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Der Letzte Askanier

Der Letzte Askanier

Titel: Der Letzte Askanier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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denn sein Herz schlug schnell und preßte ihm den Atem ab. »Nun … Waldemar war ich, bin ich … Jetzt bin ich ein Pilger aus Jerusalem …« Verzweifelt suchte er nach den Sätzen, die er mit Henning von Nienkerken für diese Szene zurechtgelegt hatte. »… ein Pilger auf dieser Erde, ohne ein Haus, das mein ist. In Erdhöhlen lebe ich. Erde zu Erde, Staub zu Staub.« Nein, das war es nicht, was er hatte sagen wollen. Flehend gingen seine Blicke zum Himmel hinauf, und da hörte er es mit sanfter Stimme: Denn es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen; aber meine Gnade soll nicht von dir weichen, und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen, spricht der Herr, dein Erbarmer. Aber trotz dieser Stärkung blieb sein Kopf leer wie ein ausgelaufenes Faß, und sein Mund stumm wie der eines Fisches.
    Das Zögern Rehbocks gab dem Verdacht des Erzbischofs, einen Betrüger vor sich zu haben, neue Nahrung. Henning von Nienkerken, der sich in die Nähe seines Schützlings geschoben hatte, spürte es mit Entsetzen und wußte, daß alles verloren war, wenn er Rehbock nicht zu Hilfe kam. Doch wie?
    Rehbock hatte nun völlig vergessen, wo er war und sah sich vor der Grabeskirche mit Bruder Marquardus über Magdeburg reden, über die prunkvollen Feste der Erzbischöfe und wie es wohl wäre, auch einmal als Gast an der Tafel zu sitzen.
    Der Erzbischof hob die Arme. »Wärst du wirklich der große Waldemar …«
    Henning von Nienkerken drängte sich an Rehbock heran und flüsterte ihm Sätze ins Ohr, die ihm vielleicht weiterhalfen: »Sei bescheiden! Sag: ›O Eitelkeit der Welt! Was groß ist, ist hin.‹ Und so weiter!«
    Und Rehbock, hochschreckend aus der Trance, wiederholte mit leiernder Stimme: »O Eitelkeit der Welt! Was groß ist, ist hin. Und so weiter …«
    »Wie!?« Der Erzbischof traute seinen Ohren nicht, und im Saale kam Gelächter auf.
    Nun blieb Henning von Nienkerken nichts anderes, als für Rehbock in die Bresche zu springen, und nach den üblichen Höflichkeitsfloskeln bat er um Nachsicht für ihn: »… denn der Markgraf ist alt geworden und hat Schweres durchgemacht auf dem Weg ins Heilige Land und wieder zurück, ist auch in Jerusalem selber todkrank gewesen und nur durch die unendliche Gnade des Herrn errettet worden. Wer wie er fast drei Jahrzehnte lang unter Bettlern gelebt hat, dem muß der Atem stocken, wenn er nun vor Fürsten steht.«
    »Quälet den nicht, den der Herr uns sendet!« erhob sich da die laute Stimme der Begine Elisabeth. »Schaut doch nur, Ihr hohen Herren, auf seine Stirn. Seht Ihr nicht die Narbe, an der das ganze Reich den Markgrafen Waldemar erkennt?«
    Rehbock befühlte unsicher tastend die Narbe. Natürlich, sie war da, seit er in Jerusalem vom Baugerüst gestürzt war.
    »Narbe und Ring«, hörte er Henning von Nienkerken flüstern. »Dagegen kann keiner an. Komm endlich zur Besinnung!«
    »Sanctissima mater!« rief der Erzbischof, der sich weit hinübergelehnt hatte, um Rehbock genauer zu mustern. »Graf von Anhalt, Herzog von Sachsen, seht nur her. Das ist die Narbe, in der Tat, Waldemars Narbe!«
    »Also ist es Waldemar!« riefen sie.
    Der Erzbischof fixierte Rehbock und fragte wie ein Folterknecht. »Sag an: Bist du Markgraf Konrads Sohn?«
    Rehbock hielt den Blicken Ottos stand. »Konrad hieß mein Vater, so wahr mir Gott helfe.« Das konnte er ehrlichen Herzens behaupten, denn Konrad Rehbock war wirklich sein Vater gewesen.
    Henning von Nienkerken, der dies wußte, hätte am liebsten einen Luftsprung gemacht. Er sah in der Welt schon lange nicht mehr die stolze Schöpfung Gottes, sondern nur noch eine einzige Posse. Waren die Umstände günstig, dann konnte selbst ein hergelaufener Müller einen Fürsten mimen – vorausgesetzt, er hatte einen Berater wie ihn.
    Wie Henning von Nienkerken richtig berechnet hatte, ging das Spiel nun mit einem würdigen Akt der Prüfung weiter, den der Erzbischof selber vornehmen würde, und er konnte nur hoffen, daß Rehbock seine Lektion nun besser beherrschte als zuvor. Eingeübt hatten sie ja alles bis zum Überdruß.
    Bei ehrfürchtiger Stille ergriff nun der Erzbischof den Stab, den der Domherr ihm hingehalten hatte, und sprach feierlich: »Pilger, wer du auch seist, denke, vor wem du stehst. Denn das ist meine Pflicht, daß ich dich ausforsche mit all meinen Rechten. Darum frage ich dich im Namen des heiligen Moritz und des heiligen Adalbert und der Gebeine und Reliquien in unseren Domschreinen, ob du mir antworten

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