Der Lauf in die Vergangenheit: Teil 1 (German Edition)
reinigen konnte. Ebenso lag eine Art Kamm mit kurzen Borsten auf der Ablage, die zur Reinigung der Zähne diente. Da ich diese schon seit einigen Tagen nicht mehr geputzt hatte, nahm ich die Gelegenheit dankend wahr. Man gab mir Öle, Tücher und neue Kleidung in die Hand und ließ mich allein. Inzwischen wickelte Achtef offenbar einige vorbereitete Geschäft ab, denn er sah zufrieden aus, als ich wieder in den Wohnbereich kam.
Er lächelte und meinte, so was wie: „Nun siehst du wieder wie ein Gott aus.“
Er bat mich an den gedeckten Tisch und ich nahm mir etwas auf den vor mir stehenden Teller. Den ganzen Tag an der frischen Luft zu sein verursachte bei mir einen großen Appetit. Ich aß, während sich Achtef und sein Geschäftspartner ausgiebig unterhielten, und grinste über die älteste Tochter. Sie stand am Türrahmen, schaute mich ständig an und flüsterte immer wieder mit ihrer Schwester. Anscheinend hatten sie sich in meine hellen Haare verliebt, denn sie griffen sich immer wieder in ihre Haare und zeigten dabei auf mich. Ich versuchte unbemerkt zu schmunzeln, um den Hausherrn nicht zu beleidigen.
Nach fast einer Stunde verabschiedeten wir uns und Achtef schob mich recht schnell in Richtung des Schiffes, um nicht aufzufallen. Eine weitere Stunde mussten wir auf dem Schiff ausharren, bis es vollständig beladen war und am frühen Nachmittag brachen wir endlich auf und fuhren weiter flussabwärts. Achtef begann wieder mit seinem Unterricht und erklärte mir auch, dass er jede Minute ausnutzen musste. Wir hatten bis zur Ankunft nur noch wenige Tage Zeit und ich sollte bis dahin soweit geschult sein, um den Pharao einigermaßen verstehen zu können. Also setzte ich mich wieder auf das Deck zwischen einige Säcke und versuchte mich beim Lernen nicht durch das rege Treiben ablenken zu lassen. Achtef führte den Unterricht fort. Durch die guten Erklärungen und die genauen Aufschriften von Achtef, konnte ich mir alles sehr gut einprägen. Nach und nach schaffte ich es, vollständige und auch fehlerfreie Sätze zu sprechen. Mein Notizbuch half mir dabei aufgeschriebenes abends nochmals nachzulesen. Um die Aussprache korrekt wiederzugeben, hatte ich mir die Lautschrift neben den einzelnen Wörtern notiert.
Immer wieder schaute ich über die Reling und war überrascht, wie grün es auf beiden Seiten des Nils war, denn in Google Earth sah der grüne Streifen immer recht schmal aus. Der Kapitän navigierte das Schiff schnell wieder in die Strömung und hielt den Kurs in der Mitte des Flusses. Die weiten Weizenfelder und hunderte von Obstbäumen waren immer öfters zu sehen. Auf der rechten Seite, gute fünf Kilometer entfernt, konnte man die ersten Berge der Sinaihalbinsel sehen. Wie ein sandfarbener Streifen lagen sie am Horizont. Erneut in Gedanken versunken, dachte ich an Carrie und Frank. Dann fragte ich mich, was mich wohl in Memphis erwarten würde und stellte man mich wirklich dem Pharao vor? Der Gedanke kam mir so irrwitzig vor, als würde ich morgen die Queen von England zum Lunch treffen und die Beatles würden dazu musizieren. Der Wind streichelte sanft mein Gesicht und Achtef weckte mich mit einem sanften Stoß aus meinen Tagträumen, in dem er sich neben mich setzte und aufforderte weiter zu lernen. Wir übten fast sechs Stunden und Achtef zeigte erneut seine erstklassigen Eigenschaften als Lehrer. Mit einer Geduld, die auf mich schon fast unheimlich wirkte, erklärte er mir alles in Ruhe, verbesserte mich und ließ mich die Wörter und Sätze ständig wiederholen.
Ich schaute in einer Pause kurz auf die Uhr, die noch im Rucksack lag und war überrascht, dass es schon fast 17 Uhr war. Ich hatte keine Ahnung, wo wir uns nun befanden. Achtef hatte sich zwischendurch mit dem Kapitän unterhalten, der ihm andeutete, dass wir ohne Verspätung unser Ziel erreichen würden. Die vorher noch kleinen Hügel waren näher gekommen und der Verkehr auf dem Nil war weniger geworden. Mehr fiel mir nicht auf, während ich noch ein paar Notizen auf meinem Zettel machte. Gestärkt durch mein Intensivtraining sprach ich zu Achtef, zwar etwas holprig aber nun die ersten vollständigen Sätze. Er verbeugte sich tief, strahlte mich an.
„ Ich bin stolz auf dich. Du machst große Fortschritte. Man merkt das du von den Sternen kommst.“
Er verbeugte sich wieder und zog sich zurück. Das waren genau die Sätze, die mich verwirrten, denn immer sprachen sie von mir, als ob ich wie ein Außerirdischer von den Sternen sei.
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