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Der Letzte Askanier

Der Letzte Askanier

Titel: Der Letzte Askanier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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Menschen beider Territorien nicht und waren böse Nachbarn geworden.
    Aber so gut es den Magdeburger Bürgern auch ging, sie fanden selten ihren Frieden. Immer wieder gab es heftige Konflikte zwischen den Zünften, den führenden Geschlechtern und dem Adel, den Erzbischöfen aber vor allen anderen. Erzbischof Burchard hatten sie sogar, nachdem er sie – Bürger und Rat, aber auch die Vasallen, den Adel und sein Domkapital selber – geplagt und betrogen, gebrandschatzt und geschunden hatte, gefangengenommen, im Käfig auf dem Marktplatz ausgestellt, dann ins Rathaus gesperrt und von ihren Knechten erschlagen lassen. Bann und Interdikt des Papstes waren die Folge gewesen.
    Nun aber saß Erzbischof Otto auf dem Fürstenstuhl, ein geborener Landgraf zu Hessen, und mit ihm waren die Fehden zu Ende gegangen. Er hatte für die Lösung des Bannes Sorge getragen, und die Bürger hatten ihm dafür gerne gehuldigt, zumal er die Macht der Adligen und der alten Geschlechter schnell gebrochen hatte. Otto galt als feiner und kluger, aber auch streitbarer Mann. Er war zu einer wichtigen politischen Größe im Reiche geworden und stand den Erzbischöfen von Mainz, Köln und Trier nur noch wenig nach. Wenn er ein Fest gab, wie jetzt im Juli 1348 die Heermesse zu Ehren des heiligen Märtyrers Mauritius oder Moritz, dann strömte das Volk von nah und fern herbei, um dem Hochamt, den Prozessionen und dem Markte beizuwohnen, der dann gehalten wurde.
    Heute hatte der Erzbischof zu einem prächtigen Mittagsmahl in seinen Palast geladen, und nicht nur viele junge Herren und Prälaten tafelten dort, sondern auch schöne Fräulein und Frauen in den kostbarsten Gewändern. Spangen, Ketten und Edelsteine flimmerten im Scheine der Kerzen, und anmutig wippten die bunten Federn auf den Hüten, wenn die Köpfe der Schönen sich neigten. Edelknaben huschten artig durch die Reihen, um zwischen den Gängen Waschwasser in silbernen Schalen zu reichen, damit die Finger appetitlich blieben. Die Bürgersfrauen vom Rate und von den führenden Geschlechtern durften sich wie Fürstinnen fühlen – und wehe, wenn ihre Männer später einmal dem Erzbischof nicht Folge leisten wollten. Blumen und Kränze schmückten die Säulen, und die Zuckerbäcker hatten kunstvolle Figuren geschaffen: die Judith, die schöne Helena oder Cupido, den Gott der Liebe und Begierde. Räucherharze aus Arabien sorgten für betörende Düfte. Pfeifer und Geiger spielten auf, und hinter Teppichen verborgen ließen Sänger ihre Stimmen hören.
    An der Quertafel, die um einiges erhöht weiter hinten stand, saßen Erzbischof Otto und die Fürsten nebst einigen vornehmen Herren. Für die übrigen Gäste, geistliche wie weltliche, waren an den Längsseiten des Saales zwei lange Tafeln aufgebaut, und alle versuchten zu erlauschen, was die hohen Herren sich zu erzählen hatten.
    Der Erzbischof war ein feiner und ein schöner Mann mit einem vollen runden Gesicht und lebhaften Augen. Souverän und lässig wirkte er, elegant und weltgewandt, fast ein wenig abgehoben schon, über allem schwebend. Doch das täuschte, denn nichts entging ihm von dem, was unter ihm im Saal geschah.
    Herzog Rudolf von Sachsen, der viel und gerne aß, aber wenig redete, begann sich schon zu langweilen, weil der Erzbischof gar nicht mehr aufhören wollte, mit seiner Muhme zu reden, der Gräfin Matilde. Zumeist ging es um deren Tochter Adelheid, von der man munkelte, daß ihr Vater durchaus Markgraf Ludwig der Brandenburger sein könnte.
    Der Graf von Anhalt und Kurt von Alvensleben, der ein Lehnsherr des Erzbischofs war, kamen alsbald auf das Elend zu sprechen, in das die nahe Mark geraten war.
    »Fürwahr, Ihr edlen Herren«, seufzte Otto, »es ist unglaublich, was wir mit diesem Brandenburg erleben. Lassen wir nun aber das hochleben, was uns Freude macht: den König Karl und vor allem unser schönes Magdeburg!«
    Er ließ sich den goldenen Ehrenpokal nach oben reichen. Alle Gäste erhoben sich und brachen in Hochrufe aus. Die Pfeifer und die Geiger stimmten ein, daß es dröhnte. Der Bürgermeister dankte in einer schön gesetzten Rede dem Erzbischof, welcher soviel getan habe für ihren Frieden, ihr Heil und ihre Gerechtsame.
    Freundlich nickte ihm der Erzbischof zu. »Den Frieden dieser schönen Stadt zu mehren, war von jeher meine Sorge und Pflicht. Aus diesem Grunde habe ich auch mit den Räuberbanden, die unsere Grenzen unsicher machten, Verträge schließen lassen, daß sie auf drei Jahre der Stadt und

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