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Der letzte Agent

Der letzte Agent

Titel: Der letzte Agent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Arschloch, Sie sind ein Riesenarschloch!«, sagte ich wütend. Ich zog das Garagentor auf, ging hinaus und schloss es hinter mir ab.
    Anni stand in der Haustür.
    »Ruf sofort den Arzt an«, sagte ich. »Sag ihm, ich sei krank.«
    »Mein Gott, du bist ja klatschnass! Du kriegst eine Lungenentzündung oder so was! Wo ist der Mann?«
    »Kommt über den Dachboden. Ruf jetzt den Arzt.«
    »Ist der Mann verletzt?«
    »Ja, das ist er wahrscheinlich auch. Aber vor allem hat er noch nicht die geringste Ahnung, dass seine Frau ermordet wurde.«
    »O Gott!« Sie drehte sich herum und verschwand.
    Clara tauchte im Flur auf. »Wie hast du das geschafft?«
    »Ist doch egal. Fall ihm nur nicht um den Hals. Er hat von seiner toten Frau noch nichts gehört. Geh ihm aus dem Weg, geh in den Garten oder mach sonst was!«
    Sie verschwand mit blassem Gesicht nach oben. Auf der Treppe sagte sie: »Wahrscheinlich dreht er durch.«
    Ich antwortete nicht. Ich hockte mich in die Badewanne und ließ mir lauwarmes, dann heißes, dann kaltes Wasser über den Körper laufen. Ich war ganz starr vor Kälte und Anspannung.
    Ich hatte die ganze Zeit auf die Tür gehört, die zum Dachboden führt. Als ich mich abtrocknete, wurde sie knarrend geöffnet. Ich ging auf den Flur, und einen Augenblick war Verblüffung in seinen Augen.
    »Na, na. Ich denke, Sie wissen, wie ein nackter Mann aussieht. Gehen Sie hier hinein, es ist mein Schlafzimmer. Legen Sie sich hin. Und noch etwas: Es tut mir Leid, ich wollte Sie nicht so hart treffen.«
    Er war vor Schmerz und Anspannung ganz grau im Gesicht. »Schon gut«, sagte er. »Ich habe auch etwas getan, was ich normalerweise wie die Pest hasse. Ich hasse Gewalt.« Er ging an mir vorbei, und seine Schultern hingen nach vorn durch, als habe er jeden Mut verloren.
    »Ich habe einen Arzt gerufen.«
    Er sah mich an und wollte protestieren. Dann aber murmelte er: »Wenn Sie es so wollen.«
    »Ich will es so«, bestärkte ich.
    Anni brüllte von unten wie ein Spieß: »Du trinkst jetzt erst einmal einen Kaffee und isst etwas. Willst du denn eine Lungenentzündung kriegen?«
    Ich zog mich also an und hatte kaum meine Küche erreicht, als Dr. Saner kam und fragte: »Was hat er denn schon wieder angestellt?«
    »Gar nix«, sagte ich. »Der Patient liegt oben in meinem Bett. Und Sie müssen ihm Valium spritzen.«
    »Warum?«
    »Weil … ach Scheiße! Erstens habe ich dem Mann in das getreten, was Hemingway dauernd als ›cojones‹ bezeichnet. Zweitens hat dieser Mann seine Frau verloren. Er hat nur noch keine Ahnung davon. Er weiß nicht, dass er sie durch einen Mord verloren hat. Mord mit einem Plastikgeschoss. Wahrscheinlich sollte gar nicht sie, sondern er ermordet werden. Deshalb Valium.«
    »Er hat also auch mit dieser komischen Affäre zu tun?«, fragte der Arzt nachdenklich.
    »Und wie!«, sagte Anni.
    »Ich vergaß noch etwas«, setzte ich hinzu. »Der Mann wird von der Polizei gesucht. Und ich beabsichtige, ihn denen auszuliefern, sobald er uns seine Geschichte erzählt hat.«
    Er stellte seine Tasche ab. »Moment mal, heißt das, dieser Mann ist der Mörder oder der vermutliche Mörder?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Das ist er vermutlich nicht, obwohl die Geschichte inzwischen so verworren ist, dass ich auch das nicht ausschließen kann.«
    »Also, ich soll ihm eine Valiumspritze geben und ihm anschließend erzählen, dass seine Frau durch einen Mörder umgekommen ist. Sehe ich das richtig?«
    »Ja«, sagte ich, »wenn das geht.«
    »Da liegen Sie falsch. Ich bin Arzt und kein berufsmäßiger Überbringer mieser Nachrichten. Ich kenne den Mann nicht. Also kommen Sie gefälligst selbst mit, klar?«
    Wir gingen also hoch zu Günther Schulze, und Dr. Saner sagte freundlich: »Ziehen Sie sich bitte ganz aus und bleiben Sie auf dem Rücken liegen. Wo sitzt der Schmerz? Können Sie ihn lokalisieren?«
    Schulze antwortete: »Lokalisieren? Na ja, mir tut da unten alles weh.«
    Ich hockte mich in einen Sessel und sah ihnen zu.
    Mit einem schnellen Blick zu mir murmelte der Arzt: »Sagen Sie bitte Bescheid, wenn es zu weh tut. Aber ich muss versuchen, es zu tasten. In Ordnung?«
    Er begann zu tasten, und Schulze sagte mehrmals erstickt: »O verdammt!«
    »Eine ziemlich ausgeprägte Hodenquetschung. Ich spritze Ihnen jetzt ein Schmerzmittel. Sie werden sehr müde werden. Falls wir den Schmerz bis morgen nicht unter Kontrolle kriegen, muss ich Sie ins Krankenhaus schaffen. Sicherheitshalber zum Röntgen und so. Ist das

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