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Der Letzte Askanier

Der Letzte Askanier

Titel: Der Letzte Askanier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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Der Riese spielte mit ihm, wollte ihn ermüden, um ihn dann genüßlich abzustechen. Auf dem Pferderücken, da wäre Meinhard ihm deutlich überlegen gewesen, hier unten im Sand aber war ihm der andere um vieles voraus. Und als Hyndemit zum ersten Male Ernst machte, steckte sein Spieß eine Handbreit tief in Meinhards linker Schulter, nicht weit überm Herz. Das Blut schoß heraus, es schmerzte höllisch, die Buschräuber johlten. Meinhards Entgegnung war ein Stoß in Richtung Nabel, doch Hyndemit griff Meinhards Lanze mit der freien Hand und hielt sie fest, so wie jemand einen Ast vom Baume bricht.
    »Das ist kein Ritter«, rief Coppekin, »das ist bestenfalls der Sauhirt des Ruppiner Grafen mit seinem Stecken.«
    Meinhard sah, daß Hyndemit sein linkes Auge fixierte. Kein Zweifel, wohin er mit seinem nächsten Stoß zielte.
    »Nicht in die Augen!« schrie Meinhard in aufschießender Panik. Die war echt, aber zugleich blieb er kühl genug, um gewandt zu reagieren. Er tat, als wollte er fliehen und wäre dabei ausgerutscht. Da lag er nun auf dem Rücken wie ein zappelnder Käfer. Die Buschräuber brachen in ein so infernalisches Gelächter aus, daß es die Bauern im fernen Dorf noch hörten.
    Hyndemit, schon ganz der Sieger, kam heran, um ihn zu durchbohren. Meinhard rührte sich nicht, er schien sich mit dem Tode abgefunden zu haben und nur zu hoffen, daß es schnell vorbei war. Hyndemit ließ sich Zeit und dachte sich genüßlich eine Grausamkeit aus.
    Auf diesen Moment hatte Meinhard gewartet. Blitzschnell fuhr er in die Höhe und stieß von unten zu.
    Hyndemit brauchte lange, bis er begriff, was ihm da geschehen war. Fassungslos stierte er Guntzo an, und erst, als die Genossen ihm den Spieß aus dem Bauch zogen, entfuhren ihm tierische Schreie.
    Meinhard sprang auf und wandte sich ab. Es dauerte eine Stunde und mehr, bis Hyndemit gestorben war.
    »Begrabt ihn oben im Wald«, wies Guntzo seine Leute an.
    »Und der da?« fragte Coppekin, auf Meinhard deutend.
    »Ist der Sieger und wird den Eid als unser Bruder leisten, kämpfen für uns an Hyndemits Stelle.«
    Meinhard hatte keine andere Wahl. »Ja, von Herzen gern!« rief er.
    Da sprach Guntzo die Eidesformel. »Nun wohlan, so sollst du als freier Mann aufgenommen werden unter den Freien. Und zerrissen seien alle Bande, die dich fesseln an die Menschen draußen, und wir sind fortan deine Blutsbrüder und deine Sippschaft. Du hast nicht mehr Vater und Mutter draußen, nicht Schwester und Bruder: die sind hier. Jeder ist dein Bruder. So du einen schiltst, so schiltst du alle, und so dich einer schilt, so sind alle gescholten. Und wehe dem, der sich gegen die Brüderschaft vergeht: der ist des Todes! Gelobe nun Treue und Verschwiegenheit!«
    »Ich gelobe hiermit Treue und Verschwiegenheit!«
    »Lege als Zeichen dafür deine Hand zwischen die Zähne dieses Totenkopfes!«
    Coppekin hielt ihm den Schädel hin, und Meinhard tat, wie ihm geheißen. Darauf wurde eine Flasche hervorgeholt.
    »… und trinke dieses Menschenblut zum Zeichen, daß wir alle dein Blut trinken werden, wenn du uns verraten solltest.«
    Meinhard überwand sich und trank.
    »So bist du nun einer von uns!« Guntzo schlug ihm auf die Schulter, um die Zeremonie zu besiegeln.
    »Und das Gelage kann beginnen!« rief Coppekin.

 

    KAPITEL 11
    1348 – Magdeburg
    S eit über fünfhundert Jahren war Magdeburg an der Elbe ein bedeutender Handelsplatz, und das hatte die Stadt vor allem Kaiser Otto I. – dem Großen – zu verdanken. Der hatte 937 das Moritzkloster gestiftet und 968 das Erzbistum Magdeburg errichtet, das ein wichtiger Machtfaktor im Reiche werden sollte und zu dessen Kirchenprovinzen die Bistümer Brandenburg, Havelberg, Meißen, Merseburg und Zeitz gehörten. Das weltliche Territorium umfaßte die Magdeburger Börde und Halle/Saale mit den umliegenden Gebieten, das Land zwischen Elbe und Havel bis hin zum Plauer See sowie das Land Jüterbog. Mit dem 1188 erstmals kodifizierten Magdeburger Recht, das viele Städte im Osten übernahmen, und seinem Schöppenstuhl, an den man sich im Zweifelsfalle wandte, wenn man nicht mehr weiterwußte, bekam die Stadt für die innere Ordnung des Reiches großes Gewicht. Und die Kaufläden in der Stadt waren von einer solchen Pracht, daß die Leute aus Berlin, Spandau oder Prenzlau stundenlang neidisch davorstehen und gaffen konnten. Und da Magdeburg so reich war, vor allem durch sein Stapelrecht, und die Mark Brandenburg so arm, mochten sich die

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