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Der Letzte Askanier

Der Letzte Askanier

Titel: Der Letzte Askanier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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fürchterliche Arbeit. Man mußte ihn streifenweise aus Blech schneiden oder aber gießen und dann durch immer enger werdende Bohrlöcher ziehen, durch die Zieheisen eben. Da hat Meister Rudolf eine Drahtmühle gebaut, die von Wasserkraft getrieben wird, und mit der kann man den Draht in großer Menge ziehen und viele Ringelpanzer flechten. Als die sich dann in unserer Werkstatt häuften, zog ich durch die Lande, um zu sehen, ob irgendwo ein Ritter ist, König oder Kaiser, der sich neu zu rüsten hat. Und so hat der Weg mich auch zu Euch geführt.«
    Halb lächelte Karl, halb verzog er das Gesicht. »Der Einfall ist gut und bringt Euch sicher reichen Gewinn, wir indessen denken nicht daran, ein großes Heer auf die Beine zu stellen.«
    Meinhard zeigte sich verwundert. »Bei Euerm Haß auf alles, was vom Hause Bayern kommt!?«
    »Den zu verbergen reichte keine Verstellungskunst aus. Schon mein Vater hat ja mit einem anderen Ludwig von Wittelsbach um die Kaiserkrone gerungen, ein Leben lang. Aber …«
    »Ihr habt mit Hilfe des Herzogs von Sachsen ein mächtiges Heer zusammengezogen …«
    Da sah Meinhard auf Karls kleinem, grauem Gesicht ein Lächeln, das er von Schachspielern kannte, die einen raffinierten Zug im Schilde führten. »Die Bayern sind anders zu besiegen …«
    »Ich weiß: mit dem falschen Waldemar!« fiel Meinhard ein.
    »Nein: mit einer Dame«, erwiderte Karl. »Wer am Schachbrett sitzt, muß sehen, daß er mit seiner Dame das Spiel beherrscht. Und so brauche ich keine Kettenpanzer für meine Ritter, sondern schöne Gewänder für meine Brautwerber, die ich zu Rudolf sende.«
    »Die Anna, des Pfalzgrafen Töchterlein, soll Königin werden«, fügte Kochan von Wersowetz hinzu. »Und irgendwann mal Kaiserin.«
    Meinhard war über diesen Schachzug nicht eben erstaunt, denn nichts anderes sagte man König Karl ja nach, als daß er statt mit dem blanken Schwert mit Ränken und Heiratsplänen seine Politik betrieb und das Haus Luxemburg zum größten weit vor Wittelsbach und Habsburg machen wollte. Wenn er Anna wirklich bekam, waren die Wittelsbacher gespalten und Ludwig furchtbar geschwächt. Meinhard konnte seine Bewunderung für Karls Künste nicht verhehlen. Keiner wußte das politische Schach besser zu spielen als er, aber darin mochte auch seine große Schwäche liegen, denn kam jemand, der seine so klug aufgebauten Figuren mit einem Schwertstreich durcheinanderwarf, dann war er sicher schnell am Ende. Aber war dieser Waldemar ein Mann, der solches konnte?
    Meinhard machte einen neuen Versuch, das Gespräch auf Waldemar zu bringen. »Aber fürchtet Ihr nicht, daß Euch dieser auferstandene Askanier einen Strich durch die Rechnung machen könnte?«
    »Inwiefern?« fragte Karl.
    »Wenn er wirklich echt ist, habt Ihr zwar Ludwig aus Brandenburg vertrieben, aber dafür einen Mann an seiner Stelle, der vom Süden träumt.«
    »Es werden sich auch dann Wege finden lassen«, sagte Kochan von Wersowetz und gab seinem Herrn zu verstehen, daß das Gespräch wohl nichts mehr brächte.
    Deshalb fragte Meinhard noch schnell, ob der König den Waldemar nun für echt hielte oder nicht.
    Karl wich ihm aus. »Darüber werden die Männer zu befinden haben, die ihn von früher her kennen.«
    Damit war Meinhards Audienz bei König Karl IV. beendet. Nachdenklich ging er zu seiner Hütte zurück. Auf dem Weg dorthin stieß er mit einem Mönch zusammen, der ihm in seiner schlichten Zisterzienserkutte gar nicht weiter aufgefallen war.
    »Verzeihung!« rief Freidank. »Ich hoffe, Ihr habt Euch nicht weh getan, edler Herr …?«
    »Nein.«
    »Darf ich Euch trotzdem zu einem Schluck Kräuterlikör ins Zelt einladen – der heilt schnell allen Schmerz.«
    »Gerne, ja.« Meinhard folgte dem Mönch.

 

    KAPITEL 20
    1348 – Tempelberg und Heinersdorf
    D ie Belagerung Frankfurts war unterbrochen worden, und südlich der Stadt Müncheberg, die etwa in der Mitte zwischen Berlin und dem Oderstrome lag, hatte man ein gewaltiges Heerlager aufgeschlagen. Auf dem linken Flügel, westlich der Johanniter-Komturei Lietzen, standen Herzog Barnim mit den Pommern, Herzog Johann mit den Mecklenburgern, die Fürsten Albrecht und Waldemar mit den Anhaltinern und den Märkern, Erzbischof Otto mit den Magdeburgern und Teilen der Sachsen, geführt von einem der jüngeren ihrer Herzöge. Das Zentrum der Truppen gegen Ludwig befand sich bei Heinersdorf. Hier wehte die Reichsfahne, denn hier hielt sich Karl IV. mit seinen Böhmen und Mähren und

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