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Der Letzte Askanier

Der Letzte Askanier

Titel: Der Letzte Askanier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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in Berlin sein und Leah suchen. Gleichzeitig aber hatte er sich um den falschen Waldemar zu kümmern, aber auch zu sehen, daß er den Purucker fand. Das Lösegeld für ihn war im Sattel versteckt. Das alles – Leah, Waldemar und Purucker – auf einen Nenner zu bringen, war so schwer wie die Quadratur des Kreises.
    Da scheute sein Pferd, und er riß so erschreckt am Zügel, daß es in die Höhe stieg. Als er es pariert hatte, sah er, daß etwas auf dem Weg lag. Ein Bündel aus Kleidern. Mehr noch: ein Mensch. Eine Frau, zusammengerollt, mit abgewandtem Gesicht. Er sprang ab, um nach ihr zu sehen und beugte sich über sie. Sie war noch jung, eine Magd aus dem Dorfe offenbar. Ihre Stirn war voller Blut.
    Als er ihren Puls gefaßt hatte, um zu sehen, ob noch Leben in ihr war, bekam er einen mächtigen Schlag auf den Hinterkopf, und ihm schwanden die Sinne.
    Die Freien hatten ihr Lager in einer Senke errichtet. Der Ort war finster, denn die Abhänge waren dicht mit Brombeeren und Ginster bewachsen, und die Kiefern türmten sich wie eine dunkle Wand darüber auf. Doch unten am Rand der Senke gab es hellen Sand, in dem man behaglich liegen konnte.
    Guntzo Köpcke trat mit müden Schritten in den Kreis seiner Leute und setzte sich auf einen Block aus rotem Granit, als wäre es ein Thron. Man merkte ihm an, daß es ihm schlecht ergangen war. Der Zusammenstoß mit den Ruppinern sollte dann auch der erste Gegenstand ihrer Beratung werden.
    Meinhard von Attenweiler kehrte ins Leben zurück wie einer, der auf dem Grunde eines reißenden Flusses eingeklemmt und halbtot ans Ufer gespült worden war.
    Ich bin zurück im Lager, das war sein erster Gedanke. Saßen sie da nicht alle am Feuer, der Domherr, der Dominikaner, Eike Winns, der Jude? Doch dann sah er zu seiner großen Überraschung die Magd, die tot im Wald gelegen hatte. Sehr lebendig jetzt. Und auch die Männer waren andere. Um vieles wilder und verwegener als die Begleiter vom Abend zuvor, verwahrloster auch. Als er feststellen mußte, daß er an Händen und Füßen gefesselt war, begriff er, was geschehen war: Buschräuber hatten ihn ergriffen. Wahrscheinlich des Lösegeldes wegen. War es Zufall, oder wußten sie, daß er gekommen war, um den Purucker freizukaufen? Er hielt es für klüger, sich weiter bewußtlos zu stellen und hörte zu, was die Buschräuber sprachen. Das Wort hatte offenbar der Anführer.
    »Also, ihr Brüder, das ist bei unserem Ritt nach Lindow zu den Ruppiner Grafen geschehen: Sie haben uns zum Narren gehalten und gedemütigt, da wir in guter Sitte Lösung und Blutgeld bringen wollten. Sie haben einen unserer Brüder gefangen und werden Ruprecht richten und hängen, ohne daß wir's noch hindern können. Unseren Bruder Wilkin haben sie erschlagen wie einen räudigen Hund und unser Geld genommen, ohne dafür Frieden zu geben. Mich schließlich haben sie gehetzt, um auch mir den Garaus zu machen.«
    »Rache, Rache an den Ruppinern!« schrie einer, der dem Anführer zum Verwechseln ähnlich sah und wohl sein leiblicher Bruder war, nicht nur einer im Geiste. »Guntzo, gib den Befehl, daß wir alle nach Lindow reiten und sie niedermachen!«
    »Schweig, Coppekin! Wir sind zu schwach dazu. Wenn Wölfe sich auf eine ganze Herde stürzen, werden sie von den Auerochsen zertreten – sie müssen warten, bis ein Tier sich abgesondert hat.«
    »Da haben wir so ein abgesondertes Tier!« rief Coppekin, und Meinhard spürte, daß der Buschräuber auf ihn zeigte. »Der hat soviel Münzen bei sich gehabt, daß er womöglich vom Markgrafen kommt und zu den Ruppinern will.«
    »Das könnte wohl sein«, sagte der Anführer. »Schafft ihn her und schüttet ihm einen Eimer Wasser übern Kopf, daß er wieder zu sich kommt.«
    So geschah es, und Meinhard wurde zum Feuer geschleift.
    »Wer bist du?« fragte ihn der, den sie Guntzo nannten.
    »Meinhard aus Nürnberg.« Das Leugnen erschien ihm sinnlos.
    »Und was machst du hier?«
    »Ich soll sehen, ob ich Leute finde, die Ringelpanzer kaufen, Kettenhemden. Mein Meister hat mich hergeschickt, da es hier nach Krieg aussieht.«
    Guntzo Köpcke lachte. »Und da bringst du das Geld schon mit!?«
    »Das ist das Lösegeld für den Johann Purucker aus München, das mir seine Frau mit auf den Weg gegeben hat.«
    »Er lügt!« rief Coppekin Köpcke, und Meinhard spürte, daß dieser Mann ihn furchtbar haßte, ohne daß es einen erkennbaren Grund dafür gab. »Wie der redet, wie der geritten ist: Das ist ganz sicher ein Ritter, kein

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