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Der Letzte Askanier

Der Letzte Askanier

Titel: Der Letzte Askanier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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Kaufmannsknecht. Und wenn er ein Ritter ist, der von den Bayern kommt, dann kann es nur der Jesko sein – erinnert ihr euch?« Er blickte in die Runde und fand lautstarke Zustimmung.
    »Sicher: der Neffe der Ruppiner, der vor Jahren nach Süden zog, um bei den Wittelsbachern zu leben.«
    »Ja, und nun ist er zurück.«
    Guntzo nickte. »Es spricht alles dafür.«
    »Rache für Wilkin, Rache für Ruprecht!« schrie Coppekin. »Tod allen Ruppinern!«
    Meinhard protestierte. »Ich bin kein Ruppiner! Ich war nie dort, ich weiß nicht einmal, wo Lindow liegt.«
    »Woher weiß er denn, daß die Ruppiner auf Schloß Lindow sitzen!?« Coppekin lachte höhnisch. »Da hat er sich eben selber entlarvt.«
    Meinhard biß sich auf die Zunge und war für einen Moment um Antwort verlegen.
    »Da steht eine wunderschöne Eiche«, sagte Coppekin und zeigte zum Rand der Senke. »Da will ich ihn hängen sehen.«
    »Es spricht nichts dagegen«, knurrte Guntzo.
    Meinhard wußte, daß er nur noch eine Chance hatte – und die wollte er nutzen. »Halt!« rief er, als ihn die Kerle packen wollten. »Hört mich an!«
    »Soll er …« Coppekin hielt die Leute fest. »Das Winseln eines Hundes freut mich immer.«
    Meinhard versuchte, sich aufzurichten, so gut es mit den Stricken ging. »Ihr habt recht, ich bin kein Kaufmannsknecht, ich bin in der Tat ein Ritter: Meinhard von Attenweiler aus der Gegend bei Nürnberg.«
    »Hört!« schrien einige. »Dann dürfen wir ihn nicht hängen, sondern müssen ihn köpfen!«
    Meinhard ließ sich nicht beirren. »Aber ich bin keiner, der den Speichel seines Fürsten leckt, sondern einer, der seinen Fürsten haßt. Denn Kaiser Ludwig der Bayer hat mir das Land meiner Väter genommen und mich leben lassen wie einen Hund. Ich habe keine Burg mehr, kein Flecken Land, sondern nur noch mein Pferd und muß mich durchs Leben schlagen, indem ich Lösegelder überbringe und Ringelpanzer anpreise. Ich bin voller Wut gegen die Herren, und mir geht es in allem wie euch: Ich hasse sie und will frei sein wie ihr, will mich rächen an ihnen und mir zurückholen, was sie mir genommen haben. Laßt mich euer Bruder sein!«
    Das hatte gewirkt, Meinhard spürte es am beifälligen Gemurmel. Nur Coppekin blieb hart.
    »Das ist doch alles Lüge!«
    Guntzo wiegte den Kopf. »Wenn er wirklich kämpfen kann wie ein Ritter, könnte er uns von großem Nutzen sein.«
    Coppekin lachte diabolisch. »Soll er sich mit Hyndemit messen.«
    Der Vorschlag kam einem Todesurteil gleich, denn Hyndemit war nicht nur ein Hüne, er hatte auch Freude am Töten. Noch nie hatte er im Kampf jemanden geschont.
    »So soll es sein!« Guntzo winkte Hyndemit herbei. »Bindet den hier los und schafft zwei Spieße herbei.«
    Meinhard beeilte sich, wieder auf die Beine zu kommen, und er dehnte und reckte die Glieder. Als er seinen Gegner vor sich sah, war ihm, als würde er in einem kleinen Boot auf den Koloß von Rhodos zuhalten. Wenn er den mit dem Spieß ins Herz treffen wollte, mußte er zuvor auf eine Leiter klettern. Und die Waffe, die sie ihm in die Hände drückten, schien eher eine Bohnenstange zu sein. Nun denn, vor dem Gefecht mit Hyndemit galt es, die eigene Angst zu besiegen. Während er mit dem plumpen Spieß hantierte, dachte er an Leah. Bis Berlin waren es nur wenige Meilen, und vielleicht träumte sie in diesem Augenblick von ihm, sehnte sich nach seiner Nähe. Der Gedanke gab ihm Kraft. Jetzt zu sterben, ohne jemals ihre warme Haut gespürt zu haben, das durfte nicht sein.
    Guntzo Köpcke gab den Befehl zum Beginn des Kampfes.
    Sie nahmen Aufstellung an einer schmalen Stelle der Senke, wo das Zurückweichen erschwert war, und durchbohrten sich vorerst nur mit Blicken. Ringsum standen Guntzos Leute und reizten den Ihren mit lauten Rufen zum Angriff.
    Hyndemit führte den ersten Streich, indem er versuchte, Meinhard den Spieß aus der Hand zu schlagen. Meinhard parierte den Schlag nur mit Mühe. Zugleich wurde ihm klar, daß es gut für ihn war, so schwach wie möglich zu wirken. Um so eher würde sich der Angreifer eine Blöße geben. Doch Irrtum, Hyndemit war keineswegs so dumm, wie man es Leuten seines Schlages gern unterstellte. Er hatte sehr wohl begriffen, daß er hier mit keinem hergelaufenen Zunftgesellen focht!
    Meinhard stellte mit Schrecken fest, daß Hyndemit ein gerissener Gegner war. Jede seiner Finten mißglückte, immer wieder schlug Hyndemit seine Lanze lachend beiseite, wenn er mit ganz besonderer Raffinesse zustoßen wollte.

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