Der Leberwurst-Mörder
da komm ich ja recht mitm Kuchen.« Dazu winkt sie mit einer Begeisterung, als wäre Mara ihre beste Freundin.
Ich halte meinen Kopf so schräg, wie ich nur kann. Das tue ich immer, wenn ich die Menschen nicht verstehe. Hab ich irgendetwas verpasst?
Jule ist so perplex, dass sie keinen Widerstand leistet, als die dicke Schmitz sich langsam immer weiter ins Haus vorschiebt. »Ja, kommen Sie doch rein«, sagt sie nur leise, während Frau Schmitz bereits bei Mara angelangt ist und sich ächzend in den großen Sessel fallen lässt, der dem Sofa gegenübersteht.
»Schön ham Ses hier.« Sie lacht ihr falsches Lachen und zeigt dabei wieder die ganze Reihe ihrer gelben Zähne.
»Die Kleinen sin ja süß.« Dabei deutet sie mit dem Finger auf die Kätzchen. »Tut der Hund den’ nix?« Jetzt wirft sie mir einen misstrauischen Blick zu, der zeigt, dass sie wirklich Angst vor mir hat.
Am liebsten würde ich sie noch einmal ein bisschen anknurren, doch da höre ich Jule sagen: »Die Rika ist der liebste Hund der Welt, die tut niemandem etwas.«
Oh, das hört jeder Hund gern! Da kann ich doch jetzt nicht anfangen, zu knurren, sondern wedele stattdessen lieber mit dem Schwanz.
Jule sieht sich genötigt, Frau Schmitz auch einen Kaffee anzubieten, worauf die sich immer wohler zu fühlen scheint, und redet wie ein Wasserfall. Mara und Jule tauschen ab und zu stumme Blicke aus und bleiben auch sonst stumm, denn die Schmitz redet ja. Als sie allerdings wieder auf Galle, Darm und all ihre Wehwehchen zu sprechen kommt, unterbricht Jule sie sanft. »Ähm, Frau Schmitz, es tut mir leid, aber wir haben noch einen Termin und müssen jetzt los. Vielen Dank für den Kuchen.«
Dabei erhebt sich Jule, Mara tut es ihr sofort nach, und beide greifen die Hundeleinen und rufen gleichzeitig: »Rika! Flocke!«
Das lassen wir uns natürlich nicht zweimal sagen. Ich renne zur Tür, und selbst Flocke schießt auf seinen krummen Beinen wackeldackelschnell unter dem Sofa hervor. Mara, Jule, Flocke und ich stehen jetzt abmarschbereit an der Tür.
Frau Schmitz sitzt immer noch im Sessel. »Ähm, da werd ich dann auch ma …«, schnauft sie, erhebt sich schwerfällig und schiebt sich mit skeptischem Blick an mir vorbei, als fürchte sie, jeden Moment meine spitzen Zähne in ihren feisten Waden zu spüren. »Schönen Tach noch, wünsch ich, ne.« Sie winkt tatsächlich schon wieder, während sie die Straße überquert und in ihrer Haustür verschwindet.
Kaum sind wir mit dem Auto außer Sichtweite der dicken Schmitz, die ihre Nase schon wieder an der Fensterscheibe platt drückt, brechen Jule und Mara in lautstarkes Gelächter aus.
»Was war denn das eben?« Jule hat schon wieder Lachtränen in den Augen. »Hat die irgendwelche Drogen genommen, oder was ist mit der plötzlich los?«
»Keine Ahnung.« Mara versucht, sich zu beruhigen, schließlich fährt sie und muss sich auf die Straße konzentrieren. »Hättest sie ja fragen können.«
»Oh nein, lieber nicht. Die hat auch so schon genug gelabert. Aber von Speichel spritzendem Keifen und einer Anzeige bei der Polizei zu
Meine liebe Frau Anders
!
… innerhalb weniger Tage, das ist doch nicht normal.«
Das sehe ich genauso. Zumal ihre Augen die Frau wieder verraten haben. Ihre ganze Fröhlichkeit war aufgesetzt, nicht echt. Und sie hatte Angst. Nur vor mir und meinen Zähnen, oder steckt vielleicht mehr dahinter?
So viele Gedanken machen müde, das Auto schaukelt sanft auf der Landstraße, und mir fallen die Augen zu. Ich wache erst wieder durch das Klappen der Autotüren auf, die Mara und Jule hinter sich schließen. Dann sehe ich sie auf die Tür von dieser Heike Cleffmann zugehen.
Diesmal ist jemand zu Hause, denn eine dunkelhaarige Frau öffnet die Tür. Einen Augenblick später bittet sie die beiden Freundinnen herein. Ich kann leider nur noch warten und bekomme von der Befragung der letzten Verdächtigen überhaupt nichts mit.
Stattdessen komme ich erstmals seit Langem mit Flocke ins Gespräch. Sonst ist er meistens zu müde dafür und schläft, sobald er sich irgendwo hinlegen kann. Ich möchte gern seine Meinung zum Tod von Liane Eichenbaum und der gemeinsamen Mördersuche mit Mara und Jule hören. Dafür muss ich ihm erst einmal die ganze Geschichte von Anfang an erzählen. Obwohl Flocke mehrmals zwischendurch sein Maul ganz weit aufreißt und gähnt, schläft er nicht ein. Als ich mit meinem Monolog bei Frau Schmitz und ihrem Kuchen ankomme und damit am Ende bin, knurrt Flocke
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