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Der letzte Agent

Der letzte Agent

Titel: Der letzte Agent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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erwischt?«
    »Bisher nicht, aber wir haben ja auch zu wenig Anhaltspunkte. Was macht denn Schulze für einen Eindruck? Wird er sprechen?«
    »Ich denke ja. Kommen Sie her.«
    Ich ging hinter das Haus, und ich entdeckte zum ersten Mal seit Monaten wieder meinen alten Freund, den Kater Freundlich. Er war mit ziemlicher Sicherheit der Vater der fünf kleinen Katzen, die Krümel vor drei Jahren höchst elegant und geradezu locker zur Welt gebracht hatte – unter den Augen von mindestens zehn kleinen Kindern, die ich zu diesem Ereignis zusammengetrommelt hatte. Freundlich verhielt sich so, als habe er mich nach Jahren härtester Trennung endlich wiedergefunden. Er wand sich laut mauzend um meine Beine und störte sich nicht die Spur an der eifersüchtigen Krümel, die fauchend auftauchte und Anstalten machte, ihn zu verprügeln.
    »Lass ihn«, erklärte ich ihr, »er kann dir keine Kinder mehr machen, du bist sterilisiert.« Ich beugte mich zu ihm nieder, und er hüpfte auf mein Knie, was mich leicht aus dem Gleichgewicht brachte.
    Das war der Schritt zuviel, der Krümel so in Rage brachte, dass sie auf den Freundlichen losschoss, nicht erst drohte, sondern ihm rechts und links eins um die Ohren haute. Der Kater verlor die Nerven und flüchtete in weiten Sätzen.
    »Es leben die Weiber!«, sagte ich. Und ich fühlte mich wieder stark genug, zu den anderen zurückzugehen.
    Die Stimmung im Haus war gespannt. Wir sprachen einander nicht an, jeder malte für sich aus, was Günther Schulze erzählen würde – falls er überhaupt etwas erzählen wollte. Dann kam der Bundeskriminalbeamte Müller, stand auf meinem Hof, sah sich beruhigend um und erklärte mit sehnsüchtigem Unterton: »So könnte ich mir die Zeit nach der Pensionierung vorstellen.«
    »Die Eifel ist hart, nichts für Pensionäre«, lachte ich.
    »Wir bauen jetzt auf!«, sagte er entschuldigend. Er hatte vier Männer und eine Frau mitgebracht, die aus den offenen Kofferräumen der Dienstautos allerlei technisches Gerät ausluden. Mikrofone, Bandgeräte, tragbare Telefone und dererlei Kleinigkeiten mehr.
    Anni stand dicht hinter mir. »Jetzt gibt es Stunk!«, murmelte sie. Dabei sah sie mich so an, als wolle sie sagen: »Los, gib’s ihm!«
    »Augenblick, Herr Müller!«, sagte ich freundlich. »Das ist ein Eifler Bauernhof und kein Brückenkopf des Bundeskriminalamtes.«
    »Wir wollen Schulze doch nur aufnehmen«, sagte er in einem Ton, als hätte ich ihn gerade furchtbar gekränkt.
    »Das habe ich aber nicht so gern«, erwiderte ich. In dem Moment stolperte ein dicklicher Mann mit einem Haufen Mikrofone und den dazugehörigen Strippen an mir vorbei. Ich hielt ihn am Oberarm fest.
    Er sah mich an, als wollte er sagen: »Pass auf, ich kann Kung Fu!«, aber dann merkte er, dass ich es ernst meinte, und sah seinen Chef ganz hilflos an.
    »Die Ritter von der Heiligen Wanze kommen mir nicht in die Bude«, sagte ich laut und deutlich. »Zugelassen ist nur Herr Müller selbst. Als Gast. Nur mit einem Kugelschreiber und einem Blatt Papier.«
    »Aber Sie sind doch für diesen Staat!«, sagte Müller, wieder freundlich.
    Das sagen sie alle, das ist nicht mehr als blasser Standard.
    »Ich mag die Demokratie«, sagte ich. »Aber dies ist mein Zuhause, und hier gilt das, was ich für demokratisch halte. Hören Sie ihm brav zu und nehmen Sie ihn dann mit.«
    »Das finde ich gar nicht gut«, murmelte Müller.
    »Ja, so ist das Leben.«
    »Ich kann aber doch meine Kollegen mit hineinnehmen. Wir stören ja nicht.« Müller war etwas ratlos, denn eigentlich war er wirklich ein netter Kerl.
    »Wir haben am Telefon abgemacht, dass Sie nur mithören. Ich weiß, dass Sie kraft Ihres Amtes mein Haus sogar stürmen können. Aber ich weiß auch, dass Sie kraft Ihres Charakters genau das eigentlich nicht wollen. Schicken Sie Ihre Hilfstruppe runter zu Markus und Mechthild, ein prima Lokal mit prima Bier. Ich schmeiße auch eine Runde.« Ich lächelte ihn an. »Und jetzt nenne ich Ihnen sogar den wirklichen Grund, weshalb ich nicht möchte, dass Sie aus meinem trauten Heim ein Tonstudio machen. Der Mann, um den es geht, ist sicherlich kein Mördertyp. Er mag ja ein Spion sein oder das, was man so dafür hält. Aber seine Frau wurde ermordet, und das hat ihn so geschmissen, dass er sogar versucht hat, sich ans Leben zu gehen. Da sollte man aus Gründen der Einfühlung ihm nicht sofort Mikros vor den Mund halten und ein hartes Interview durchziehen. Wenn Sie das arrangieren, sagt der Mann

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