröffentlicht. Ich willige ein.
    Das Buch wird ein Erfolg. Ach ja …?
    Es schmerzt mich, als sie es mir entreißt, aber ich protestiere nicht.
    Als meine Tochter Hortense im Fernsehen aller Welt die Wahrheit verkündet, als sie mich unvorbereitet ins Scheinwerferlicht stößt, tauche ich unter, ich will nicht, dass man mich sieht, ich will nicht, dass man mich kennt. Es gibt nichts zu sehen, nichts zu kennen: Ich bin tot.
    Nichts kann mich wirklich treffen, denn an jenem Tag, in den tosenden Wellen des Atlantiks, habe ich aufgehört zu existieren.
    Ich bin tot. Ich bin Statistin in meinem eigenen Leben.
    Sie schaute hoch zu den Sternen. Die Milchstraße flackerte in tausendfach schillerndem Glanz.
    Sie nahm sich vor, weiße Kamelien zu kaufen. Sie liebte weiße Kamelien.
    »Shirley?«
    »Joséphine!«
    Aus Shirleys Mund klang ihr Name wie ein Fanfarenstoß. Sie stützte sich auf der ersten Silbe ab, erhob sich in die Lüfte und zeichnete wahre Klangarabesken: Joooséphiiine! Dann musste man sich ihrem Tonfall anpassen, wollte man nicht einem regelrechten Verhör unterzogen werden: »Was ist denn los? Stimmt was nicht? Geht’s dir nicht gut? Du verheimlichst mir doch etwas …«
    »Shiiiirley! Du fehlst mir! Ich flehe dich an, komm doch zurück nach Paris. Ich habe jetzt eine große Wohnung, hier ist genug Platz für dich und dein Gefolge.«
    »Im Moment gibt es keinen in Liebe entflammten Verehrer. Ich trage einen Keuschheitsgürtel. Enthaltsamkeit ist meine Lust!«
    »Dann komm doch erst recht…«
    »Kann durchaus sein, dass ich demnächst einen kleinen Ausflug zu den arroganten Fröschen unternehme und bei

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