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Der Letzte Askanier

Der Letzte Askanier

Titel: Der Letzte Askanier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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zu.
    Der Mönch öffnete ihn und zählte nach. Die Summe reichte allemal, um ihn zwei Jahre zu ernähren. Da gab es keine andere Wahl. »Ich werde sehen, was sich machen läßt …«
    Coppekin setzte ihm das Schwert abermals an die Kehle und ritzte ihm sogar die Haut. »Glaube nicht, du kannst mit dem Beutel verschwinden, ohne es getan zu haben – dich werde ich immer finden.«
    Freidank nickte ergeben. »Und wie heißt der Mann, den ich …?«
    »Meinhard Attenweiler, ein Waffenschmied aus Nürnberg.«
    Meinhard von Attenweiler hatte von Frankfurt an der Oder bis zum Lager Karls bei Heinersdorf knappe 25 Meilen zu reiten gehabt und war nun ziemlich erschöpft, als er auf den ersten Posten traf. Zudem dröhnte ihm noch immer der Kopf von Coppekins Lanze, die seinen Helm rechts an der Schläfe tief eingedellt hatte, und er fürchtete, seine Schädelknochen könnten gesplittert und ihm irgendwie ins Hirn gedrungen sein, denn das Sprechen fiel ihm schwer.
    »Melde dem König, daß ich ein Kaufmann aus Nürnberg bin und auf Empfehlung Rudolf Losses zu ihm komme.« Das erschien ihm außerordentlich raffiniert, denn er hatte in Erfahrung gebracht, daß der König die Stadt Nürnberg als Mitte seines angestrebten Kaisertums sah und deshalb am Wohlwollen der dortigen Geldleute höchstes Interesse haben mußte. Rudolf Losse war der führende Kanzleibeamte Balduins, des ebenso mächtigen wie klugen Erzbischofs von Trier, der ebenfalls dem Hause Luxemburg entstammte und Karls Großonkel war.
    Er wurde in eine Hütte geführt, und man ließ ihn lange warten. Die große Frage war, ob ihn jemand als den Jugendfreund Ludwigs erkannt hatte. Ließ Karl Spione auf der Stelle hängen? Sollte er Leah nie mehr wiedersehen? Dieser Gedanke machte ihm am meisten zu schaffen.
    Endlich erschien ein Ritter alten Zuschnitts, der sagte, er sei der Edle von Wersowetz und habe den Auftrag, ihn zum König zu bringen.
    Als Meinhard Karl erblickte, war er zunächst enttäuscht. Der Mann war nicht nur schmächtig, sondern wirkte auch ein wenig kränklich. Die leicht gekrümmte Gestalt ließ ihn wesentlich älter als zweiunddreißig Jahre erscheinen. Meinhard hatte geglaubt, einem neuen Augustus gegenüberzutreten, aufrecht und kraftvoll, und fand nun eher einen alternden Ovid, der sich beim Schreiben eines Gedichtes nicht stören lassen wollte.
    »Setzt Euch«, sagte Karl.
    Meinhard hatte das Gefühl, daß der König ihn so prüfend musterte wie ein Goldschmied seine Instrumente. Inwieweit kann ich diesen Menschen, schien er sich zu fragen, für meine Zwecke nutzen? Das war ein anderer Mann als Ludwig, der tat nichts aus dem Bauch heraus, der machte alles mit dem Kopf. Und dem trug Meinhard Rechnung, indem er erzählte, wie er als Waffenhändler durch die Welt gekommen sei. Mal sprach er französisch, mal rheinfränkisch, durchsetzt mit einigen Sentenzen im schönsten Latein, denn er wußte, daß Karl stolz darauf war, fünf Sprachen zu beherrschen.
    »In Sankt Sebald haben wir den 96. Psalm gehört: Singet dem Herrn und lobet seinen Namen; verkündigt von Tag zu Tag sein Heil! Erzählet unter den Heiden seine Ehre, unter allen Völkern seine Wunder! Und da bin ich herumgezogen und habe versucht, den Menschen die Worte des Herrn nahezubringen.«
    »Indem Ihr ihnen Schwerter und Kettenhemden verschachert habt!« lachte Kochan von Wersowetz.
    »Ihr kennt doch Tertullian: ›Credo, quia absurdum‹. Das Widersinnige ist leichter zu glauben als das, was dem menschlichen Verstände gehorcht. Es ist das wirklich Reizvolle.«
    Karl widersprach ihm. »Ich glaube an Gott, weil mir mein Verstand es gebietet.«
    »Sicher. Das verleiht Euch Stärke.« Meinhard nickte, konnte aber nicht umhin zu denken, was viele dachten, wenn sie Karls Namen hörten: Pfaffengünstling und Schleicher. Zugleich überlegte er, wie er das Gespräch auf Waldemar lenken konnte, ohne damit Argwohn zu erwecken. Es war schwerer als erwartet.
    Karl wechselte das Thema. »Erzählt mir über Nürnberg.«
    »Gerne …« Meinhard kramte zusammen, was er sich angeeignet hatte. »Nun, die Wirtschaft blüht, über zwanzig Schmiedehandwerke gibt es bereits, wobei die erfolgreichsten Handwerker dann dazu neigen, Kaufleute zu werden. Seht mich: Mein Meister war Rudolf, ein Waffenschmied, und dieses Handwerk habe ich bei ihm gelernt. Unsere Sache war der Kettenharnisch, der Ringelpanzer, wie die Leute sagen, und der besteht, wie Ihr wißt, aus Eisendraht. Den nun zu fertigen, war ehedem eine

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