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Der leiseste Verdacht

Der leiseste Verdacht

Titel: Der leiseste Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Brink
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quasi als Stützpunkt für unsere Reisen, wäre doch gar nicht übel. Was meinst du? Möchtest du ein Haus in Montreux haben?«
    »Mmm«, murmelte sie träumerisch, als lausche sie seinen Fantasien, von denen er schon so oft erzählt hatte, nur mit halbem Ohr und traue sich nicht, sie ernst zu nehmen.
    Er lachte leise und hielt seine Lippen an ihre Schläfe.
    »Ja, ich weiß schon, dass du meiner Fantasien müde bist, denn als solche betrachtest du sie doch, oder? Wirklichkeitsflucht auf hohem Niveau, die man mit Gleichmut hinnehmen muss. Denn du bist schließlich eine kluge Frau und weißt, dass die Verwirklichung solcher Träume sehr viel Geld erfordert. Sehr viel mehr, als man sich je ersparen könnte … Aber was würdest du sagen, wenn ich allen Ernstes behauptete, schon jetzt fast genug Geld zu haben, um meine Fantasien in die Tat umsetzen zu können?«
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    Sie lachte amüsiert. »Ich würde sagen, dass du im Lotto gewonnen hast, ohne mir davon erzählt zu haben.«
    »Hast du mich je ein Los kaufen sehen?«
    Er spürte, wie sie erstarrte. »Du hast doch nicht wieder zu spielen angefangen?«, fragte sie ängstlich.
    »Nein, ich habe mir das Geld verdient.«
    »Wie denn? Du behauptest doch immer, dass dein Gehalt in keinem Verhältnis zu deinem Arbeitseinsatz steht.«
    »Das stimmt, und ich spreche auch nicht von meinem Gehalt.«
    Sie drehte den Kopf und schaute ihn fragend an. »Wovon sprichst du dann?«
    »Ich versuche dir so schonend wie möglich beizubringen, dass wir ziemlich wohlhabend sind. Ich habe noch eine andere Arbeit, die bedeutend mehr Geld abwirft.«
    Sie machte sich von ihm frei und rückte ein bisschen zur Seite, um ihm besser ins Gesicht sehen zu können.
    »Was ist das für eine Arbeit und wann gehst du ihr nach?«
    Er lächelte, fühlte sich jedoch auf unsicherem Terrain.
    »Das ist nicht so leicht zu erklären, aber so viel kann ich dir sagen, dass sie extrem gut bezahlt wird. Sie kostet mich fast keine Zeit, ist dafür mit einem erheblichen Risiko verbunden.«
    »Was meinst du mit Risiko? Sind es geheime Aufträge, die du für die Polizei erledigst?«
    Er warf ihr einen müden Blick zu. »Du darfst nicht vergessen, Liebste, dass ich es bin, der solche Aufträge vergibt, und ich weiß auch sehr genau, wie schlecht sie bezahlt sind. Doch es gibt andere Auftraggeber, die den Wert riskanter Aufgaben zu schätzen wissen und sie angemessen entlohnen.«
    Er beobachtete sie wachsam und fragte sich mit beklommener Neugier, wann bei ihr der Groschen fiele und sie die Tragweite seiner Andeutungen erkannte. Ihr Blick war ausdruckslos, 295
    beinahe stumpf, ehe sich ihre Züge plötzlich verhärteten. Ihr Mund formte sich zu einem stummen Schrei, ehe der Anflug eines Zweifels über ihr Gesicht huschte. »Sag mal, erlaubst du dir einen Scherz mit mir?«
    Er schüttelte nachdrücklich den Kopf. »Nichts liegt mir ferner.
    Ich erzähle dir das alles aus einem ganz bestimmten Grund.
    Natürlich hätte ich dir früher oder später ohnehin davon erzählt, aber der Grund dafür, dass ich es jetzt tue, ist … dass sich die Lage zugespitzt hat. Mit anderen Worten: Es besteht eine gewisse Gefahr, dass ich gezwungen sein könnte, früher in Pension zu gehen, als ich eigentlich geplant habe.«
    Sie war verwirrt und erschrocken. Er kannte die äußeren Anzeichen, aber es half nichts; gewisse Fakten ließen sich nun mal nicht beschönigen. Er nahm ihre Hände und streichelte sie beruhigend.
    »Hab keine Angst«, sagte er sanft, »du kannst dir doch denken, dass ich bis jetzt alles unter Kontrolle habe.« Er wusste, dass dies Wunschdenken war, sprach aber weiter: »Das Schlimmste, was uns passieren kann, ist, dass ich, ich meine, dass wir kurzfristig auf Reisen gehen müssen. Aber ich glaube nicht, dass das nötig sein wird.«
    »Arbeitest du für eine Verbrecherorganisation?«, stieß sie hervor.
    Er zuckte zusammen und ärgerte sich über ihre unverblümte Wortwahl.
    »Ich leiste einer Wirtschaftsorganisation gewisse Dienste, ja.
    Eine Organisation, die ein großes Interesse an polizeilichen Interna hat. Ich verschaffe ihr diese Informationen, die sie sich andernfalls auch ohne mich, nur eben auf viel unbequemerem und riskanterem Weg beschaffen würde.«
    »Wie lange …?«
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    »Seit acht Jahren. Ich hatte auf ein paar weitere Jahre gehofft, aber vermutlich sollte ich dankbar sein, dass es so lange gut gegangen ist.«
    Sie entzog ihm abrupt ihre Hände und schlug die Augen nieder. Er wartete schweigend ab,

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