Der letzte Aufstand
Attentäter begangen wurde.
Um 9.08 Ortszeit lief eine Fähre der Linie Lotus Asian Waterways , die von einer vorgelagerten Insel im Hafen der Hauptstadt andocken wollte, in einen perfid geplanten Anschlag. Das Schiff erlitt während der Einfahrt in den Hafen plötzlich Schlagseite und ging innerhalb von sieben Minuten ganz unter. Die Polizei geht von einem Torpedo oder einer Bombe an Bord aus, die von einem ersten Täter gelegt worden war. Die meisten der Passagiere kamen zwar rechtzeitig auf die genügend vorhandenen Rettungsboote, wurden aber von einem zweiten Terroristen mit einem Maschinengewehr erschossen, kaum waren sie vom Schiff. Der zweite Terrorist kurvte auf einem Jet-Ski durch das Wasser und feuerte auf die Passagiere.
Die Polizei konnte den Mann noch nicht fassen, ihn aber auf Grund von Videoaufnahmen identifizieren. Sie geht davon aus, dass er den Anschlag zusammen mit seinem Zwillingsbruder geplant und durchgeführt hat. Nach beiden Brüdern wird nun international gefahndet.
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Vor der Küste von Marokko, 149 Tage bis „ Tag X“
„Wenn wir den Körper verlassen, wo sind wir dann?“
Helena hatte den Unterricht auf Grund des guten Wetters auf Deck verlagert. Es war ein milder Abend, fast windstill. Flying Shark sass nahe der Reling und blickte auf die marokkanische Küste, die in einiger Entfernung an dem Schiff vorbei zog. Ab und an gab er ein kleines Jaulen von sich, das aber niemand beachtete. Es war mehr ein Zeichen der Sehnsucht nach Land und Strauch und Baum, als ein Zeichen von Schmerz. Sein Schwanz ging in kleinen Bewegungen hin und her.
Luc kraulte den Hund hinter den Ohren, während er sich im Stillen Helenas Frage noch einmal selbst stellte. Wo war man, wenn man den Körper verlassen hatte? War man, so wie das die okkulten Quellen behaupteten, in einem anderen Körper - dem Astralkörper - unterwegs und beobachtete die selbe physische Welt? Oder bewegte man sich in einer Erinnerung an die materielle Sphäre, wo die Macht des Unterbewusstseins die Szenerie rekonstruierte? War man in einem Zwischenreich, das halb objektive Wahrnehmung und halb Konstruktion war?
Helena hatte am Nachmittag einen fast zweistündigen Vortrag über die Theorie der ausserkörperlichen Wahrnehmung gehalten. Jetzt, am Abend, nach einem warmen Teller Spaghetti al Pesto, wollte sie der Sache auf den Grund gehen. Sie blickte die A-Teams an. Dann wiederholte sie die Frage.
„Wo sind wir, wenn wir den Körper offensichtlich verlassen haben?“
Sie hob dazu charmant ihre Schultern. Mittlerweile hatten alle A-Teams ihre einschlägigen Erfahrungen mit dieser Welt gemacht und es war klar, dass es keine einfache Antwort auf diese Frage gab. Die andere Welt war komplex, von den eigenen Gedanken und Stimmungen abhängig und doch in sich selbst stabil. Wo war man?
Manche Teammitglieder hatten sich in einem lichtvollen Energiekörper gesehen, als sie von der anderen Seite aus in einen Spiegel geblickt hatten oder die eigenen Hände näher untersucht hatten. Andere hatten sich selbst als eine Kugel mit 360 Grad Vision wahrgenommen. Wieder andere hatten keinen Körper ausmachen können und behaupteten, als pures Bewusstsein unterwegs zu sein. Und jemand hatte sich selbst in einem fast ausserirdisch anmutenden Körper gesehen. Was war an all dem objektiv? Was war Tatsache? Was Einbildung?
Niemand wagte es Helena eine Antwort zu geben. Nach mehreren Tagen intensivem Training unter ihrer fachkundigen Leitung nahm man die eigene Meinung nicht mehr ganz so ernst, oder hielt sie doch etwas leichter im Geist, als das noch am Anfang gewesen war.
„Keine Ideen?“, fragte sie.
Hatice meldete sich. „Doch, Ideen viele, aber handfeste Theorien ... keine.“
„Wir sind uns also einig, dass die Sache nicht ganz so einfach ist?“
Man nickte ihr zu.
„Ich will nicht allzu lange reden, aber euch doch die Grundlagen für eure Erlebnisse geben.“
Sie holte Luft. „Alles, was ihr wahrnehmt, ist relativ. So weit würdet ihr mir wohl recht geben, ja?“
„Was meinst du mit relativ?“, fragte Luc.
„Ganz einfach, ich meine damit, dass die Wahrnehmung von Verhältnissen abhängig ist. Wahrnehmung ist weniger ein fixer gleichbleibender Prozess, als mehr ein fluktuierendes Geschehen, das von vielen Variablen bestimmt wird. Sie ist örtlich relativ - ihr alle seht die gleiche Situation aus einem leicht anderen Winkel -, sie ist zeitlich relativ - was dem einen ewig erscheint, ist dem anderen viel zu
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