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Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giusi Marchetta
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Über sich schreibt er nicht viel, von der eigenen Familie ist nur ein Bruder übrig geblieben, über das Zuhause spricht er lediglich im Futur.
    »Hast du ein Messer?«, frage ich unvermittelt.
    »Ich habe es fast nie mit«, sagt er.
    »Lass das ›fast‹ weg.«
    »Ich habe es nie mit.«
    »Nein, du sollst nicht bloß nachbeten. Ich will, dass du es nie mitnimmst. Auch nicht draußen.«
    Er schweigt.
    »Wozu brauchst du das Messer?«
    Er wendet das Blatt zwischen den Händen hin und her. Wenn er das Messer nicht bräuchte, würde er es nicht mit sich herumtragen.
 
    Keine von uns beiden hat Lust, aufzustehen: Der Film hat gerade angefangen.
    Ich schnappe mir die Fernbedienung und drücke auf Pause. Damit habe ich meinen Beitrag geleistet, finde ich.
    Margherita gibt auf und geht in den Flur, als gerade das Telefon aufhört zu klingeln. Sie braucht zwei Sekunden, um aufs Sofa zurückzukehren.
    »Was soll eigentlich ein schnurloses Telefon, wenn wir es benutzen, als wäre es an der Wand befestigt?«
    Sie beugt sich über den Computer, um den Film neu zu starten, und sagt nicht einmal, auf wessen Anruf ich heute Abend nicht antworten soll.
 
    »Ich heiße Petar Kierloy. Ich beschreibe jetzt meine Schule, das Künstlerische Gymnasium. Es ist eine schöne Schule, auch wenn es mir in Rumänien besser gefiel. Sie war in der Nähe von zu Hause, und ich fuhr mit meinem Bruder auf dem Fahrrad hin. Die italienische Schule ist außerdem schmutziger, und es gibt dort mehr Lehrer.«
    »Ist das schlecht?«
    Petar hört auf vorzulesen.
    »Ich weiß nicht.«
    »Lies weiter.«
    »Meine erste Schule war das Technische Gymnasium, aber sie haben mich rausgeschmissen, und ich bin hierher gekommen. Ich weiß nicht, ob ich darüber froh bin, mir scheinen beide gleich, bis auf die Personen. Ich muss lernen, um versetzt zu werden, auch wenn ich nicht viel im Kopf habe.«
    »Was willst du damit sagen?«
    »Wie?«
    »Dass du nicht viel im Kopf hast.«
    »Dass ich nichts kann.«
    »Ja, aber weil du dich nicht anstrengst oder weil du meinst, nichts zu können?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Lies weiter.«
    »Das wars, ich bin fertig.«
    »Soll das ein Witz sein? Zeig her.«
    Ich lasse mir das Blatt geben.
    »Die anderen Fragen, die ich dir gestellt habe, hast du nicht beantwortet: Warum es deiner Meinung nach wichtig ist, etwas zu lernen, was du einmal werden willst, wenn du groß bist.«
    Er öffnet den Mund.
    »Sag jetzt nicht wieder: ›Ich weiß nicht.‹«
    Er zuckt mit den Schultern.
    »Ich weiß nicht«, sagt er, verbessert sich aber sofort. »Ich fühle mich nicht als Erwachsener.«
    Ich trage ihm auf, darüber nachzudenken. Nur das. Anstatt über das Dativobjekt zu brüten, soll er sich den ganzen Nachmittag lang vorstellen, erwachsen zu sein.
 
    »Was machst du?«
    Aufmerksam überprüfe ich den Stapel von Kartons, die sich jetzt, einer auf dem anderen, neben dem Schrank türmen, um Platz zu sparen. Eine beträchtliche Verbesserung, die Margherita weder wahrnimmt noch, wie es scheint, zu würdigen weiß.
    »Gehen wir?«
    Sie hat schon den Mantel an, und das Geklimper mit den Schlüsseln ist ihre Art, mir zu verstehen zu geben, dass sie nicht warten wird, bis ich meine gefunden habe.
    Als wir auf dem Treppenabsatz stehen, klingelt das Telefon.
    »Es könnte wegen der Arbeit sein.«
    Das sage ich so dahin, weil mir dieser Gedanke gerade gekommen ist. Sie jedoch dreht sich ruckartig um, öffnet die Tür und stürzt in die Wohnung. Damit hatte ich nicht gerechnet.
    Auch ich gehe wieder rein, denn draußen erfriert man. Sie nimmt das schnurlose Telefon, schaut, wie gewöhnlich, zuerst aufs Display.
    »Die Villa. Vito.«
    Sie meldet sich.
 
    Emilio ist der Erzieher, der sie in die therapeutische Wohngemeinschaft aufgenommen hat, ihr als Tutor zur Seite stand. Margherita verehrt ihn.
    »Geht es dir gut?«
    Er ist groß, klapperdürr, kahlgeschoren und trägt eine kleine, randlose Brille.
    »Jetzt ja.«
    Er hat uns in der Küche des Quadrifoglio Platz nehmen lassen.
    »Ich weiß nicht, was ich sagen soll, wir haben immer ein gutes Verhältnis gehabt. Ich kenne Vito seit drei Jahren: Nie gab es Probleme.«
    Er hat die verbundene Hand auf den Tisch gelegt, streichelt sie mit der anderen.
    »Ich habe mich zwei Wochen krankschreiben lassen. Anfangs wollte ich nicht, aber dann habe ich gedacht, Teufel noch mal.« Er stimmt ein hysterisches Lachen an, steht auf, durchsucht die Anrichte nach Kaffee. Margherita starrt ihm auf den Rücken.
    Ich stelle

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