Der letzte Befehl
und gar nicht stimmte. »Haben Sie schon eine Vorstellung, wann Sie wieder nach Haven zurückkehren können?«
»Leider nicht, Madame Präsidentin. Ich weiß noch nicht einmal mit Sicherheit, ob ich überhaupt zurückkehren werde.«
»Aber ... aber warum denn nicht?« Echte Sorge brachte sie dazu, derart undiplomatisch mit dieser Frage herauszuplatzen – und es war nicht nur die Sorge darum, die Verhandlungen könnten scheitern. Sie hatte deutlich erkannt, wie unglücklich ihre Gesprächspartnerin war, und sie wusste auch, dass sich zwischen ihnen beiden eine gewisse Beziehung entwickelt hatte.
»Madame Präsidentin, ich ...«, setzte Alexander-Harrington an, doch dann stockte sie. Mehrere Sekunden lang blickte sie Pritchart nur schweigend an, dann nickte sie knapp.
»Eloise«, sagte sie deutlich sanfter und sprach damit Pritchart zum ersten Mal mit ihrem Vornamen an, »der Befehl zur Rückkehr erging nicht nur an mich persönlich. Die gesamte Achte Flotte wurde abberufen.«
Ein eisiger Schauer lief Eloise Pritchart über den Rücken. Sie hatte sich mittlerweile daran gewöhnt, dass die Achte Flotte der Mantys hoch über der Welt Haven in der Luft hing wie ein unfassbar höfliches Damoklesschwert. Und solange diese Flotte sich dort befand und schweigend die Verhandlungen beobachtete, konnte sich Pritchart wenigstens sicher sein, dass diese Schiffe nicht an irgendeinem anderen Ort etwas unternahmen. Etwas, das weder ihr noch der Republik im Ganzen Recht sein konnte. Aber ...
Erstaunt kniff sie die Augen zusammen, als sie endlich begriff, was Alexander-Harringtons Miene ihr verriet. Diese Frau hatte nicht nur einmal dem Tod ins Auge geblickt, sondern viele, viele Male. Die Vorstellung, es könne überhaupt etwas geben, was sie derart erschütterte, war schlichtweg erschreckend. Eigentlich fiel Pritchart auch nichts ein, was diesen Effekt hätte hervorrufen können, außer vielleicht ...
»Geht es um die Sollys?«, fragte sie.
Wieder zögerte Alexander-Harrington einen Moment, dann seufzte sie.
»Das wissen wir nicht – noch nicht«, sagte sie. »Ich persönlich bezweifle es. Aber das macht es nur noch schlimmer.«
Ruhig blickte sie Pritchart geradewegs in die Augen.
»Sie werden ohnehin bald Berichte darüber erhalten, was jüngst geschehen ist. Wenn das geschieht, werden gewiss zumindest einige aus der Republik der Ansicht sein, das ändere die gesamte diplomatische Lage. Und wenn ich ganz ehrlich bin, dann habe ich selbst keine Ahnung, in welcher Weise das geschehen wird. Ich hoffe – mehr denn je, auch schon bevor ich die Gelegenheit hatte, Sie, Thomas Theisman und einige Ihrer Kollegen persönlich kennen zu lernen –, dass es Königin Elisabeth nicht dazu zwingt, in ihrer Haltung der Republik gegenüber noch unnachgiebiger zu werden. Aber versprechen kann ich das nicht.«
Pritchart hatte das fast übermächtige Bedürfnis, sich über die Lippen zu lecken, doch sie zwang sich zur Ruhe und blieb reglos sitzen. Sie wartete und mühte sich nach Kräften um einen gelassenen Gesichtsausdruck.
»Ich wurde nicht angewiesen, derart vorzugehen«, fuhr Alexander-Harrington fort, »aber bevor ich aufbreche, werde ich dafür sorgen, dass sie eine Kopie der Nachricht erhalten, die Elisabeth mir gesandt hat. Zunächst einmal aber möchte ich sie nur kurz zusammenfassen.«
Wieder atmete sie tief durch, dann straffte sie die Schultern und begann.
»Vor etwa einer Woche wurde Manticore ...«
Kapitel 10
»Das also ist geschehen, soweit wir das bislang sagen können.«
Der Reihe nach blickte Thomas Theisman mit grimmiger Miene sämtliche anderen Mitglieder von Eloise Pritcharts Kabinett an.
»Im Augenblick weiß noch niemand, wie das möglich war«, fuhr er fort. »Ich bin mir sicher, unsere bisherigen Schadensabschätzungen werden noch verändert werden müssen – ob zum Besseren oder zum Schlechteren, kann ich im Augenblick noch nicht sagen, aber bislang liegen uns wirklich nur grobe Schätzwerte vor. Viel mehr Sorgen jedoch bereitet mir, dass wir keine Ahnung haben, welche Waffentechnik der unbekannte Angreifer verwendet hat und welches Endziel er eigentlich verfolgt.«
»Ich möchte ja nicht hartherzig erscheinen«, merkte Tony Nesbitt nach einer kurzen Pause an, »aber interessiert uns dieses ›Endziel‹ denn überhaupt?« Nun war es an ihm, der Reihe nach sämtliche seiner Kollegen anzublicken. »Ist für uns nicht das Wichtigste, dass irgendjemand den Mantys gerade den Boden unter den Füßen
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