Der Lavendelgarten
rief er. »Sie sind spät dran. Haben Sie den Flug verpasst?« Er saß mit einem Buch auf dem Sofa.
»Nein. Ich war in London.«
»Was ist passiert?«, fragte er besorgt.
»Ich wollte Ihnen sagen, dass ich morgen nach Frankreich zurückfliege und mich, so schnell es geht, von Sebastian scheiden lasse.«
»Aha. Gibt’s einen bestimmten Grund?«
»Ich habe heute in London seine langjährige Geliebte kennengelernt und mit eigenen Augen die Bettenaufteilung gesehen.«
»Verstehe. Soll ich uns den Brandy holen?«
»Ich mach das schon.«
Emilie marschierte in die Küche und kehrte mit der Flasche und zwei Gläsern zurück. »Wussten Sie von ihr?«, fragte sie, als sie den Brandy einschenkte und ihm ein Glas reichte.
»Ja.«
»War Ihnen auch klar, dass die Geschichte nach unserer Heirat weiterging?«
»Ich habe es mir gedacht, als er so oft nach London gefahren ist und Sie nicht mitgenommen hat, war mir aber nicht sicher.«
»Warum haben Sie nichts gesagt, Alex? Ich dachte, wir sind Freunde!«
»Emilie, bitte, das ist nicht fair! Sebastian hat mich Ihnen doch als Lügner und Betrüger beschrieben, der ihm nur Böses will. Glauben Sie, Sie hätten mir geglaubt?«
»Nein.« Emilie nahm einen großen Schluck Brandy. »Sie haben recht. Sorry.« Sie legte die Finger an die Stirn. »Es war ein anstrengender Tag.«
»Sie sind wirklich Weltmeister im Untertreiben.« Alex lachte spöttisch. »Weiß Sebastian, dass Sie seiner Freundin einen Besuch abgestattet haben?«
»Seit London ist mein Handy aus, also kann ich Ihnen das nicht beantworten.«
»Haben Sie Bella verraten, wer Sie sind?«
Emilie sah Alex erstaunt an. Dass er sogar ihren Namen kannte … »Nein. Ich habe gesagt, dass ich ihr einen Auftrag erteilen will, und sie hat mich gebeten, meinen Namen, meine Adresse und meine Telefonnummer aufzuschreiben. Das habe ich getan. Sie hat versprochen, ihm den Zettel zu geben, wenn er … nach Hause kommt.«
»Super, Em!« Ihm kamen vor Lachen die Tränen. »Sorry, falsche Reaktion. Das war ein Meisterstück. Und so typisch für Sie: subtil, elegant, einfach perfekt. Können Sie sich Sebs Gesicht vorstellen, wenn Bella ihm den Zettel mit Ihrem Namen und Ihrer Telefonnummer gibt?«
»Alex«, seufzte Emilie. »Das ist mir egal. Ich will nur so bald wie möglich dieses Haus verlassen und nach Frankreich zurück.«
»Ja, natürlich. Wie Sie sich vielleicht denken können, befinde ich mich seit Ihrer Ankunft hier in der Zwickmühle. Ich habe geglaubt, endlich hätte Seb jemanden gefunden, den er lieben kann.«
»Falls er überhaupt jemanden außer sich selbst lieben kann, dann Bella. Sie ist schön und hat Talent. Wenn sie nicht die Geliebte meines Mannes wäre, würde ich ernsthaft überlegen, mir etwas von ihr malen zu lassen.« Emilie brachte ihr erstes, wenn auch grimmiges Lächeln an jenem Tag zustande. »Kennen Sie sie?«
»Ja. Vor Ihrer Hochzeit ist sie manchmal am Wochenende hierhergekommen.« Alex musterte sie. »Em, Sie sind wirklich erstaunlich. Wie schaffen Sie das nur alles?«
»Ganz einfach.« Sie zuckte mit den Achseln. »Sebastian ist nicht mehr der Mann, in den ich mich einmal verliebt habe. Die Gefühle, die ich in Frankreich für ihn hatte, sind verschwunden.«
»Hut ab, obwohl ich Ihnen nicht so ganz glaube. Am liebsten würde ich Seb eigenhändig erwürgen, dass er jemanden wie Sie ziehen lässt.«
»Danke.« Sie senkte verlegen den Blick. »Eine Frage hätte ich noch, bevor ich mich verabschiede.«
»Und zwar?«
»Warum hat Ihr Bruder mich geheiratet ? Was erhofft er sich von mir, das er nicht von Bella bekommen kann? Sie stammt doch auch aus einer wohlhabenden Familie.« Emilie schüttelte den Kopf. »Ich begreife das nicht.«
»Tja, Em …« Alex seufzte. »Die Antwort liegt wie so oft auf der Hand. Sie haben Sie sogar schon gesehen.«
»Habe ich das?«
»Ja, aber höchstwahrscheinlich nicht gemerkt. Soll ich Sie wirklich aufklären?«
»Ja! Morgen reise ich ab. Meine Ehe ist gescheitert.«
»Na schön.« Alex nickte. »Aber erwarten Sie ab sofort keinerlei Rücksicht mehr.«
»Soll mir recht sein.«
»Gut. Kommen Sie mit.«
Alex schaltete das Licht in dem kleinen Büro ein, in dem Sebastian arbeitete, wenn er zu Hause war, fuhr zum Bücherregal, schob die Hand unter ein Buch und zog einen Schlüssel hervor. Dann rollte er zu Sebastians Schreibtisch und schloss eine Schublade auf, aus der er eine Mappe nahm und Emilie reichte.
»Beweisstück A. Nicht anschauen, bis ich Ihnen die
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