Der Lauf in die Vergangenheit: Teil 1 (German Edition)
ich bisher nur im TV gesehen hatte, waren nichts gegen dieses Horrorszenario, das ich am eigenen Leibe erleben musste. Die Welle nahm alles mit und man hörte das Brechen der Wassermassen am Bergrand. Auf der anderen Seite konnte man, bedingt durch die schlechte Sicht, nur erahnen, wie der Schlamm von der Welle vor sich hergeschoben wurde und alles zermalmte. Dass, was sich hier vor mir auftat, war der blanke Horror. Die Soldaten Nofretetes, die sich fast alle in Mitten des Schilfmeeres befanden, hatten nun auch registriert, dass sie entweder weiter zum anderen Ufer reiten oder sofort umkehren mussten, um von der Wellenwand nicht überrollt zu werden. Die meisten der Kemer aus unserem Zug waren auf der Anhöhe angekommen und fielen zum Teil erschöpft auf den Boden. Wie zu einer Salzsäule erstarrt, sah ich nun, die Welle alles vernichtete und nichts vor ihr sicher war. Die gegnerischen Reiter waren nun ein Spielball der Natur geworden und auch die liegengebliebenen Wagen wurden von der Welle völlig zerfetzt. Viele aus unserem Zug wurden von der Strömung weggerissen. Das Wasser stieg unaufhörlich und Echnaton wurde kreidebleich im Gesicht. Er spürte meine Nervosität und trieb die Pferde wieder an, die sich nur mühsam erneut vorwärts bewegten. Voller Angst schaute ich nach hinten, wie das Wasser allmählich immer höher stieg. Auf der ehemals anderen Seite war kein Reiter mehr zu sehen. Alles war vernichtet und überschwemmt worden. Echnaton trieb nun noch mehr die Pferde an und schlug verzweifelt die Peitsche in die Luft. Nachkommende Menschen versuchten unseren Wagen von hinten mit anzuschieben. Auch ich war nun abgesprungen und versuchte am Geschirr der Pferde zu ziehen. Und dann, ganz langsam aber stetig bewegten wir uns wieder vorwärts. Das Tosen des Wassers wurde immer lauter und ich bekam Angst, vielleicht doch noch weggespült zu werden. Um uns herum schrien die Menschen und ich verlor immer mehr den Überblick. Thutmosis hatte ich endgültig aus den Augen verloren. Möglicherweise war er schon oben auf dem Plateau, aber das war im Moment reine Spekulation. Hektisch schaute ich mich um, in der Hoffnung, dass das Wasser nicht mehr stieg. Und endlich, als keiner mehr daran glaubte, wir alle die Hoffnung langsam aufgeben wollten, stoppte der Wasserstrom und der Pegel fiel langsam zurück. Wir ließen uns vor Erschöpfung auf den Boden fallen. Viele fingen an zu beten, viele begannen einfach nur vor Anspannung an zu weinen. Ich schaute müde in die Ferne, um zu sehen was aus unserem Treck noch übrig war. Völlig verdreckt und innerlich aufgewühlt, dass so viele Menschen hatten sterben müssen, stütze ich mich ab. Echnaton, auf einem hohen Stein stehend versuchte die kreischende Menge wieder zu beruhigen. Er war mit seiner Kraft sichtlich am Ende. Es waren nach ersten Schätzungen fast 1000 Menschen umgekommen. Von den ganzen Holzwagen war fast die Hälfte verschwunden und von den mitgenommenen Tieren war der grösste Teil nicht mehr am Leben oder sie rannten verwirrt in der Umgebung herum. Die Menschen waren traumatisiert, lagen weinend auf dem Boden. Auf dem Plateau sah ich, wie Thutmosis sich neben Echnaton auf den Steinblock stellte.
Er hob den Stab in die Luft und schrie mit fester Stimme: „Hört mich an! Seid ruhig!“
Die Menge, gezeichnet durch das erlebte, wurde schlagartig still.
„ Wir leben. Wir haben uns gerettet. Unser Gott hat uns den richtigen Weg gezeigt und Tom hat uns durch seine Weisheit gerettet. Leider haben wir viele unsere Brüder und Schwestern verloren. Wir müssen aber in unserer Trauer trotzdem Ruhe bewahren und Stärke beweisen. Die Truppen des Pharaos sind vernichtet und wir brauchen uns nicht mehr zu fürchten. Wir rasten und ruhen uns hier aus. Versuchen wir uns zu sammeln und alles neu zu organisieren. Wir haben die Lade gerettet und auch das Wissen unserer Vorfahren. Wir sind gerüstet um auch weitere Schwierigkeiten zu bestehen“.
Die Menge sichtlich beruhigt, löste sich langsam auf und die Menschen bauten sich mit den Resten ihres Hab und Gut ein Lager auf. Ich saß nur da und schaute still in den noch immer wolkenverhangenen Himmel. Es war ein seltsames Gefühl das Erlebte zu beschreiben und mir wurde nun langsam bewusst, was wirklich passiert war. Müde und verdreckt stand ich auf. Ich orientierte mich und ging anschließend langsam auf Thutmosis zu. Eines fiel mir aber sofort auf, derjenige den ich sofort vermisste war Weresch-nefer, den ich seit zwei Tagen
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