Der letzte Aufstand
verlassen?
„Scheisse!“, sagte Takashi. Dann fasste er den Entschluss. Er musste ihnen helfen, seine Mission zu einem erfolgreichen Ende bringen. Vielleicht war sein Verstand am Durchdrehen, weil er die Sache noch nicht zu Ende gebracht hatte. Mit raschen Schritten ging er der Türe zu, doch dann blieb sein Blick beim Fenstersims hängen. Was war das?
Er hielt inne und ging zum Sims auf der gegenüber liegenden Seite der Fensterfront hinüber. Es war Melbars Gerät, dasjenige, das er bei Kahil und Guillaume angewandt hatte. Er hatte gesagt, es vertreibe die Lüge.
Takashi nahm es in die Hände, drehte es um. Auf der Hinterseite klebte eine Etikette, auf der sieben Buchstaben in verbundener Schrift standen: Kulisse .
Takashis Herz setzte kurz aus. Wenn die Innenwelt plötzlich auf die Aussenwelt trifft, wird die Welt als Ganzes aufgerüttelt. Konnte das sein? Als er sich wieder gefasst hatte, inspizierte er das Gerät gründlicher. Es gab zwei Schieberegler, drei Haupt-Knöpfe, drei kleinere Schalter auf der Vorderseite und dann einen grossen Gummi-Knopf mit der Aufschrift Fire .
Die Regler gingen von null bis hundert Prozent und waren alle beschriftet. Der linke war mit dem Wort Intensity der rechte mit Angle bezeichnet. Takashis Englisch war bei weitem gut genug dafür, dass er die beiden Begriffe sofort übersetzen konnte: Intensität und Winkel. Die drei grösseren Knöpfe waren in ihrer Funktion unschwer zu erkennen: Record, Play und Stop. Und tatsächlich war oben am Gerät ein kleines Mikrophon auszumachen. Die kleineren Schalter, deren es ebenfalls drei gab, waren weniger klar verständlich. Introduce, Force und Undo stand unter den schwarzen Schaltern. Takashi drehte das Gerät in alle Richtungen. Wieso hatte es einen Kleber mit der Aufschrift Kulisse ? Was tat es? Er inspizierte die Rückseite genauer. Ganz unten hatte das Gerät einen eingravierten Namen: Jaczek Szorovsky Inventions.
Takashi hatte den Namen der Firma noch nie gehört, wobei das nicht gross verwunderlich war, da sein Fachgebiet eher im Bereich Hüft- und Knieimplantate lag.
Etwas stimmte ihn skeptisch. Dass das Gerät ausgerechnet das Wort auf der Etikette hatte, das ihm über die letzten zwanzig Minuten im Geist herum irrte, musste einen Grund haben.
Ohne weiter nachzudenken, ging Takashi mit dem Gerät ins Büro von Lea und Kahil. Er setzte sich an den Computer und öffnete eine Suchmaschine. Dann gab er den Namen der Firma ein: Jaczek Szorovsky Inventions. Es gab nur drei Einträge, was als Resultat für eine Internetsuche eher unwahrscheinlich war. Der oberste Eintrag war ein Artikel einer polnischen Zeitung, den Takashi erst gar nicht öffnete. Der zweite Eintrag stammte aus einem Blog namens Polish Freedom and Resistance Blog. Takashi klickte den Link an.
Jaczek Szorovsky, Erfinder und Computer-Genie wird in Warschau ermordet. Die Polizei steht vor einem Rätsel.
Mein Freund Jaczek wurde gestern tot in der Herrentoilette am Bahnhof in unserer Hauptstadt gefunden. Wer würde Jaczek etwas Böses tun wollen? Er war friedfertig, lebte nur für seine Forschungen und hat nie in seinem Leben einer Fliege etwas zu Leide getan. Warum? Ich weine, während ich diesen Blog-Eintrag schreibe. Gestern morgen tranken wir noch Kaffee. Er erzählte mir von seiner neuen Erfindung, die die Welt aufwirbeln würde, mehr sagte er nicht. Ich werde wohl nie herausbekommen, was er damit gemeint hat.
Die Beerdigung findet morgen statt. Bis dann weine ich. RIP Jaczek!
Im nächsten Augenblick war es, als würde Takashi mit der Auflösung eines Rätsels beschenkt, an dem er seit Monaten intensiv gearbeitet hatte.
Der Blog-Eintrag war etwas mehr als vier Jahre alt. Das war genau die Zeit gewesen, als der Terror weltweit von heute auf morgen Dimensionen angenommen hatte, die bis dahin als undenkbar gegolten hatten. Es gab nur eine Erklärung: Melbar war der Urheber des Terrors! Das war es. Deshalb hatten er, Mien Dang Gao, Jean und Tom alle gleichzeitig denselben Gedanken im selben Bistro gefasst. Es war nicht der Geist, der wehte, wo er wollte, sondern Melbar, der in dem Bistro gewesen war und Jaczeks Erfindung gegen sie verwendet hatte. Scheisse, dachte Takashi. Melbar hatte nicht die Lüge aus Guillaume und Kahil entfernt, sondern die Lüge mit Hilfe dieses Geräts installiert. Verdammt!
Takashi schielte auf das Gerät hinab. Dann drückte er die Play Taste. Sofort begann er Melbars Stimme zu hören.
Es gibt nur eine Lösung
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