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Der Letzte Askanier

Der Letzte Askanier

Titel: Der Letzte Askanier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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Betrüger sei, flochten ihn aufs Rad und vierteilten ihn – oder sie hoben ihn zu sich empor und feierten ihn als ihresgleichen. Denn die Wege des Herrn sind richtig, und die Gerechten wandeln darin; aber die Übertreter fallen darin. Fiel auch er? Ja, er würde fallen, mußte fallen, denn er war ein elender Betrüger. Nein, er würde wandeln, denn als Markgraf konnte er Gutes tun im Namen des Herrn; Elisabeth hatte es gesagt. Zur selben Zeit will ich die zerfallene Hütte Davids wieder aufrichten und ihre Lücken verzäunen, und was abgebrochen ist, wieder aufrichten und will sie bauen, wie sie vorzeiten gewesen ist. Die zerfallene Hütte Davids, das war die Mark Brandenburg. Wo ist so ein Gott, wie du einer bist, der die Sünde vergibt und erläßt die Missetat den übrigen seines Erbteils, der seinen Zorn nicht ewiglich behält! Denn er ist barmherzig!
    Da war der Graf von Anhalt mit seiner Prüfung des Ringes zu Ende gekommen. »So wahr mir Gott helfe in meinen Nöten: Dies ist Waldemars Ring. Den hat er von seinem Vater, dem Markgrafen Konrad, und er schwor mir hoch und teuer, daß er diesen Ring nicht von der Hand lassen würde bis ins Grab.«
    »Es ist sein Ring!« schrie Herzog Rudolf mit glasigen Augen. »Mein halb Herzogtum und Wittenberg dazu: er ist echt!«
    Nun winkte der Erzbischof den Pilger an die Tafel, noch aber, so schien es Rehbock, war er weit davon entfernt, ihn als den Markgrafen Waldemar im Kreis der Fürsten aufzunehmen. Im Gegenteil: das Verhör, das anstand, konnte peinlich werden und schien von ungewissem Ende.
    »Frommer Pilger«, fragte der Erzbischof mit strenger Miene. »Wie und woher kommst du nach Magdeburg?«
    Rehbock versuchte krampfhaft, auf den Text zu kommen, den er mit Henning von Nienkerken auf dem Weg nach Magdeburg eingeübt hatte. Sein Berater hatte ihm augenzwinkernd zu verstehen gegeben: »Es kommt nicht darauf an, ein Markgraf zu sein, sondern wie ein Markgraf zu wirken.« In der Aufregung aber hatte er alles vergessen. Herr, wenn es dein Wille ist, daß ich das Land erretten soll, dann hilf mir doch!
    »Nun, was ist!?« fragte der Bischof bohrend.
    Rehbock sah betreten auf sein aschgraues Pilgergewand hinab und formte mit großer Mühe eine Antwort: »Ich komme aus dem Lande, wo unser Heiland für uns alle blutete.«
    »Und was führt dich her zu uns?«
    Rehbock wunderte sich nur, daß man ihn noch nicht gepackt und hinausgeworfen hatte, schon das schien ihm Bestätigung genug, daß der Herr ihn wirklich stützte. »Was mich hergeführt hat?«
    Rehbock wagte nicht auszusprechen, was er dachte, denn er fürchtete, tot umzufallen, wenn der Herrgott dies als Lästerung aufnahm. Nun denn, es mußte sein: »Der Ruf Gottes hat mich hergeführt.« Er duckte sich. Doch nichts geschah.
    Der Erzbischof wirkte ein wenig ratlos. »Bei allen heiligen Schutzpatronen unserer Kirche: Wer bist du? Bist du aus unseren Landen?«
    »Ich bin's.« Das kam mit fester Stimme.
    »Und dein Name lautet?« fragte nun der Erzbischof.
    Aller Augen waren jetzt auf den Pilger gerichtet, und Rehbock wußte, daß sich im nächsten Atemzuge sein Leben entschied. Und er sagte, was ihm Henning von Nienkerken eingeschärft hatte: »Wenn dir mein Ring nicht schon verraten hat, wer ich bin, Otto von Hessen, dann drück den Stein nieder, und du wirst meinen Namen lesen.«
    Der Erzbischof drückte auf den Stein, der schwer in seiner Goldfassung saß. Da klickte es seitlich, und ein kleines Schildchen kam zum Vorschein, das er sogleich den beiden Tischnachbarn, dem Herzog von Sachsen und dem Grafen von Anhalt, zur Prüfung vor die Augen hielt.
    »Waldemar!« kam es wie aus einem Munde, und die anderen, die an der Tafel saßen, wiederholten es.
    »Ja«, murmelte Rehbock, als wäre er selbst von dieser Entdeckung überrascht. »Ich bin der alte Waldemar, den ihr für tot gehalten habt.«
    Stumm stand er nun, aber aufrecht, wie in Stein gehauen, ein Denkmal seiner selbst. Und wie versteinert kam er sich auch vor: Er fühlte nichts mehr, dachte nichts mehr und fürchtete nichts mehr. Mit ihm schwiegen alle im Saal. Die einen, weil sie ehrfürchtig den Mann anstarrten, an dem der Herr ein Wunder vollbracht, die anderen, weil sie glaubten, daß der allmächtige Kirchenfürst den greisen Narren gleich mit einem gewaltigen Donnerwetter zum Teufel jagen würde.
    Der Erzbischof wußte nicht recht, wie er reagieren sollte, und bat den Pilger, das Wunder seines Wiedererscheinens zu erläutern.
    Rehbock räusperte sich,

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