Der letzte Aufstand
ihr habt unzählige Sprünge zur Verfügung. Kommt und geht, wie es euch beliebt.“
„Wir machen uns sofort auf den Weg. Ich habe mein Floss fest vertäut.“ Henk faltete die Hände und stimmte das Lied des Abschieds an.
Das Lied des Abschieds
Im Gehen verliere ich, was mir lieb ist.
Komm ich zurück, hoff‘ ich zu finden,
was ich zurück liess. Oh Leben,
lass mich Gnade erfahren, lass mich grossmütig geben,
wo meine Reise mich hinführt.
Dann drehte er sich um, ging in seine Zukunft.
☸
Des Monts d’Ardèche, Frankreich, 5 Tage nach „Tag X“
Die Forschungs-Kabinen waren grosszügig gebaut. Sie hatten eine breite Fensterfront, die ins Grün hinaus schaute, genauso wie einen kleinen ebenerdigen Balkon, wo man frische Luft tanken konnte. Ein Liegestuhl auf dem Balkon sorgte für ein wenig Luxus.
Das ganze Gebäude ragte nur zwei Meter über den Erdboden, da es in das Erdreich hinein gebaut worden war. Die Struktur war achteckig, wobei jede Seite des Baus der Unterkunft eines Teams diente. Die Abteilung des Wachholder-Clans schaute mit den Fenstern in Richtung Süden. Üppige grüne Felder lagen im Blickfeld, sie wurden von kleinen Felsen durchzogen. In der Ferne blickte man auf einen kargen Hügelzug, der im Westen schroff abfiel und im Sommer gerne von Kletterern in Anspruch genommen wurde.
Die Forschungs-Kabinen waren schalldicht isoliert, so dass man absolute Ruhe hatte, wenn man einer übersinnlichen Spur nachging. Das war absolut notwendig, weil die kleinste Ablenkung manchmal für Assoziationen sorgte, die die Forschungsresultate verfälschten.
Vor den Kabinen ging eine Wendeltreppe in ein unterirdisches Studio, wo man sich mit verschiedensten Geräten in einen rezeptiven Zustand bringen konnte. Es gab beispielsweise eine kompliziert konstruierte Schaukel, deren Widerstand man so einstellen konnte, dass das Schaukeln dem eigenen Atemrhythmus entsprach, und die automatisch in dieser Frequenz hin und her schaukelte, um sich dann nach etwa fünf Minuten so zu verlangsamen, dass die Gehirnaktivität in einen Delta-Zustand hinüber glitt. Die Kunst war dann, in dieser rhythmischen Ruhe nicht einzunicken, was man erst nach intensivem Training hinbekam. Alle A-Team Mitglieder waren anfangs regelmässig eingeschlafen, wenn sie die Apparatur benutzten, um sich selbst herunter zu fahren. In der Vorrichtung zu sitzen war, als würde man gewiegt werden, von links nach rechts und wieder zurück. Nur das Schlaflied der Mutter fehlte.
Luc benutzte die Schaukel täglich mehrmals, weil sie ihm half, den benötigten Zustand für‘s Forschen schnell und sicher herstellen zu können.
Am Tag vor dem Anschlag in Brüssel benutzte er sie jede zweite Stunde. Er forschte eine Stunde lang, hielt die Resultate im Logbuch fest und ging dann mit Flying Shark spazieren, um nach seiner Rückkehr wieder genau dasselbe zu tun. Schaukeln, Forschen, Resultate Aufschreiben, Spazieren, Schaukeln, etc., und dann gab es jede vierte Stunde eine Update Videokonferenz mit Danielle, Guillaume, Yeva, Kahil und Lea.
Man witzelte ein wenig, was aber nur ein Indiz für die Nervosität war. Die Verantwortung des Wachholder-Teams war noch nie so gross gewesen, wie bei diesem Anschlag. Tausende von Menschenleben hingen von ihrer Arbeit ab. Luc, der am meisten Anfälligkeit für Stress hatte, versuchte den Druck nicht zu gross werden zu lassen, aber das war nicht einfach, weil er sich immer wieder vergegenwärtigte, was von seiner Leistung abhing.
Er schlürfte regelmässig seinen Apfelschalen-Tee, den Helena allen verordnet hatte. Doch die Anspannung blieb, war auch nötig, wollte man der Sache gerecht werden. Früher hatte er sich seine Konzentration durch Koffein gesichert, aber den Kaffee hatte Helena über den Verlauf der Ausbildung allmählich vom Speiseplan gestrichen. Sie sagte, das Koffein führe zu einer einseitigen Konzentration, die in der Forschung zu Fehlern führe. Und dann hatte sie den Apfelschalen-Tee eingeführt. Wollte man als A-Team Mitglied etwas Bitteres und Aufweckendes, so erhielt man Löwenzahnwurzel-Kaffee.
Luc schrieb die neuen Erkenntnisse seiner Remote Viewing Sitzung ins Logbuch.
Er putzt sich von 17.01 bis 17.20 die Zähne. Um 17.21 stürmt er aus dem Haus. Tom umkreist zuerst zweimal sein Auto, als wolle er es auf Schäden untersuchen. Dann fährt er los in die Nähe des Stadions, parkiert in der Houba de Strooperlaan. Bombe ist im Kofferraum.
Eine Stunde vor ihm hatte
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