Der Letzte Askanier
um über den Vorgang sofort Urkunden anzufertigen, von welchen jeder der Fürsten ein mit dem königlichen Insiegel versehenes Exemplar erhielt, rekognosziert vom königlichen Hofkanzler Dekan Nikolaus von Olmütz im Namen des Erzbischofs Gerlach von Mainz als Erzkanzler des Deutschen Reichs.
Danach gab Karl Weisung, eine Urkunde mit folgendem Inhalt auszufertigen:
Wir entbieten allen Bischöfen, Äbten, Äbtissinnen, geistlichen und weltlichen Fürsten und Fürstinnen, Grafen, Freien, Dienstmannen, Rittern, Knechten, Bürgern und Bauern, die in den Landen und Herrschaften des hochgeborenen Fürsten Waldemar, Markgraf zu Brandenburg, wohnhaft sind oder dahin gehören, Unsere Huld. Wir zeigen ihnen an, daß Wir Unserem lieben Schwager und Fürsten sein Fürstentum mit Land und Leuten wieder verliehen haben, und setzen ihn aus königlicher Gewalt in alle Fürstenrechte ein, die er gehabt, als er vom Lande schied. Sollte er mit seiner Betfahrt und seiner Abwesenheit, die etliche Jahre gewährt, irgend etwas versäumt haben, so ergänzen Wir, der König, dies mit Unserer königlichen Gewalt. Darum gebieten Wir ernst und fest bei Unserer Huld, daß man dem vorgenannten Fürsten, Markgrafen Waldemar, hold, gehorsam und untertänig sein möge und seiner warte mit allen Sachen, als ihrem rechten Erbherrn. Wer dawider tut oder ihm ungehorsam wird, den wird der König mit seiner königlichen Gewalt vollkommen zwingen.
Wegen des hohen Alters, 1281 war Markgraf Waldemar geboren worden, belehnte König Karl auch die jüngeren Fürsten von Sachsen und die Grafen von Anhalt feierlich mit der Mark.
Schließlich beurkundeten die dreizehn als Zeugen benannten Herren, daß alles mit rechten Dingen zugegangen war.
Fröhlich flogen die Boten mit diesen Meldungen in alle vier Winde.
»Nun?« flüsterte Nienkerken dem Manne ins Ohr, der nun ganz legal und offiziell der Markgraf von Brandenburg war.
»Ich habe den Gipfel erreicht!«
Bevor es zum Festessen ging, hatte Rehbock noch eine Urkunde über die feierliche Abtretung der Lausitz an König Karl auszustellen, und er diktierte Nikolaus Plonitz, seinem Schreiber, die ersten Sätze in die Feder: »Wir, Waldemar von Gottes Gnaden, Markgraf zu Brandenburg und zu Landsberg, entbieten allen Herren, Mannen, Rittern, Knechten, Städten, Bürgern, Gemeinen, Schulzen, Bauern, armen und reichen, geistlichen und weltlichen Leuten, die in der Mark und dem Lande Lausitz wohnen, unsern Gruß …«
Am Tische war Rehbock der Ehrenplatz neben dem König eingeräumt worden. Elisabeth, das hatte er sich auserbeten, saß an seiner anderen Seite.
Nienkerken stand abseits und besah sein Werk mit Wohlgefallen. Da war aus einem Müller ein Markgraf geworden – und alle Welt jubelte ihm zu. Was für ein Sieg! Markgraf Waldemar war nun rechtmäßiger Regent in der Mark Brandenburg, und Markgraf Ludwig ein Nichts, das heißt, als Herzog von Bayern nur noch ein Usurpator hier, dessen ohnmächtige Anstrengungen, Waldemar zu verdrängen, sich alsbald erschöpft haben würden.
Rehbock schloß, während er am Braten kaute, die Augen, um zu beten. Gelobet sei der Herr, der Gott Israels, von nun an bis in Ewigkeit! Amen, amen. Er konnte sein Glück nicht fassen. Siehe, Gott ist mein Heil, ich bin sicher und fürchte mich nicht; denn Gott der Herr ist meine Stärke und mein Psalm und mein Heil. Alles, was an diesem Tag geschehen war, drohte seinen Kopf zu sprengen, sein Herz zum Bersten zu bringen, ihn zu zerstören. Um dem zu entgehen, dachte er nur noch eins: Jetzt bin ich wirklich Markgraf Waldemar, bin ich wirklich Waldemar, bin ich Waldemar, Waldemar, Waldemar, Waldemar … Und das hallte, da er viel vom guten Wein getrunken hatte, in ihm nach wie ein Echo in der Kathedrale.
VIERTER TEIL
Das Fürstenopfer des Königs
KAPITEL 21
1348/49 – Tirol, Dresden und Frankfurt am Main
L udwig saß am steilen Ufer des Inn und warf einen runden schwarzen Stein ins Wasser.
»So wie dieser Stein versinkt, so möchte ich Karl eines Tages untergehen sehen! Aber …« Er warf ein Stück Treibholz hinterher. »… er geht nicht unter, sondern treibt wie dieses Holz schnell und unaufhaltsam dem Meere entgegen. Er will, daß seine Länder sich von Meer zu Meer erstrecken.«
Meinhard von Attenweiler saß neben ihm und war darum bemüht, seinen Freund, den sie noch immer, als wäre Karls Schiedsspruch nie erfolgt, Ludwig den Brandenburger nannten, ein wenig aufzuheitern. Aber so richtig war er selber
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