Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
DER LETZTE BESUCHER

DER LETZTE BESUCHER

Titel: DER LETZTE BESUCHER Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Böhm
Vom Netzwerk:
Becker nach einiger Zeit das Schweigen unterbrach und betont sac h lich sagte:
    “ Wenn Sie jetzt nicht mit uns sprechen möchten, reden wir vielleicht besser morgen weiter. Leben S ie allein hier im Haus, oder haben Sie jemanden, der sich nachher ein bis s chen um Sie kümmern kann?“ 
    „Nein, nein, es geht schon . Entschuldigen Sie ! Ich bin es gewohnt, allein zu sein, mein Mann ist schon seit fast zehn Jahren tot . Und Kinder habe ich leider nicht.“ Beate gab sich einen Ruck und richtete sich auf . „ Ich habe Sie gar nicht zu Wort kommen lassen. Bitte, was genau ist denn nun e i gentlich g e schehen?“   
    Aber als Becker ihr dann in kurzen Zügen schilderte, was er wusste, merkte er, dass sie ihm nur halb z u hörte. Sie fuhr sich immer wieder über die Augen, und ihre Lippen bewe g ten sich unaufhörlich und formten u n verständliche Worte. „Die Eltern ... die Eltern ... “, meinte Becker herau s zuhören. Nach einer Weile fragte Becker deshalb b e hutsam: „Ich war der Meinung, Ihre Eltern leben nicht mehr?“
    „Nein, sie starben beide bei einem Autounfall “ , erwiderte Beate so l e ise, dass Becker sie kaum verstehen konnte.
    Dann brach es aus ihr heraus. Sabine hatte es irgendwann nicht mehr ausgehalten und zu Hause angerufen, damit der Vater sie a b holen sollte. Beide Eltern hatten sich sofort ins Auto gesetzt und waren nach Hamburg gefahren , um die Tochter zu holen. Auf der Rückfahrt , es war schon du nkel, und auf dem Autobahna b schnitt hatte nur noch wenig Verkehr geherrscht , kam das Auto aus irgendeinem Grund von der Fahrbahn ab , überschlug sich mehrmals und schli t terte danach noch fast ei n hundert Meter an der Leitplanke entlang , b e vor es auf dem Dach liegen blieb. Der Vater war sofort tot, die Mutter starb auf dem Weg ins Krankenhaus . N ur Sabine, die hinten gesessen hatte, überlebte schwer ve r letzt.
    „ Keine Ahnung, wie es dazu kommen konnte. Mein Vater war ein sehr erfahrener vorsichtiger Autofahrer. Das Wetter und die Straßenlage waren am Unfalltag auch gut, kein Regen, nichts.“
    Da es aber keine Zeugen für den Unfall gab, wurde die Suche nach möglichen Unfallbeteiligten bald ei n gestellt , berichtete Beate stockend weiter. Sabine wurde zwar wieder ganz gesund, konnte sich aber an den Unfall selbst übe r haupt nicht mehr erinnern. Im P o lizeiprotokoll war nur vermerkt, dass s ie, nachdem die Rettungssanitäter sie aus dem Aut o wrack geborgen hatten, immerzu monoton vor sich hingemurmelt hätte. Es hätte sich a n gehört wie: Dieses Schwein, dieses Schwein …  
    „Entschuldigung“, Beate rang nach Luft und unterbrach sich : „ Ich … , es geht mir nicht gut im Moment .“ Sie stockte wieder und fügte dann hastig hinzu: „ Es ist alles so schrec k lich, was soll denn jetzt we r den ? “
    Ohne eine Antwort abzuwarten, erhob sie sich dann plötzlich abrupt und ging auf unsicheren Füßen in Richtung Küche . Nach ku r zer Zeit hörte man das mahlende Geräusch eines Kaffeeautomaten. Schranktüren wurden geöffnet und g e schlossen, Geschirr klirrte . Die beiden Polizisten schauten sich erstaunt an. D a kam Beate Kugler auch schon zurück und trug ein kleines Tablett, auf dem drei dampfende E s pressotassen standen. Ihr Gesicht hatte jetzt wieder ein bis s chen mehr Farbe. Offensichtlich hatte sie d as Hantieren in der Küche gebraucht , um ihre Fassung zurückz u gewinnen .
    „Tut mir leid, mein Kreislauf spielt ein bisschen verrückt. Ich denke, ein Espresso kann uns allen nicht schaden.“
    „Wenn Sie möchten, können wir gerne morgen weiter r e den“, bot Becker noch einmal an .
    „Lassen Sie nur . Jetzt sind Sie einmal da, und viel mehr kann ich I h nen sowieso nicht erzählen. Sabine und ich haben uns nicht so oft ges e hen. Nach ihrer Schei du ng kam sie wie gesagt nach Frankfurt. Nachdem sie dem Einfluss dieses Kerls entkommen war, ist sie richtig au f geblüht. Sie war im Kollegenkreis beliebt, hatte Freunde und war viel unterwegs. Über die U m stände ihrer Schei du ng hat sie nie viel gesprochen. Sie hat sich von ihrem Mann getrennt , nachdem sie aus dem Krankenhaus entla s sen worden war. Sie gab sich selbst und damit wohl indirekt ihm die Schuld am Tod u n serer Eltern, anders kann ich mir ihre plötzliche Entschlossenheit nicht e r klären. Sie sagte einmal, dass die Eltern nur ihretwegen diese Autofahrt unternommen hätten ; dass der Unfall nicht passiert wäre, wenn sie, Sabine , nicht ausgerechnet an diesem Tag zu Hause du

Weitere Kostenlose Bücher