Der letzte Aufstand
gesinnt und nur dazu da, ihn zu kräftigen, während die Luft zuhause eher scharf und ein bisschen ätzend war. Typische Stadtluft eben.
Man liess ihn warten. Obwohl die Uhr, die er am Arm hatte, kaum mehr verlässliche Angaben über die Uhrzeit an diesem Ort machen konnte, schaute Pete auf das Zifferblatt. Es war halb elf. Zumindest zuhause in New York, war es halb elf.
Fast zwei Stunden später - die Uhr zeigte nun 12.15 - öffnete jemand die Tür. Es war Henk, der mit einem vergoldeten Tablett in den Händen, das Zimmer betrat. Auf dem Tablett waren zwei Tassen.
„Ich hab dir etwas zu trinken gebracht. Eine Spezialität meines Mutter- Dorfes: Tojahblätter-Tee.“
Er stellte ihm die Tasse auf den hängenden Tisch. Dann setzte er sich auf den Stuhl, während er Pete dazu aufforderte, sich auf den anderen zu setzen.
„Wo ist Liv? Ich will sie sehen!“
„Deine Frau ist schwer verletzt. Sie wird von unseren Heilern gepflegt, aber sie ist bewusstlos. Du kannst sie jetzt nicht sehen.“
Pete irrte durch das Zimmer. Er verpasste einer Amphore an der Wand einen Tritt. Sie krachte gegen die Wand und splitterte in mehrere Teile auseinander. Die Scherben gaben ihren Inhalt frei: zwei hellbraune Pergamentrollen.
„Du bist unser Gast! Benimmt sich so ein Gast in eurer Welt?“, fragte Henk ruhig.
„Ich bin euer Gefangener, kein Gast. Ihr entführt meine Freundin, ihr foltert sie bis sie fast stirbt und dann bringt ihr sie in eine andere Welt. Ihr seid Terroristen und ich hoffe Palms wird euch für den Rest eures Lebens hinter Gitter stecken!“
„Wenn du unser Gefangener wärest, hätte ich dich ins Gefängnis werfen lassen. Aber du sitzt im schrägen Turm in einem Zimmer, das dir unsere Welt zeigt, und ich habe dir einen Tee gebracht. Unsere Gefangenen trinken keinen Tee, das solltest du mir glauben!“
Henk erhob sich. Er ging zu der kaputten Amphore und versorgte die beiden Pergamentrollen in einer der anderen Amphoren. Die Scherben liess er liegen.
„Nimm einen Schluck Tee. Tojahblätter wirken beruhigend!“
Pete setzte sich und roch an dem Tee. Ein seltsamer Geruch stieg ihm in die Nase. Eine Mischung von Pfefferminze und Zimt.
„Scheisse!“, sagte Pete. Sein Blick wanderte zum Fenster und wieder zurück.
„Dreckskerle!“, fügte er an und blickte Henk kalt in die Augen.
Dann setzte er die Tasse an und nahm einen Schluck. Ein angenehmes Gefühl durchzog ihn. Er wehrte sich gegen den sich einschleichenden Frieden, doch dann verlangsamte sich sein Denken. Pete spürte, wie sich sein Kiefergelenk entspannte. Ein Hauch von Ruhe kehrte ein. Sein Blick schweifte wieder über die Landschaft jenseits des Fensters.
„Wann kann ich Liv sehen?“
„Ich weiss es nicht. Diese Entscheidung fällen unsere Heiler, nicht ich.“
Pete atmete laut aus.
„Wo sind wir hier?“
„Du bist in unserer Welt. Wir nennen sie Somuar. Wir sind in der Königsstadt: Taaah.“
„Wo ist eure Welt? Wie sind wir hierher gekommen? Was war das für ein Tuch in der Küche?“
„Somuar ist eine Nachbarwelt der Theken-Welt. Das Tuch stellt eine Verbindung zwischen Nachbarwelten her, und durch diese Verbindung sind wir gereist. Es ist eine alte Technologie, die wir hierfür verwenden, aber unter besonderen Umständen nehmen wir sie wieder hervor und bedienen uns ihrer.“
Pete nickte. Nicht, dass er verstand, aber zumindest erhielt er Erklärungen.
„Wer sind die Theken?“
„Du und die deinen. Ihr seid die Theken. So nennen wir euch seit Äonen.“
„Wieso habt ihr so fortschrittliche Technologie, aber euer Land sieht aus, als ob es direkt aus dem Mittelalter käme?“
Henk betrachtete den Redaktor von LTG sanftmütig.
„Wir waren vor langer Zeit so wie ihr. Wir glaubten an die Geschwindigkeit, an die Technik, an den materiellen Fortschritt, und an viele andere überflüssige Dinge, aber diese Haltung hat uns fast in den Ruin getrieben. Wir mussten einen Notstop vollziehen, wollten wir unseren Planeten retten. Dann haben wir gewendet, ein uraltes Gesetz des Universums in Anwendung gebracht. Und heute regiert die Kunst unseren Planeten. Sie hat sich als einziger Ausweg aus der Misere erwiesen.“
„Die Kunst?“
„Ja, unsere Kinder werden nur noch in der Kunst unterwiesen. Die Künste sind der Grundpfeiler unserer Gesellschaft geworden.“
„Deshalb habt ihr in meinem Apartment geschnitzt?“
Henk nickte. „Ja, aber die Schnitzkunst ist nur eine von hunderten von Künsten, denen unsere Gesellschaft
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