Der letzte Aufstand
nämlich für den Rest deines Lebens hinter Gittern sitzen!“
„Nein, würde ich nicht. Mein Plan schloss meinen eigenen Tod mit ein.“
„Na, wenigstens hast du jetzt noch ein Leben vor dir.“
Takashi wechselte das Thema.
„Denkst du wirklich, wir werden langfristig ohne Strafe davon kommen?“
„De facto habt ihr ja nichts getan, sondern nur geplant. Aber ich sehe die Sache auf einer fundamentaleren Ebene.“
„Wie meinst du das?“
„Ich sehe das so: Entweder die ATO besteht ihre Aufgabe und schafft es, den weltweiten Terror zu beenden, oder die Welt fällt zurück ins Mittelalter. Mit all den Terroranschlägen, die weltweit stattfinden, wird es nicht mehr lange dauern, bis auch die letzte Fluggesellschaft ihren Betrieb einstellt, bis keine Züge mehr fahren, bis die Supermärkte keine Nahrungsmittel mehr haben, bis Lehrer sich weigern weiterhin an Schulen zu unterrichten, weil sie immer Angst vor einem Amoklauf haben müssen. Und so weiter. Unsere ganze Zivilisation wird ins Wanken geraten, und das wird unseren Überlebenstrieb anfachen, so dass wir alle beginnen werden für Nahrung zu töten, jedem Menschen zu misstrauen und uns aus Selbstschutz zu isolieren. Oder aber die ATO schafft es. Und das könnte der Anfang eines neuen Zeitalters sein, denn wenn Palms das schafft, dann wird er alles revolutionieren! Das ist sein Plan.“
„Und was beinhaltete dieser Plan?“
„Nun, zum Beispiel eine Reform des Justizwesens - das betrifft dich! -, eine Reform des Wirtschaftslebens im Sinne von weniger Ausbeutung und mehr Denken für‘s ganze System... ich denke, in meinen eigenen Worten... er will den Egoismus ent-institutionalisieren. Aber das ist meine eigene Interpretation der Dinge. Ich hab den Mann nur kurz kennengelernt, an einer Ansprache vor zwei Wochen.“
„Das kriegt der doch nie hin. Geld ist in unserem System doch alles was zählt. Der schafft das nie, die ganze Welt zu verändern!“
Kahil spielte mit seinem Schlüssel, den er behutsam abzutasten schien. „Wenn nicht jetzt, wann dann?“
„Du bist ein Träumer!“
„Takashi, schau dich um! Wo bist du? Wir sind viele Träumer. Und die Regierungen stecken viel Geld in das Projekt dieser Träumer. Weisst du, was alleine dieser Komplex hier gekostet hat? Wir Träumer gewinnen die Oberhand, siehst du das nicht?“
In dem Moment kam Lea durch die Tür.
„Abendessen ist fertig. Essen die Herren mit uns?“
„Sicher!“, antwortete Kahil.
Am Tisch herrschte der Small Talk. Man besprach das Essen, das Wetter und die Spiele, die man gespielt hatte. Doch an diesem Abend war Takashi nicht an Small Talk interessiert. Das Gespräch mit Kahil lag ihm immer noch auf. In einer Gesprächspause stellte er den anderen am Tisch plötzlich eine Frage.
„Hand hoch, wer genau weiss, wieso er einen Anschlag plante!“
Lea warf Kahil einen Blick zu. Die Übersetzerin flüsterte Mien Dang die Frage auf Vietnamesisch zu. Doch Takashi liess erst gar niemanden zu Wort kommen.
„Ich weiss genau, wieso ich die Gäste und die Mitarbeiter des Ritz ins Jenseits befördern wollte.“
Alle Blicke waren auf ihn gerichtet. Vor allem Jean äugte ihn gespannt an. Takashi nahm einen Schluck Wasser.
„Es sind immer die Reichen, die sich vor allem Unglück fern zu halten wissen! Täglich sterben Menschen, überall auf dem Planeten, aber es sind immer diejenigen, die im öffentlichen Verkehr unterwegs sind, oder die, die zu Fuss gehen, oder die Armen in den herunter gekommenen Teilen der Städte. Ich habe die Reichen satt! Immer sind sie mit ihren Privatjets unterwegs. Oder sie lassen sich von ihrem Chauffeur in einer gepanzerten Limousine irgendwo hin fahren. Oder sie sind in ihrem Landhaus fern ab von jedem Terror. Ich wollte sie bezahlen lassen! Ein Zeichen setzen! Ich wollte den Reichen nur eine Lektion verpassen: Die Welt ist am Durchdrehen, ja, aber auch euer Geld schützt euch nicht vor dieser Realität! Fresst aus demselben Napf, wie alle anderen, ihr Schweinehunde!“
Takashi nahm sein Besteck wieder in die Hände, dann ass er weiter. Kühl. Er hatte seine Emotionen unter Kontrolle, wie nur Japaner das hinkriegen: zuerst ein kleiner Gefühlsausbruch und dann weiter machen, als sei nichts gewesen.
„Aber mit deiner Tat hättest du auch unzähligen Normalsterblichen den Tod gebracht! Die Hilfsköche, die Kellner, die Zimmermädchen!“
„Collateral Damage ...“, sagte Takashi abgeklärt.
„Kollateralschaden!“, übersetzte die Vietnamesin ins
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