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Der Letzte Askanier

Der Letzte Askanier

Titel: Der Letzte Askanier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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VI. im Mai 1328 – und zwar in Rom, weshalb er denn auch zur besseren Unterscheidung nur der Römer hieß. Obwohl dreizehn Jahre jünger als sein Bruder, in dessen braunen Locken schon viele graue Haare schimmerten, wirkte er viel ernster, reifer und würdiger. Das Gesicht seines älteren Bruders, immer leicht gerötet vom Zechen, zeigte zwar viele Sorgenfalten, blieb aber überwiegend fröhlich-jungenhaft, während der Römer sehr erwachsen und erhaben wirkte: Scharf und aufmerksam waren seine Blicke, und um seine Lippen spielte ein strenger Zug. Im Jahre 1333 war er mit seinen Brüdern in einen ›Erbverein‹ getreten, um die Mark Brandenburg dem Wittelsbachischen Hause für alle Zeiten zu sichern, war also berechtigt, als Auch-Markgraf den König mitzuwählen. Wenn er es wirklich schaffen sollte, die Tochter des Königs Kasimir von Polen zu heiraten, wie er es seit langem plante, war er der eigentliche Gegenspieler Karls.
    Die Wahl Günthers von Schwarzburg zum neuen Römischen König war nur noch eine Sache von wenigen Minuten. Als man lange genug gewartet hatte, erklärte der Erzbischof von Mainz die ausgebliebenen Erzbischöfe von Trier und Köln ihrer Stimmen verlustig, und Günther von Schwarzburg wurde als rechtmäßiger König feierlich ausgerufen. Die anwesenden Fürsten versicherten, daß niemand des Reiches würdiger sei als er und daß sie sich bei ihrer Wahl allein durch Gott hätten lenken lassen. Jeder Fürst überreichte ihm eine Fahne mit dem Reichsadler, und das Volk brach in Hochrufe aus.
    »Sie denken immer: neue Lose, neues Glück«, sagte Meinhard von Attenweiler.
    »Auch neues Glück für uns«, lachte Ludwig der Römer. »Denn Günther wird diesen falschen Waldemar ganz sicher bald zum Teufel jagen.«
    Dem schien nichts mehr im Wege zu stehen, denn am 8. Februar 1349 leistete Günther von Schwarzburg den Eid als Römischer König.

 

    KAPITEL 22
    1349 – Kyritz und Köln
    S eit der Wiedereinsetzung des Markgrafen Waldemar waren an die fünf Monate ins Land gegangen. Aus Angst, daß die Pest sein Heer befallen könnte, hatte der König die nach den Tagen von Heinersdorf wiederaufgenommene Belagerung Frankfurts endgültig abbrechen lassen. Ludwig und seine Anhänger ließ Karl wie Räuber behandeln. Auch zum Fürstengericht in Wittenberg, wo die Dinge endgültig geklärt werden sollten, war der Wittelsbacher nicht erschienen. Es gab aber immer noch einige Städte, die zu Ludwig hielten: Frankfurt an der Oder beispielsweise, Brietzen, Müncheberg, Arnswalde, Reetz, Dramburg, Nörenberg, Callis, Morin, Bärwalde, Neuwedel und Falkenburg. Insgesamt aber hatten sich mehr als neun Zehntel der Mark Waldemar unterworfen und standen fest für seine Sache.
    »Was muß ich über Kyritz wissen?« fragte Jakob Rehbock, als sie die Jägelitz, ein mäßig breites Flüßchen, aufwärts ritten.
    »Nicht viel«, erwiderte Henning von Nienkerken und zählte alles auf, was er erfahren hatte. »Stendaler Stadt- und Gilderecht, viel Tuchweber und Gewandschneider, Kornschiffahrt auf der Jägelitz, freigegeben 1259 durch die von Plotho, Bettelordenskloster, von den Franziskanern errichtet, Immediatstadt, mehrfach an die Mecklenburger verpfändet, Pfarrkirche St. Marien und – besonders interessant: Die Mühlengerechtigkeit liegt beim Rat und soll sehr einträglich sein.«
    Rehbock konnte seinen Ärger über die Anspielung nicht verbergen. »Laß das gefälligst!«
    »Ist es meine Schuld, daß du unbedingt Markgraf werden wolltest?«
    »… wieder Markgraf werden wolltest!«
    »Meinetwegen auch wieder!«
    Der erste Glücksrausch war schnell vorüber, und Rehbock mußte bald erkennen, daß es recht stupide war, Markgraf zu sein. Seit seiner Bestätigung durch König Karl war er fast nur unterwegs gewesen, mit seinem Troß von einer Stadt in die andere geritten, um die alten Rechte zu bestätigen und neue zu vergeben.
    Die vielen Namen wollten ihm nicht mehr in den Kopf: Alt-Brandenburg und Görzke, Berlin und Cölln, Spandau und Köpenick, Stendal und Osterburg, Perleberg und Freienstein, Prenzlau und Fürstenwalde, Teltow, Bellin, Friesack, Rhinow, Ziesar, Werder, Potsdam, Beelitz, Brietzen, Goltzow, Saarmund, Trebbin, Mittenwalde, Fahrland, Blumberg, Biesenthal, Freienwalde, Wriezen, Oderberg, Hohen- und Niederfinow, Groß-Schönebeck, Löwenberg, Bötzow, Lindow, Arneburg, Gardelegen, Gartow, Schnackenburg, Jerichow, Wernigerode, Kyritz, Neustadt, Wusterhausen, Meyenburg, Wittstock, Putlitz, Wittenberge,

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