Der Leberwurst-Mörder
enttäuschte Frau Liane aufgesucht haben könnte, es zum Streit kam und dann ...
Die alte Dame unterbricht sie.
»Ich versteh die Welt nicht mehr«, ruft sie laut in den Raum. »So wunderhübsche, kluge Frauen, wir ihr zwei es seid, finden keinen Mann. Und Liane gibt sich als Mann aus, nur um für die Kätzchen ein neues Zuhause zu finden.« Dann senkt sie den Blick, als ob sie noch etwas hinzufügen wollte, und fährt fort: »Irgendeine unglückliche Person bringt Liane einfach um.« Wieder schüttelt sie den Kopf, sodass die kleinen grauen Löckchen wackeln: »Und draußen geht das Leben weiter, als ob nichts passiert wäre.«
Ich gebe ein leises Bellen von mir. Die Sonne geht gerade unter und taucht die ganze Welt in blutrotes Licht. Ich liebe Sonnenuntergänge!
Jule erzählt Karoline auch, was Paula über die leeren Seiten in Lianes Kalender berichtet hatte. »Weißt du, ob sich in Lianes Leben irgendetwas geändert hatte? War sie krank? Wollte sie verreisen oder den Job wechseln?
Karoline schüttelt den Kopf. »Nein, ich weiß nichts. Wirklich. Sie hatte es doch so gut hier, und sie liebte ihre Arbeit im Tierheim.« Wieder schüttelt sie den Kopf. »Das müsst ihr mir glauben.«
Komisch, ich mag die alte Dame wirklich sehr. Aber plötzlich kribbelt es in meinem Hundebauch, und ich habe so ein Gefühl, als ob sie nicht ganz die Wahrheit sagt.
»Es ist doch seltsam, dass sie plötzlich nichts mehr in ihren Kalender eingetragen hat«, findet auch Mara. »Vorher waren die Seiten voller Termine – und plötzlich gar nichts mehr.«
[home]
Kapitel 8
Lianes Wohnung
Jule schluckt. »Ich bekomm das Bild nicht aus dem Kopf, wie sie dort oben in ihrem Flur gelegen hat. Tot.«
»Weißt du was?« Mara hat eine Idee, denn sie schaut Jule ganz aufgeregt an. »Vielleicht sollten wir uns einfach kurz in der Wohnung umsehen. Karoline, du hast doch sicher noch den Schlüssel?«
Die alte Dame nickt, aber ich sehe auch etwas Verunsicherung in ihrem Blick.
»Nein, nein.« Jule schüttelt den Kopf. »Wir können da nicht einfach rein. Außerdem hat die Polizei die Wohnung doch bestimmt versiegelt?«
Ich kenne Jule gut genug, um zu erkennen, dass sie einerseits neugierig ist und in die Wohnung möchte, andererseits Angst davor hat.
»Doch, doch, da war ein Siegel.« Karoline weiß genau Bescheid. »Die Leute von der Kripo waren zwischendurch noch öfter hier. Der Kommissar Patullek immer vorneweg, dieser unangenehme Mensch. Hat meine armen Katzen ein paar Mal erschreckt, weil er jedes Mal an meiner Wohnungstür Sturm läutete. Dabei hatte er am Montag im Präsidium doch schon so viele Fragen gestellt.«
»Was wollte er denn jetzt noch wissen?« Jule schaut neugierig, nun doch vom Jagdfieber gepackt.
»Na, zum Beispiel, wie lange Liane hier schon wohnte, ob sie ihre Miete immer pünktlich gezahlt hat oder Schulden hatte. Ich hab ihm gesagt, dass die Liane ein sehr korrekter und vertrauenswürdiger Mensch war. Es ist ja mein Haus, wisst ihr, und da schaue ich mir schon genau an, wen ich hier einziehen lasse. Liane wohnt …«, sie seufzt traurig und korrigiert sich, »… wohnte hier seit drei Jahren und war ein grundehrlicher Mensch. Deshalb hab ich ihr ja auch … ähm, ja also, völlig vertraut.«
Nanu? Wollte sie nicht eigentlich noch etwas hinzufügen, oder täuschen mich meine aufmerksamen Hundeohren? Den beiden Freundinnen ist anscheinend nichts aufgefallen, denn sie fragen nicht nach, und Karoline wechselt schnell das Thema.
»Außerdem fragte er, ob Liane häufig Männerbesuch bekommen hätte«, fährt Karoline fort.
»Und, hat sie?«, unterbricht Mara Karoline und schaut dabei genauso neugierig wie Jule. Auch ich halte aufmerksam meine Ohren gespitzt.
»Nein, hat sie nicht.« Karoline schüttelt traurig den Kopf. »Die Liane hat doch nur für die Tiere gelebt, es war kein Platz für Männer in ihrem Leben.«
Sie schenkt noch einmal Tee nach und streicht mir über den Kopf.
»Hat Liane eigentlich nähere Verwandte?«, möchte Jule wissen. »Ich meine, die müssen doch benachrichtigt werden.«
»Eine alte Tante im Münsterland, danach hat mich der Kommissar auch gefragt«, erinnert sich Karoline. »Liane hat sie einmal im Jahr besucht. Ihre Eltern sind schon vor Jahren gestorben.« Sie ist den Tränen nah. »Ach, ist das alles schrecklich!«
Jule streicht ihr beruhigend über die Hand und fragt dann weiter: »Das hätte Patullek aber auch am Telefon erfragen können, oder?«
»Na ja, beim ersten Mal
Weitere Kostenlose Bücher