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Der Leichenkeller

Der Leichenkeller

Titel: Der Leichenkeller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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Waschlappen sanft den Nacken und die Schultern massierte, nippte ich an meinem Champagner und schilderte ihm meinen Tag vor Gericht.
    Es wurde halb zehn, bis wir uns zum Essen an den Tisch setzten; um elf Uhr schickten wir uns an, ins Bett zu gehen. »Willst du dir nicht noch die Nachrichten ansehen?«, fragte er mich.
    »Besser nicht. Mercer hätte mich schon angerufen, falls Dulles irgendwo aufgetaucht wäre.«
    Ich schlief unruhig, in Gedanken bei dem Jungen, und stand um sechs Uhr auf, ohne Jake zu wecken, kochte mir eine Kanne Kaffee, mühte mich mit dem Samstagskreuzworträtsel der New York Times und zog mich an.
    Ich küsste Jake zum Abschied und nahm dann ein Taxi zum Studio auf der West Side. Die nächste Stunde über ging ich ganz in den Aufwärmübungen und Exercises auf und konzentrierte mich auf die Bewegungen: Dehnungen und Pliés an der Stange, Bodenübungen und einstudierte Schrittfolgen zur Musik von Tschaikowsky.
    Im Umkleideraum unterhielt ich mich mit den anderen Kursteilnehmerinnen über die Ereignisse der vergangenen Woche. Ich schlug eine Einladung zu einem spontanen Einkaufsbummel und eine andere zum Brunch in einem Straßencafé auf der Madison Avenue aus. Es kam nicht oft vor, dass ich sie um ihre alltäglichen Aktivitäten beneidete, aber wenn ich beruflich nur noch mit Tragödien und Gewaltverbrechen zu tun hatte, fragte ich mich manchmal, wie es wohl wäre, ein so heiteres und unbeschwertes Leben zu führen wie die meisten von ihnen.
    Chapmans Dienstwagen, ein zerbeulter alter schwarzer Crown Vic, stand in zweiter Reihe vor dem Gebäude, als ich es kurz nach zehn Uhr verließ. Mike aß ein Rühreisandwich und hatte mir einen Becher Kaffee in den Becherhalter auf der Beifahrerseite gestellt. »Willst du die Hälfte?«
    »Nein, danke. Ich habe vorher gefrühstückt.«
    »Aber du musst doch schon wieder Appetit haben. Hier, nimm schon«, sagte er und hielt mir das Sandwich vors Gesicht.
    Ich schob seinen Arm weg. »Hast du irgendwas von Dulles Tripping gehört?«
    »Alles ruhig. Laut Mercer waren alle sehr kooperativ: Mrs. Wykoff, dein Kumpel Hoyt, die Schulbehörden. Alle sind optimistisch. Weißt du, dass er laut Unterlagen des Jugendamtes in den letzten zwei Jahren öfter als ein Dutzend Mal von zu Hause ausgebüxst ist?«
    »Es ist ein großer Unterschied, in einer Kleinstadt zu einem Freund zu laufen oder sich als Zehnjähriger in New York City zurechtzufinden, wenn man erst seit einem Jahr hier wohnt.«
    »Hey, es deutet nichts auf eine Entführung hin, und es gibt keine Meldungen, dass ein verletztes Kind in ein Krankenhaus eingeliefert wurde. Also, mach dir nicht so viele Gedanken in deinem verdrehten Hirn«, sagte Mike. Er aß mit einer Hand und steuerte mit der anderen das Auto auf der Amsterdam Avenue Richtung Uptown.
    Er parkte vor einem Hydranten in der Nähe von McQueen Ransomes Wohnung. Ein Streifenbeamter, der vom Revierleiter geschickt worden war, nahm uns am Hauseingang in Empfang und ließ uns in die Wohnung. Ein halbes Dutzend neugieriger Teenager folgten uns die Stufen hinauf und fragten uns, was wir in »Miss Queenies« Wohnung wollten. Ich schloss die Tür hinter uns und öffnete ein Fenster. In den muffigen Räumen war seit Queenies Tod nicht mehr gelüftet worden.
    Die Wohnung war ein einziges Chaos. Die Fotos der Spurensicherung hatten nur einen Bruchteil davon gezeigt. »Hat es schon so ausgesehen, als ihr hier eingetroffen seid, oder waren das die Cops?«, fragte ich. Manchmal richteten die Ermittler ein größeres Durcheinander an als die Täter.
    »Der Mörder hat die Wohnung so zugerichtet. Der Vermieter gibt uns noch eine Woche, dann will er alles in Kisten packen und wegschmeißen. Die Dame, die sich um Queenies Finanzen gekümmert hat, meint, dass sie in Georgia noch zwei Nichten hat, die eventuell kommen und das Bankkonto auflösen – es ist nicht mehr viel drauf – und ein paar von den Möbeln und die Familienfotoalben mitnehmen.«
    In dem kleinen Wohnzimmer neben dem Eingang standen ein Sofa, zwei Sessel, ein Fernsehgerät und ein kleines Tischchen mit einem altmodischen Plattenspieler. Mike schaltete ihn ein und legte die Nadel auf die Platte, die Queenie als Letztes gehört haben musste.
    »Edward Kennedy Ellington. The Duke«, sagte Mike. »Passt zu Queenie.«
    Das Stück hieß »Nightly Creatures«. Der unvergleichliche amerikanische Jazzsound erfüllte den Raum und hob unsere gedrückte Stimmung ein wenig.
    Die Fotos an den Wohnzimmerwänden waren

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