Der letzte Aufstand
Terry zu flogen. Genau das hatte Terry jedoch erwartet. Im richtigen Moment wuchtete er seinen Mantel den fliegenden Pfeilgeschossen entgegen und benutzte ihn so als Schutzschild. Die Spitzen bohrten sich in den Mantel oder perlten daran ab und fielen zu Boden. Terry kriegte nichts ab.
Dann stand er vor Guillaume. Er platzierte ihm einen sauberen Fauststoss auf den Brustkasten. Guillaume schaffte es im letzten Moment abzuwehren, war aber einfach nicht sein altes Selbst. Der Schmerzmittel-Cocktail in seiner Blutbahn machte ihn langsamer und träger, als er es eigentlich war, und der Blutverlust, den er durch den Schuss beim letzten Einsatz erlitten hatte, tat den Rest. Guillaume konnte dem zweiten Fauststoss nichts mehr entgegen setzen. Er traf ihn am Wangenknochen. Sein Sehfeld wurde schwarz, er musste sich an der Wand abstützen.
„Guillaume!“, schrie Kahil. Er stürzte zu seinem Freund hinüber.
Oliver Palms und Helena sassen die ganze Zeit über unbeteiligt am Tisch und verfolgten die Sache wie ein Tennisspiel. Ohne direkte Anweisung von Melbar wurde nichts getan.
Terry stellte sich Kahil in den Weg, was einen erbitterten Zweikampf zur Folge hatte. Kahils Strassenkampf-Erfahrung gegen Terrys Ausbildung als Leibgarde. Die Fäuste flogen hin und her, ohne dass jemand die Überhand kriegte. Tom registrierte die Chance sofort. Er stürzte sich zu den beiden heran und begann Kahil von hinten an den Haaren zu Boden zu ziehen.
Einen Augenblick später war alles vorbei. Kahil lag auf dem Boden mit Terry und Tom halb auf ihm. Tam gesellte sich in Handschellen dazu und setzte sich auf Kahils Beine, so dass er sich gar nicht mehr bewegen konnte. Kahil sah aus dem Augenwinkel, wie Melbar einen Schritt zu ihm herantrat und das Gerät auf seinen Kopf richtete.
„Nein!“, schrie er. Doch dann wurde er von einem gewaltigen Strudel der Einsamkeit und Verwirrung ergriffen, der die eigene Seele so aufrüttelte, dass Kahil nach zwei Sekunden nicht mehr hätte sagen können, wer er war oder wofür er lebte. Melbar hatte abgedrückt.
Gleichzeitig zog Lea dem am Boden kauernden Guillaume, der sich immer noch benebelt den Kopf hielt, die Handschellen an, die sie erst gerade noch selbst angehabt hatte. Guillaume wehrte sich nicht. Seine Welt war durch den Schlag an den Kopf so sehr aus den Fugen geraten, dass er links nicht mehr von rechts unterscheiden konnte. Er hätte sich vor Schwindel sowieso kaum auf den Füssen halten können. Insofern kriegte er es auch kaum mit, wie Melbar sich mit dem Gerät vor ihm positionierte und ihn - mit einem kranken Lächeln im Gesicht - mit der vollen Dosis bestrahlte. Guillaume fiel in Ohnmacht.
20.00 Uhr
Was vor einer halben Stunde arg nach einem Schlachtfeld ausgesehen hatte, sah jetzt zivilisiert und freundlich aus. Takashi beobachtete, ohne Schlüsse zu ziehen. Jahrelange Zen-Meditationen hatten in ihm die Fähigkeit zum stillen Zusehen herangebildet. Kommentare aus seinem Inneren kamen nur noch selten zum Vorschein und wenn, dann behandelte Takashi sie, wie nach Süssigkeiten stürmende Kinder an der Kasse im Supermarkt. Mit anderen Worten: er ignorierte sie.
Die Küche war voll von Leuten. König Melbar, wie er sich selbst offiziell betitelte, hatte Lea den Auftrag gegeben alle Gefangenen aus ihren Zimmern zu holen und in die Küche zu bringen, damit er eine Ansprache halten konnte.
Und genau diese dauerte jetzt bereits zwanzig Minuten. Palms, Helena und das Wachholder-Team sassen um den Tisch. Henk, zwischenzeitlich wieder bei Bewusstsein, Terry und Tam standen an der Wand, und die Gefangenen der ATO - Mien Dang Gao, Theo, Jean, als auch etliche andere, die Takashi noch nicht beim Namen kannte, sassen wie Spielgruppen-Kinder auf dem Boden und hörten begierig den Worten des Königs zu. Takashi selbst hatte sich auf die Kommode gesetzt, wo das Geschirr und das Besteck aufbewahrt wurden.
„... der Planet will Ruhe und nur die gierigen Menschen erlauben ihm nicht diese Ruhe zu finden. Deshalb müssen wir die Menschheit, wie sie jetzt ist, zum Teufel schicken, und danach eine neue Menschheit Fuss fassen lassen.“
Er unterbrach sich selbst. „Habt ihr gehört? Fuss fassen lassen, ist das nicht lustig wie das tönt? Fuss fassen lassen ...“ Er fand seinen eigenen Humor prächtig, lachte wie eine wiehernde Hyäne.
Dann fasste er sich wieder, begann aber während des Weitersprechens in Intervallen auf seinen Fingernägeln zu kauen.
„Und die neue Menschheit wird nur
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