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Der Letzte Askanier

Der Letzte Askanier

Titel: Der Letzte Askanier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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er sah den Kometen Waldemar hinauffliegen in Gottes Reich. Lobe den Herrn, meine Seele! Herr, mein Gott, du bist Herrlich; du bist schön und prächtig geschmückt. Licht ist dein Kleid, das du anhast; du breitest aus den Himmel wie einen Teppich …
    Aber auf dem Thron saß nicht Gott, sondern Karl.
    »Karl ist ja Gott, Karl sitzt auf Gottes Thron«, murmelte er.
    »Wie?« fragte Rudolf von Sachsen.
    Wer war der Mann neben ihm, er kannte ihn nicht, er hatte ihn noch nie gesehen. Wer waren die vielen Leute alle?
    Wo bin ich, wer bin ich?
    Und dieweil er ein göttliches Leben führte, nahm ihn Gott hinweg, und er ward nicht mehr gesehen.
    Bruder Marquardus, nimm die Balken weg! Sie zerquetschen mich wie eine Fliege. Mein Kopf, mein Kopf!
    Verschwindet, ihr Bilder! Ich will zurück, ich will zurück!
    Wer die Ehe bricht mit jemandes Weib, der soll des Todes sterben, beide, Ehebrecher und Ehebrecherin, darum daß er mit seines Nächsten Weibe die Ehe gebrochen hat.
    Da bist du, da bist du endlich! Komm zu mir! Meine … Wer bist du? Sag es, sag es mir!
    »Ist dir nicht gut?« hörte er Waldemar von Anhalt fragen.
    »Wuda bie öhe henan …«
    »Wie?«
    »Ro ukka olk kar …«
    Meine Lippen können keine Worte mehr formen. Mein Gott!
    Sein Körper löste sich auf wie ein Tropfen Blut in einem klaren Teich.
    Wer bin ich, wo bin ich?
    Helft mir, ich stürze in die Hölle, ich verbrenne! Denn der Herr, dein Gott, ist ein verzehrendes Feuer …
    Ich stürze, ich stürze!
    »Markgraf Waldemar ist in Ohnmacht gefallen!«

 

    KAPITEL 23
    1349 – Eltville, Frankfurt am Main, Erfurt, Berlin, Warnitz, Werder und Lindow
    M einhard von Attenweiler verfluchte die Sonne, die Mitte Mai schon wie im Hochsommer brannte und ihn in seiner Rüstung schmurgeln ließ wie einen Apfel in der Röhre. Auch Ludwig, der Erzbischof Heinrich von Mainz, der Pfalzgraf Ruprecht bei Rhein, Heinrich von Virneburg und die anderen aus der Partei der Wittelsbacher waren schweißgebadet. Wie sehr mußte da erst der neue König leiden, den sie gerade aus dem Schlosse trugen und auf sein Streitroß hoben! Seit Tagen lag er hier in Eltville siech im Bett, und es ging das Gerücht, daß die Gegner ihn vergiftet hätten. Doch Meinhard mochte das nicht glauben. Das war nicht Karls Stil. Zwar hatte Freydank, Günthers Frankfurter Arzt, mit seinen Mitteln das Leiden eher noch verschlimmert, doch der Mann galt als viel zu rechtschaffen, um an einen Giftmord denken zu lassen.
    Günther von Schwarzburg sah mehr als elend aus, und Meinhard hatte Angst um ihn, er war auch bedrückt, weil es ja seine Idee gewesen war, ihn als Gegenkönig ins Feld zu führen.
    »So kannst du unmöglich in die Schlacht …«
    »Sein Name allein bringt uns den Sieg«, sagte Ludwig. »Und säße er als Toter zu Roß, Karl kriegte das Fieber und ließe schnell zum Rückzug blasen.«
    »Dann setzt doch einen anderen rauf – in seiner Rüstung«, schlug Meinhard vor. »Ich mach das gerne.«
    Günther von Schwarzburg winkte ab. »Das Volk weiß, wie schlecht es mir geht und merkt den Schwindel, wenn du dein Schwert wie Herkules schwingst. Und außerdem: Das ist nicht meine Sache, eine solche Gaukelei. Wie die mit dem falschen Waldemar.«
    »Hilft denn keine Medizin?«
    Der Medikus schaute betrübt drein. »Unser Gegengift ist zu schwach.«
    Meinhard spuckte aus. »Aus Krötennestern und bei Mondschein gesammelten Samen gekocht.« Er dachte an Heinersdorf, wo man ihn vergiftet hatte.
    Günther von Schwarzburg fehlte noch die Kraft, seinen Rittern nachzureiten. »Und es hat alles so wunderbar begonnen … Als wir nach Kastel gekommen sind, Mainz gegenüber. Blanker Stahl allenthalben, Harnische und Helme, Speere, geschmückte Rosse, Straußenfedern und Banner. Wie ein langer bunter Faden zog sich die Gruppe durch den frischen Schnee. Und die Leute an den Straßen jauchzten und schwenkten Tücher und Mützen. In den Schenken gab es Bier und Wein – umsonst. So groß war die Freude!«
    Das mit dem Gegenkönig war in der Tat ein kluger Schachzug gewesen, doch Karl hatte, das mußte Meinhard ihm lassen, auf geniale Art gekontert. Im Sommer zuvor war seine Frau gestorben, Blanche von Valois, und zuerst schien er um die Tochter Eduards III. zu werben, dann aber feierte er zur Überraschung aller schon am 4. März 1349 Hochzeit mit Anna von der Pfalz, der zwanzigjährigen Tochter des Pfalzgrafen Rudolf, und betrieb damit die Spaltung des Hauses Wittelsbach. Diese Ehe war es, die Günther von

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